Eigenbrötler: Psychologie, Symptome und wie ticken sie?

Lieber für sich sein, Dinge allein regeln, nicht unbedingt sozial wirken – so könnte man Eigenbrötler beschreiben. Doch wie ticken Eigenbrötler wirklich? Die Psychologie des Eigenbrötlers ist es wert, einmal genauer hinzuschauen. Wie immer geht es dabei nicht nur um eine plumpe Definition, sondern auch darum, die wichtigsten Fragen zu beantworten und zu schauen, ob sich Vorurteile finden lassen, die aus der Welt geräumt werden sollten.

Eng verwandt mit der Thematik des Eigenbrötlers sind auch verschlossene Menschen. Doch es gibt Unterschiede. Kleines Fazit zum Einstieg: Jeder, der Eigenbrötler ist, darf es auch bleiben. Es ist nicht grundsätzlich gut oder schlecht, wenn man gerne für sich ist und dafür etwas komisch beäugt wird.

Was sind Eigenbrötler?

Um einen Eigenbrötler zu erkennen – von außen oder weil man vermutet, selbst einer zu sein – muss man auf bestimmte Symptome achten, die gleich noch mal erläutert werden. Symptome klingt natürlich etwas klinisch. Merkmale trifft es besser.

Eigenbrötler zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihr Ding machen. Das heißt, wo andere um Hilfe bitten, Anschluss suchen und Gespräche anregen, bleiben Eigenbrötler für sich. Das geht mit einer hohen Selbstständigkeit einher.

Manchmal ist der Grund für die eigenbrötlerische Art auch eine Persönlichkeitsstörung – doch nur weil das der Fall sein kann, sollte nicht geglaubt werden, dass jeder Eigenbrötler eine Störung hat. Bei Schizophrenie und Depressionen ist es beispielsweise so, dass der Rückzug oder die abweisende Art nicht freiwillig geschehen. Außerdem kann ein Eigenbrötler zum Einzelgänger werden, weil er Abweisung erfahren hat – sich nicht von anderen abhängig zu machen, ist dann ein Schutzmechanismus.

Wann ist man Eigenbrötler?

Gleich geht es noch um die Details des Eigenbrötlertums. Doch wer den Begriff noch nicht so häufig gehört hat (oder nur einschätzen will, wer Eigenbrötler ist und wer nicht), der will vielleicht erst einmal darüber sprechen, wo ein bisschen Rückzug aufhört und ein Eigenbrötler beginnt.

Nun, dafür gibt es keine klare Definition. Tut mir sehr leid, aber es handelt sich hier nicht um ein physikalisches Gesetz, das sich einwandfrei bestimmen lässt. Allerdings können trotzdem ein paar Eckpunkte definiert werden.

So ist jemand, der sich nur für ein paar Stunden oder Tage zurückzieht noch kein Eigenbrötler. Ruhe zu brauchen, ist völlig normal – ganz besonders für hochsensible oder introvertierte Menschen. Jemanden mit dem Wort Eigenbrötler zu beschreiben, ist erst sinnvoll, wenn es sich nicht um einen situativen Rückzug handelt.

Das heißt, dass Eigenbrötler grundsätzlich mehr für sich sind und weniger Kontakt suchen, nicht nur in bestimmten Situationen. Selbstständig und ruhig zu sein, ist für sie ein Teil ihrer Identität. Oder aber sie werden ausschließlich von außen so wahrgenommen, obwohl sie sich selbst eigentlich als „total normal“ beschreiben würden.

Nicht jeder verwendet dafür das Wort Eigenbrötler. Eher herablassend wird beispielsweise von einem Sonderling gesprochen. Individualisten gelten hingegen in der Berufswelt manchmal sogar als Vorbilder.

Alternative Beschreibungen für Eigenbrötler:

  • Einzelgänger
  • einsamer Wolf
  • stark Introvertierter
  • Träumer
  • Sonderling
  • Individualist
  • Außenseiter

Einige dieser Begriffe sind negativer behaftet als andere. So oder so gibt es viele Arten von Eigenbrötlern, die sich alle unterschiedlich sehen oder beschreiben würden. Somit muss unterschieden werden zwischen Menschen, die tatsächlich sehr zurückgezogen leben, und denen, die von außen nur als Einzelgänger wahrgenommen werden.

Welche Symptome zeigen Eigenbrötler?

