Unwohl fühlen in Gruppen: Was steckt dahinter, was tun?

Sich unwohl fühlen unter Menschen ist ein Problem. Denn der Mensch braucht soziale Kontakte, um ein zufriedenes Leben zu führen (auch wenn die Art und Anzahl dieser Kontakte für jeden anders aussieht). Es ist daher geradezu tragisch, wenn man die Gruppen und sozialen Situationen erlebt und doch nicht wirklich Zugehörigkeit spürt. In diesem Artikel geht es also um das Gefühl, sich in Gruppen unwohl zu fühlen, aber auch um die Ursachen dafür, warum wir bei bestimmten Menschen Unwohlsein empfinden.

Was dahintersteckt, kann dir hier natürlich nicht einwandfrei diagnostiziert werden, aber hoffentlich kannst du anhand der typischen Auslöser ein bisschen was über dich (oder die Gruppe, bei der du dich unwohl fühlst) herausfinden.

Ich fühle mich in Gruppen unwohl: Ursachen

Es gibt so viele Ursachen für Unwohlsein in Gruppen wie es soziale Gruppen auf dem Planeten gibt. Wenn es eine einfache Antwort gäbe, dann würden einige Gruppen wahrscheinlich einfach immer weiter schrumpfen, während andere wachsen. Doch dafür ist das Thema zu komplex.

Die drei Top-Ursachen dafür, dass wir uns in Gruppen unwohl fühlen:

  • Das Problem liegt bei den Menschen in der Gruppe.
  • Man ist introvertiert und somit kein Gruppenmensch.
  • Es liegt ein tieferliegendes psychisches Problem vor.

Die Gruppe ist das Problem

Einige Menschen springen sofort zu dieser Ursache, wenn sie sich unwohl unter Menschen fühlen. Sie selbst sind auf keinen Fall das Problem, sondern alle anderen. Manchmal ist das etwas voreilig (wie wir gleich lernen werden). Oft genug ist es aber wirklich so, dass das schlechte Gefühl durch die Gruppe entsteht.

Wer sich in allen sozialen Gruppen unwohl fühlt, der sollte zum Abschnitt „psychologische Ursachen“ springen, denn in diesem Kapitel geht es erst einmal um konkrete soziale Gruppen wie Freunde, Kollegen oder Familien.

Typische Ursachen für eine unangenehme Gruppe:

  • Narzissten
  • unterschiedliche Moralvorstellungen
  • Streitigkeiten
  • Respektlosigkeit
  • Drogenmissbrauch

Es gibt toxische Freundeskreise, Kollegen und Familienmitglieder. Diese Gruppen können beispielsweise von Narzissten bestimmt werden, die stets die Führung übernehmen und Meinungen und Ideen anderer Menschen nicht ernstnehmen – oder sich sogar über sie lustig machen. Da es eine Weile dauern kann, bis man diese Personen erkennt, schleicht sich das Unwohlsein meist nach und nach ein.

Natürlich kann es auch sein, dass man sich einfach in eine andere Richtung entwickelt als die Mitmenschen. Die Freunde, die man zu Schulzeiten hatte, sind mit Mitte 30 vielleicht ganz andere Menschen geworden – und das ist okay. Dagegen muss man sich nicht wehren, wenn man sich auseinanderlebt, dann sollte man sich nicht zwingen, unbedingt Zeit miteinander zu verbringen.

Neben dem schleichenden Gefühl, dass ein Teil des sozialen Umfelds nicht mehr wirklich zum eigenen Leben passt, gibt es natürlich auch die schnelle Erkenntnis. Wer in ein neues Büro kommt oder die Freunde des Partners kennenlernt, kann sofort den Eindruck haben, dass die Chemie nicht stimmt. Meist kann man sich diesen Gruppen nicht komplett entziehen, doch man sollte sich nicht zu mehr Kontakt zwingen als notwendig.