Jetzt wird mal unterschieden zwischen Menschen, die als Eigenbrötler gelten, und denen, die sich auch selbst so sehen. Denn das bestimmt auch, welche Symptome beziehungsweise Merkmale besonders wichtig sind.

Selbsternannte Eigenbrötler gehen offen damit um (oh, die Ironie), dass sie gerne für sich sind. Aus ihrem Rückzug machen sie eine Stärke. Sie sind unabhängig und selbstständig. Sie schenken nur Menschen ihre Zeit und ihre Aufmerksamkeit, die es auch verdient haben. Für oberflächliche Kontakte oder Smalltalk haben sie kaum Zeit. Deshalb sind auch überproportional viele Eigenbrötler introvertiert. Aber Achtung: Auch extrovertierte Menschen können Eigenbrötler sein, wenn sie die notwendige Stimulation für ihre Zufriedenheit woanders (Hobbys, Sport, berufliche Erfüllung) erhalten.

Die Beschreibung eines Eigenbrötlers von außen geschieht meist anhand viel zu weniger Symptome, Merkmale oder Eigenschaften. Menschen bilden sich gerne voreilig ein Urteil. Die neue Kollegin, die nicht sofort beim Kaffeeklatsch mitmacht, kann ihren Stempel als Eigenbrötlerin sofort bekommen, obwohl sie vielleicht einfach schüchtern ist.

Typisch ist auch, dass jeder, der nicht den extrovertierten Erwartungen entspricht, sofort als Einzelgänger oder Eigenbrötler abgestempelt wird. Jemand, der lieber erstmal zuhört, als etwas zu sagen (oft Introvertierte), eine Person, die mit Überstimulation zu kämpfen hat (häufig Hochsensible), oder auch Menschen, die nicht in eine Gruppe hineinpassen (weil es beispielsweise keine Gemeinsamkeiten gibt), werden nicht als Individuen mit Vielschichtigkeit verstanden, sondern als Sonderlinge.

eigenbrötler beziehung

Ist es gut oder schlecht, wenn man Eigenbrötler ist?

Es klang bereits an: Ein Eigenbrötler zu sein, ist nicht zwangsläufig schlecht. Dieser Eindruck entsteht lediglich, weil die moderne Gesellschaft Lautstärke, Oberflächlichkeit und Extraversion fördert und alles andere als „von der Norm abweichend“ sieht.

Eigenbrötler können nette, fleißige und gute Menschen sein. Denn anders zu ticken als die Mehrheit, verschafft auch einen besonderen Blick auf die Umwelt. Häufig beteiligen sich Eigenbrötler nicht an Lästereien, Gruppenzwang oder sinnlosen Beschäftigungen. Das fördert ein starkes Rückgrat und ein klares Selbstverständnis.

Es kann trotzdem Nachteile haben, wenn man Eigenbrötler ist. Manche halten ruhige Menschen sogar für gefährlich. In Berufen, in denen soziale Kontakte sehr wichtig sind, fallen Einzelgänger oft nicht genug auf. Manche Freunde oder Familienmitglieder fühlen sich vor den Kopf gestoßen, wenn man sich zu sehr zurückzieht.

Wie ticken Eigenbrötler in Beziehungen?

Mit einem Eigenbrötler in einer Beziehung zu sein – oder ein Eigenbrötler in einer Beziehung zu sein – ist gar nicht so leicht. Denn viele Partner wollen kommunizieren und suchen Bestätigung. Beides ist für Eigenbrötler unter Umständen eine Herausforderung.

An dieser Stelle wird auf den sehr beliebten Beitrag, Introvertierte in Beziehungen, verwiesen. Nicht alles lässt sich auf jeden Eigenbrötler anwenden. Doch Eigenbrötler müssen in Beziehungen auf die Bedürfnisse ihres Partners eingehen und gleichzeitig müssen ihre Partner gewisse Grenzen und Eigenheiten akzeptieren.

Wie kann man weniger eigenbrötlerisch sein?

Nicht jeder ist gerne Eigenbrötler. Oder eher: Viele Menschen wollen sich nicht vollständig zurückziehen und suchen nach Wegen, um etwas offener zu wirken. Das ist auch sinnvoller, als die Persönlichkeit vollständig umdrehen zu wollen. Sofern das Leben als Einzelgänger nicht aufgrund eines Mangels (z.B. durch Schüchternheit oder Sozialphobien) gelebt wird, darf man sich seine Selbstständigkeit ruhig erhalten.