Introvertierte Menschen in sozialen Gruppen

Der nächste typische Grund für das Gefühl, sich irgendwie unwohl in Gruppen zu fühlen, ist die Introversion. Wenn weder eine toxische Gruppe vorliegt noch eine psychische Störung (dazu gleich mehr), kann sich das Unwohlsein einfach aufgrund von Introversion zeigen.

Introvertierte Menschen haben eine nach innen gerichtete Wahrnehmung und verlieren durch soziale Kontakte und Interaktionen Energie. (Gleiches gilt für Hochsensible: Anzeichen für Hochsensibilität.) Daher fühlen sie sich meist nicht aus einem konkreten Grund unwohl unter Menschen, sondern weil ihnen einfach nicht genug Energie übrig bleibt, um sich zu konzentrieren und die Zeit zu genießen.

Ich fühle mich unwohl und weiß nicht warum, ist ein viel gesagter Satz von Introvertierten, die ihre introvertierte Persönlichkeitsstruktur noch nicht erkannt haben. Denn es gibt scheinbar keinen Auslöser für das Unwohlsein. Hier finden sich weitere Informationen: Introvertierte Menschen verstehen.

Angststörungen und andere psychische Auslöser für fehlende Zugehörigkeit

Vorweg muss gesagt werden, dass Menschen, die eine psychische Störung haben oder vermuten, sich an Experten wenden sollten. Dieser Artikel ist kein Ersatz für professionelle Hilfe, er soll lediglich ein wenig allgemeine Ursachenforschung betreiben.

Soziale Angststörungen können dafür sorgen, dass Zeit unter Menschen nicht genossen werden kann. Gleiches gilt für extreme Schüchternheit oder Traumata aus der Vergangenheit. Erwartete Ablehnung kann Menschen dabei extrem hemmen. Weil unglaublich viel Zeit und Energie auf das Beobachten und Abschätzen der Dynamiken (z.B. Gesichtsausdrücke oder Machtverhältnisse) verwendet wird, bleibt nicht viel Energie für das Genießen. Jede kleine Veränderung führt zu Stress.

Zu den psychologischen Auslösern für Probleme mit Gruppen gehört aber auch alles, was unter Neurodiversität gefasst wird. ADHS und Autismus zählen hier mit rein und sie sind leider noch extrem unterdiagnostiziert.

unwohl fühlen unter Menschen

Unwohlsein bei bestimmten Menschen: Ursachen

Manchmal fühlt man sich gar nicht generell unwohl mit Menschen, sondern bei bestimmten Personen. Das ist natürlich noch schwerer allgemein zu beschreiben als das Unwohlsein in Gruppen. Denn warum ein Mensch ein negatives Gefühl auslöst, ist immer eine individuelle und sehr persönliche Frage.

Die vier großen Ursachen für Unwohlsein bei bestimmten Menschen:

  • Intuition
  • Manipulation
  • Vorurteile
  • Persönlichkeitsveränderung

Manche Menschen haben einfach eine gute Intuition. Sie wissen nicht genau, warum sie sich unwohl fühlen, sie wissen nur, dass es so ist. Häufig findet sich der Grund mit der Zeit dann doch. Ein ungutes Gefühl beim neuen Partner des besten Freundes wird bestätigt, wenn dieser fremdgeht. Der Chef, der immer irgendwie komisch war, hat dubiose Geschäfte abgezogen. Der Filmstar, den man nie wirklich leiden konnte, stellt sich als Gewalttäter heraus. Leider ist Intuition aber nicht messbar oder kontrollierbar, weshalb es sich lohnen kann, die eigene Wahrnehmung auch immer mal wieder zu hinterfragen.

Denn manchmal hat man Vorurteile und will sich das nicht eingestehen. Keiner denkt gerne darüber nach, dass er bei einer Frau andere Standards für Erfolg ansetzt als bei einem Mann. Oder dass er einen unattraktiven Menschen kritischer beäugt als jemanden, den er hübsch findet. Wir unterliegen leider psychologischen Verzerrungen und manchmal fühlen wir uns bei jemandem unwohl, weil wir ihn nicht verstehen oder er uns fremd vorkommt.

Es gibt außerdem Menschen, die andere ständig manipulieren. Einige tun dies bewusst, für andere ist es wie Atmen. Sie zu erkennen, ist ziemlich schwierig, doch man fühlt sich bei ihnen oftmals schon lange vor der Erkenntnis unwohl, dass sie manipulieren. Das spielt auch in den Punkt der Persönlichkeitsveränderung mit rein: Menschen verändern sich manchmal zum Schlechten.

Ein einst netter und freundlicher Mensch kann sich nach und nach fieser und abweisender geben. Dass man anfängt, sich bei dieser bestimmten Person unwohl zu fühlen, ist natürlich klar. Manchmal bleiben andere Menschen aber auch gleich und man selbst verändert sich. Wer beispielsweise mehr Selbstbewusstsein entwickelt oder neue Prioritäten im Leben hat, kann mit früheren Freunden oder Kollegen unter Umständen nicht mehr auf einer Wellenlänge sein.

Unwohlsein bei bestimmten Menschen

Fehlendes Zugehörigkeitsgefühl: Ursachen

Sich unter Menschen unwohl zu fühlen, ist nicht immer eine Vollkatastrophe. So ist man an manchen Tagen einfach nicht bereit für Kontakte und zwingt man sich dann trotzdem, sie zu treffen, dann fühlt man sich nur noch schlechter. Geht es aber um ein fehlendes Zugehörigkeitsgefühl, dann liegen meist tiefergehende Gründe vor.

Typische Ursachen für ein fehlendes Zugehörigkeitsgefühl:

  • eigene Persönlichkeitsveränderung
  • Veränderung beim Gegenüber
  • Depression
  • Oberflächlichkeit
  • Verschiebung der eigenen Prioritäten

Fehlende Zugehörigkeit durch Veränderungen beim Selbst

Sich als Teil der Welt und einer sozialen Gruppe zu fühlen, ist extrem wichtig, um zufrieden zu sein. Umso tragischer ist es, wenn dieses Gefühl plötzlich verschwindet – oder nie richtig aufgekommen ist.

Die Ursachen dafür können im Selbst liegen. Wie bereits erklärt wurde, brauchen Introvertierte mehr Ruhe und unter Umständen sorgt ein stressiger Alltag dafür, dass soziale Kontakte nicht genug Aufmerksamkeit erhalten, um wirklich genossen, verstanden und geschätzt zu werden. Das kann auch ambivertierten und extrovertierten Menschen passieren, wenn sie beispielsweise eine hohe Belastung durch den Job, Beziehungsstress oder eine Krankheit erleben.

Typisch ist jedoch auch, dass man sich verändert und die mangelnde Zugehörigkeit sich langsam einschleicht. Wer sich mehr und mehr für Umweltschutz interessiert und die globalen Probleme wahrnimmt, der kann mit dem trivialen Small Talk des Alltags möglicherweise nicht mehr umgehen. Oder aber man lernt, dass man in einer toxischen Umgebung lebt – manipulative Familienmitglieder, selbstzerstörerisches Verhalten im Freundeskreis – und kann partout nicht mehr wegschauen, wenn schlechte Dinge passieren.

Je länger man in diesen Umgebungen lebt, umso mehr hat man das Gefühl, nicht recht dazuzugehören. Das kann später zu Unzufriedenheit oder gar Depressionen führen. Deshalb sollte man unbedingt nach Veränderung im Leben streben. Das Austauschen mit Gleichgesinnten kann ein erster Schritt sein. Dies ist ein aktiver Prozess und nicht jeder ist bereit, ihn anzugehen.