Um sich etwas offener zu geben, sollten kleine Schritte unternommen werden. In einer romantischen Beziehung kann beispielsweise ein Date vorgeschlagen und organisiert werden – das zeigt Initiative. In Freundschaften lohnt es sich, sich aus Prinzip mal zu melden. Klingt für viele Menschen ulkig aber: Wie wäre es mit einer Erinnerung im Kalender oder auf dem Smartphone, um regelmäßig Kontakt zu halten? Eine einfache Nachfrage nach dem Wohlbefinden kann schon ein erster Schritt sein.

Im Alltag sollte die Verschlossenheit dadurch verringert werden, dass man etwas freundlicher ist, als man möchte. Eigentlich ein komischer Tipp, denn auf Wanderlust Introvert gibt es ja auch Artikel dazu, dass man einfach mal schlecht drauf sein darf. Gemeint ist also einfach, dass man die Sozialkontakte, die man hat – mit Kollegen, Freunden, den Nachbarn – etwas positiver gestaltet. Dann nehmen andere Menschen einen immer noch als ruhiger war, sehen es aber nicht unbedingt als komisch oder als Schwäche an.

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Lieber Eigenbrötler als jedermanns Geschmack sein

Wer sich hier mal ein wenig umschaut, der wird einige Kommentare finden, in denen Menschen ihre ruhige oder auch zurückgezogene Art akzeptieren und zu einer Stärke erklären. Wer unter seiner Rolle als Einzelgänger leidet, muss natürlich etwas ändern. Doch wer nur etwas ändern will, weil die Gesellschaft es halt so will, der sollte darüber nachdenken, ob das der richtige Weg ist.

Viele Menschen erkennen irgendwann, dass es sie geradezu ekelt, wenn sie daran denken, dass sie unglaublich sozial und bekömmlich sind. Denn das endet oft darin, dass man jegliches Profil verliert. Wer jedem gefallen will, muss viele Überzeugungen aufgeben und ständig eine Rolle spielen. Möchte man das? Eher nicht.

Sich komplett zu isolieren und alle Menschen abzulehnen, ist keine Lösung – das muss klar sein. Aber jedem gefallen zu wollen und sich zu verbiegen, ist genauso blöd. Somit sollte man seinen Status als Eigenbrötler genau unter die Lupe nehmen und erst dann entscheiden, ob man etwas ändern möchte. Unter Umständen ist die Erkenntnis, dass man sich selbst mag und somit gar nichts ändern muss. Es gibt weitaus schlimmere Dinge als die Beschreibung Eigenbrötler.

Fazit: Mit Eigenbrötlern leben

Jeder Mensch hat wahrscheinlich jemandem in seinem Leben, der etwas ruhiger ist, mehr für sich ist oder lieber sein eigenes Ding macht. Häufig gibt es sogar mehr als eine Person, die man so beschreiben würde. Als Extrovertierter bezeichnet man dabei schneller jemanden als Eigenbrötler, da sich die Charaktereigenschaften so stark von den eigenen unterscheiden.

Die Psychologie des Eigenbrötlers ist komplex und reicht von Menschen mit Persönlichkeitsstörung bis hin zu Menschen, die einfach entschieden haben, den gesellschaftlichen Normen nicht einwandfrei entsprechen zu wollen. Wer hier auf eine perfekte Definition oder auf eine Heilung für Eigenbrötler spekuliert hat, ist leider fehl am Platz. Manche Menschen sind nun mal lieber für sich, als ständig mit anderen zu kommunizieren. Keine große Sache.

2 Kommentare

  1. Richtig guter Beitrag👍 trifft gut auf mich zu nachdem ich genug Erfahrungen mit Menschen gemacht habe und nun mit meinen 23 Jahren mal Ruhe haben will, habe ich mich immer weiter zurückgezogen und mache nun Dinge die ich schon immer machen wollte.
    10 Jahre in manche Freunde und andere nahe Menschen stecken und viel Stress haben oder 10 Jahre in meine wichtigsten und mich selber investieren? Das entscheidet jeder für sich.

    • Hi Dogukan, genau richtiges Fazit, denn das ist das Ziel des Artikels: Jeder muss selbst für sich entscheiden dürfen, wie viele Kontakte mit anderen Menschen er möchte. Und für manche ist es nun mal so, dass das Leben als Eigenbrötler genau richtig ist! Liebe Grüße

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