Fehlendes Zugehörigkeitsgefühl durch die soziale Gruppe

Der Grund dafür, dass sich jemand, der sich nicht zugehörig fühlt, aktiv dagegen wehren muss: Die soziale Gruppe wird sich (im Normallfall) nicht ändern. Einzelne Personen können durchaus Persönlichkeits- oder Verhaltensveränderungen durchmachen. Eine Freundschaft kann zum Beispiel neue Bedeutung bekommen, wenn man ehrlich miteinander ist und vielleicht statt gemeinsam Party zu machen lieber auf entspanntes Brunchen setzt. Gerade für Introvertierte ist Oberflächlichkeit in Beziehungen ein großes Problem, weshalb sie mit der Zeit für viele als spaßig geltende Aktivitäten keine Begeisterung mehr entwickeln können und lieber tiefgründige Gespräche und Erfahrungen priorisieren.

Wer Teil einer sozialen Gruppe ist und sich unwohl fühlt, der hat wenig Chancen darauf, dass sich das von alleine wieder ändert. Denn Gruppendynamiken sind kompliziert. Das kann sogar soweit gehen, dass das mangelnde Zugehörigkeitsgefühl von Einzelpersonen erwünscht ist.

Unter Kollegen gibt es die Coolen und die Anderen. In Freundesgruppen gibt es die Beliebten und die Anderen. In der Familie gibt es die Erfolgreichen und die Anderen. Solche Situationen sind extrem belastend und können für Betroffene meist nur dadurch gelöst werden, dass sie sich weiter aus der Gruppe zurückziehen und ihre Energie lieber denjenigen widmen, die sie gut behandeln.

Depressionen und andere Störungen als Ursache für mangelnde Zugehörigkeit

Wie vorher schon muss auch hier noch einmal angeführt werden: Ist die Ursache für mangelnde Zugehörigkeit möglicherweise schwerwiegend und in der eigenen Psyche verankert, dann sollte man nicht allein auf einen Online-Artikel vertrauen. Professionelle Hilfe ist sehr, sehr viel erfolgversprechender.

Erwähnt werden muss aber trotzdem, dass mangelnde Zugehörigkeit eine Folge von psychischen Problemen sein kann. Depression gehört zu den absoluten Top-Anwärtern in dieser Kategorie. Eine suboptimale Hirnchemie sorgt dafür, dass die entsprechenden Verbindungen zur Außenwelt einfach nicht entstehen wollen. Zum Glück kann man durch Hilfe aber wieder bessere und festere Verbindungen zu seinen Mitmenschen aufbauen.

fehlendes Zugehörigkeitsgefühl

Ich fühle mich unwohl und weiß nicht warum

Es gibt immer einen Grund dafür, dass man sich unwohl fühlt. Wer diesen Grund nicht kennt, kann fälschlicherweise glauben, dass eine mangelnde Zugehörigkeit oder Ablehnung ein Dauerzustand sein müssen. In Wahrheit dauert es manchmal einfach ein bisschen, bis man weiß, woher das Unwohlsein stammt.

Körperliches Unwohlsein kann die Folge einer Krankheit sein. So sehr wir Körper und Geist auch trennen wollen – wenn der Darm, das Gehirn oder das Herz nicht optimal arbeiten, dann beeinflusst das die Zufriedenheit und das Wohlbefinden. Dass man sich einer Gruppe nicht zugehörig fühlt, kann also beispielsweise auch daran liegen, dass der Körper zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist.

Ein sehr typischer Grund dafür, dass man sich unwohl fühlt und nicht weiß, warum das so ist, ist ein Kontrollverlust im Leben. Wer sich nicht fühlt, als hätte er das eigene Leben und Schicksal selbst in der Hand, wird niemals ganz zufrieden sein. Denn die Launen, Meinungen und Entscheidungen anderer können willkürlich Einfluss auf das eigene Leben haben, während die eigenen Vorstellungen zu kurz kommen.

Somit kann an dieser Stelle keine einfache Lösung angeboten werden. Es muss aber gesagt werden: Wer sich scheinbar grundlos unwohl fühlt, muss die Sache selbst in die Hand nehmen. Durch einen Gang zum Psychologen, durch intensive Selbstbetrachtung oder auch durch einen Wandel im Lebensstil. Religion, Philosophie, Sport, soziale Beziehungen, Jobwechsel, Partnerwechsel, Umzug, weniger Stress, mehr Karriere – es gibt (leider und zum Glück) unzählige Stellschrauben. Uns bleibt nichts anderes übrig, als so lange an ihnen zu drehen, bis wir eine kleine Veränderung spüren. Und je mehr kleine Veränderungen es gibt, umso besser stehen die Chancen, dass man sich bald nicht mehr so unwohl fühlt. Wer weiter Dinge über sich und die Welt lernt, ist auf einem guten Weg, um wieder Zufriedenheit zu erfahren.

5 Kommentare

  1. Ein wirklich guter Beitrag – Danke!
    Das Gefühl des Unwohlsein in Gruppen und im Umgang mit bestimmten Menschen ist mir nicht fremd, so dass ich für mich beschlossen habe meine Sozialkontakte auf ein Minimum „Weniger ist mehr“ zu reduzieren.
    Ein kleiner Erfahrungsbericht:
    Einige Menschen haben sich von selbst abgewandt und umgekehrt, da ich mich in deren Sichtweise zum Negativen entwickelt hätte oder mir einreden wollten, dass etwas mit mir nicht stimmt – diese Menschen habe ich gerne aus meinem Leben ziehen lassen.
    Für mich ist das völlige Gegenteil der Fall, ich grenze mich ab, mach endlich was ich will, was mir gut tut,
    stehe zu meiner Überzeugung, setze gezielt Prioritäten und zeige dies deutlich verbal/nonverbal nach außen, hierdurch verspüre ich Selbstzufriedenheit – für mich ist diese Veränderung mehr als stimmig 😎
    Fact ist:
    Sozialkontakte sind wichtig und sich dazugehörig fühlen ein Grundbedürfnis, weil es das Selbstwertgefühl und die Zufriedenheit steigert, dies ist auch mir nicht unbekannt.
    Ich bin mittlerweile für mich an einem Punkt angekommen, wo es mir wichtig ist tiefgründige Sozialkontakte zu unterhalten, in denen ich mich aufgehoben und wohl fühle, ohne dabei eine Maske tragen zu müssen.
    Diese allerdings in unserer „flüchtigen Moderne“ wahrhaftig finden, aufbauen und halten zu können ist leichter gesagt, als getan, weil es einfach Zeit braucht einander kennenzulernen, sich zu öffnen, sowie eine Übereinstimmung der Interessen/Ansichten gegeben sein sollte.

    Es ist machbar 😃 – Instantlösungen sind keine gute Option!

  2. Ich finde das was du hier machst wirklich toll. Durch Zufall bin ich grad auf diese Seite gestoßen.

    Ich bin in den letzten Jahren von einem sehr introvertierten Menschen zu einem Menschen geworden der die Mitte gefunden hat. Vielleicht in manchen Bereichen sogar extrovertiert geworden. Ich will endlich dass man mich sieht. Ich will gern mit Menschen mein Wissen teilen. Ich freue mich wie ein kleines Kind. Bin dankbar dafür. Oft sehe ich mich als einer der normalen Menschen in einer total verrückten Zeit in der Expression das höchste Gut ist. Was sich ziemlich egozentrisch anhört, das geb ich zu. Ich sehne mich so nach normalen ausgeglichen Menschen. Weder links noch rechts weder dauerfröhlich noch zu Tode betrübt weder daueroptimistisch noch extrem pesimistisch… die Liste ist lang. Je mehr ich aus mir rausgegangen bin je mehr Freunde ich gefunden habe desto mehr habe ich bemerkt wie unfähig heute viele sind Freundschaften zu führen die über Spaß und Daueraction hinausgehen. Es ist wie wenn man gegen eine Wand fährt. Ich habe aber auch darauf geachtet nie frustriert zu werden, ich wollte an mir arbeiten und vor allem Freunde finden die ein normales Leben führen. Sich nicht komplett zurückziehen. Interessen haben, sich fortbilden auf ihren Körper schauen. Und ich kenne mich sehr gut mit Psychologie und zwischenmenschlichen Verhalten aus. Needyness vermeide ich so weit es geht. Ich habe lernen müssen dass zu freundliches Verhalten nicht zu deinem Vorteil ausgelegt wird. Ich habe mich in den letzten 5 Jahren gewandelt. Ich schau auf meinen Körper ich kleide mich so wie ich es immer schon wollte und es kommt gut an, ich habe gelernt Smalltalk zu führen und Ihn mit dem was ich bin, ein Introvertierter zu garnieren. Ich mag mich jetzt und ich finde mich das erste mal richtig schön. Das schätzen die Menschen auch. (Anm. damit ist nicht das Schönsein gemeint. So eitel bin ich nun wirklich nicht 😉 ) Aber verdammt all diese Mühen ändern nichts dran dass es so schwer ist an Menschen ranzukommen die ähnlich ticken. Entweder sind sie mit ihrem/ihrer PartnerIn alleine glücklich oder sie haben sich aufgegeben und leben komplett zurückgezogen oder sind frustriert über die Welt da draußen. Oder die die einfach akzeptiert haben dass sie Introvertiert sind, im positiven Sinne aufgegeben haben dagegen anzukämpfen und ihren Frieden gefunden haben mit sich selbst und ihrem kleinen Kreis an Vertrauten. Davor habe ich den größten Respekt. Solche würde ich gerne finden und mich austauschen.
    Meine extrovertieren Freunde sie mögen mich, aber sie tun sich schwer mich in die Interessen die sie haben einzubinden. Ich geh halt nicht gern in den Club auch wenn ich dort zu Schulzeiten natürlich war. Obwohl ich auch das mit einer Gruppe Gleichgesinnter unbedingt noch mal machen möchte. Eine Gruppe die das alles nicht so ernst nimmt. Eine Gruppe die sich dadurch vielleicht die Angst nimmt vor solchen Locations oder gar draufkommt dass man nicht viel verpasst wenn man dort nicht ist. Ein kleines Abenteuer eben, über dass man eine lange Zeit lachen kann.

    Ich habe nie verstanden warum sich viele Introvertierte nicht mehr vernetzen. Es ist für mich persönlich erschreckend wie wenig Angebote es gibt wo sich Introvertierte im realen Leben austauschen können. Zumindestens im deutschsprachigen Bereich. Im Angloamerikanischen gibt es da mehr.
    Ich habe mir zur Aufgabe gemacht jenen Introvertierten die es wirklich wollen aus der Situation rauszuhelfen wenn es meine Zeit zulässt. Umsonst, ich bin kein Coach. Mal nen Kaffee trinken und einfach drauf los philosophieren. Tiefe Gespräche zu führen und zeigen dass ein bisschen dumm sein und Spaß zu haben auch nichts verkehrtes ist. Viele trauen sich aber nicht und viele die gerne wollten wissen nicht wie wo und mit wem. Vielleicht auch nur um nicht ein weiteres mal enttäuscht zu werden.

    Deine Seite verdient mehr Aufmerksamkeit. Ich hoffe du machst weiter.

    Ich überlege mir einen Gastbeitrag bei dir zu verfassen. Ich denke ich kann was beitragen mit meinen 37 Jahren Erfahrung als diplomierter Introvertierter mit leicht extrovertierten Tendenzen.

    Lg Michi, Wien.

  3. Ich weiß ja nicht, also das mit dem chemischen Ungleichgewicht im Gehirn ist inzwischen mindestens umstritten.
    Man weiß heute viel mehr, unter anderem auch um den Zusammenhang zum Mikrobiom.
    Serotoninwiederaufnahmehemmer verkaufen sich halt gut mit so einer Story.

  4. Danke für diesen Artikel, er hat mir wirklich weitergeholfen in einem Moment, in dem es mir sehr schlecht geht mit mir. Ich bin jetzt Anfang dreißig und ich habe im Laufe meines Lebens immer wieder erfahren, dass ich zwar leicht in neue Gruppen reingefunden habe, jedoch mich bald unwohl gefühlt, meinen Platz in der Gruppe teils selbst sabotiert habe, um letztendlich die Gruppe wieder zu verlassen. Immer war der Grund, dass ich mit den Moralvorstellungen einzelner nicht klargekommen und somit die ganze Gemeinschaft lieber abgelehnt habe, als den einzelnen einfach zu akzeptieren und zu ignorieren. Das passierte immer wieder, bis ich mir sicher war, es liegt an mir, dass ich einfach nicht anpassungsfähig bin. Darunter leide ich sehr, es ist mein ewiges Dilemma. Ich versuche immer weiter mein moralisch bestmöglichstes Ich zu werden und damit toleranter, offener, reflektierter, fairer, usw. Aber dabei schleicht sie auch das Bedürfnis und die Erwartung ein, dass andere das ebenfalls bei sich selbst tun und wenn das nicht stattfindet wird meine Enttäuschung zur Frustration bis ich mich erneut selbst aus einer Gruppe ausgrenze. Natürlich darf ich meine Ansprüche an mich nicht auf andere übertragen, aber dann scheitere ich doch wieder an meinem eigenen Unvermögen andere mit anderen Wertevorstellungen zu akzeptieren.
    Dass mir als introvertierten Menschen Gruppen viel Energie entziehen, hab ich zwar gespürt, aber es jetzt so zu lesen, fühlt sich an, als würde mir irgendwie Schuld von den Schultern genommen werden. Als wäre es wirklich ok und nötig, mehr auf mein Inneres zu hören und sich nicht zwingen zu müssen unter Leute zu gehen, nur weil es andere erwarten. Mittlerweile nehme ich mir auch viel öfter raus, meinen Partner, der sehr extrovertiert ist, einfach nicht auf große Treffen und Veranstaltungen zu begleiten, trotzdem gibt es oft Ereignisse oder Zustände denen man sich nicht entziehen kann, die mich dann teils wieder sehr belasten und stark an mir zweifeln lassen.
    Früher war es die Schule und dann das Studium, was mich in Gruppengefüge gezwungen hat. Ich hoffe einfach, ich schaffe es, mein Leben so ausrichten zu können, dass ich frei von einer Gruppe sein kann, aber gleichzeitig so an mir arbeiten zu können, dass ich besser damit umgehen könnte.
    Bitte entschuldigt, dass ich mein Herz ausgeschüttet habe, aber es hat mir gut getan nach diesem inspirierenden Artikel. Man fühlt sich weniger fehl am Platz, denn es gibt andere, denen geht es wie einem selbst und trotzdem müssen wir keine Gruppe bilden, um uns damit irgendwie eine Art halt zu geben 🙂 Danke! Einfach Danke!

    • Hi Alexandra,

      das liest sich schon sehr reflektiert und klingt, als wärst du auf einem guten Weg. Dass du hier dein Herz ausschüttest, stört nicht nur NICHT, es ist GERN gesehen. Ich kenne das Gefühl, wenn man sich und seine introvertierte Art nach und nach besser versteht und dann auch die Erfahrungen teilen möchte – deshalb ist der ganze Blog ins Leben gerufen worden. Ich lese also super gerne von anderen und weiß auch, dass manch ein stiller Mitleser sich über deinen Kommentar freuen wird.

      Liebe Grüße
      Jennifer

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