Viele introvertierte und ruhige Menschen werden als distanziert wahrgenommen. Mehrere Artikel sind über dieses Thema bereits zu finden (dazu mehr am Ende des Beitrags). Doch was ist, wenn du nicht generell distanziert bist, sondern Abstand zu jemandem gewinnen möchtest?
Sich von anderen Menschen zu distanzieren, ist manchmal ein Kinderspiel und häufig eine wahre Herausforderung. Deshalb sollte jeder wissen, welche Möglichkeiten es gibt, um jemanden emotional oder physisch nicht mehr so sehr an sich heranzulassen. Außerdem wird etwas genauer darauf geschaut, wo die Gründe liegen, wenn wir einfach von allen und allem Abstand brauchen.
Aber: Das sind Vorschläge. Deine individuellen Umstände kennst nur du. Auch geht es im Folgenden nicht konkret um Menschen, die eine unmittelbare Gefahr für dich darstellen. Bitte suche dir in einem solchen Fall professionelle Hilfe – sei es behördlich oder psychologisch.
Menschen, die einem nicht guttun
Es gibt wahrscheinlich eine Million Kategorien, die man für Menschen kreieren könnte, die uns nicht guttun. Die sogenannten toxischen Menschen. Was für dich schädlich ist, ist für mich vielleicht kein Problem. Menschen, die mir Energie rauben, können deine besten Freunde sein. Und sind wir in einem Raum, gehen wir uns vielleicht gegenseitig auf den Keks.
Trotzdem gibt es einige toxische Personengruppen, die wohl einfach so gut wie jeder kennt. Die manipulativen und rücksichtslosen Personen enttarnen sich meist früher oder später als schwierige Persönlichkeiten. Die dritte Gruppe sind diejenigen, die uns persönlich Energie rauben. Erst wenn du weißt, mit welcher Art du es gerade zu tun hast, kannst du auch lernen, Distanz aufzubauen.
Manipulative Menschen: Niemand will ein Spielball sein
Schwer zu glauben für Menschen, die selbst nicht so sind, aber ja, es gibt manipulative Persönlichkeiten ohne Ende. Sich von ihnen zu distanzieren, ist unglaublich wichtig, um nicht ernsthaft unter die Räder zu kommen. Denn während man einigen rücksichtslosen und anstrengenden Menschen noch nachsagen kann, dass sie nicht wissen, was sie tun, sind manipulative Personen einfach nur eine Belastung.
Du wirst für sie Dinge erledigen, ihre Lügen glauben und wahrscheinlich eine Weile denken, sie seien cool oder bewundernswert. Keine Sorge: Das passiert jedem mal. Selbst mit guter Menschenkenntnis geraten wir manchmal an Personen, die ihre wahren Intentionen gut verstecken.
Respektlose Menschen: Rücksichtslos durchs Leben
Während dich ein manipulativer Mensch finanziell oder emotional ausnimmt und dabei genau weiß, was er tut, sind rücksichtslose Menschen komplizierter. Sie nehmen sich nicht unbedingt aktiv vor, dir zu schaden, tun es aber. Denn ihr eigener Vorteil steht immer vor deinem – und vor deiner Sicherheit, deinem Glück und deinem Seelenheil.
Rücksichtlosigkeit und Respektlosigkeit gehen Hand in Hand. Denn wer dich respektiert, sollte sich auch die Mühe machen, nicht auf dir herumzutrampeln. Auch nicht unabsichtlich. Witze auf deine Kosten? Sind doch nicht so gemeint. Dir wird eine Lüge erzählt? Ach, das kann ja mal passieren. Du wirst auf Arbeit übergangen? Naja, das ist auch irgendwie deine Schuld. Toxisches Verhalten kommt in vielen Formen daher.
Energiefresser: Schwer zu erkennen und doch sehr belastend
Die dritte große Gruppe: Menschen, die deine Energie absaugen. Ganz leicht, Stück für Stück. Solltest du introvertiert, neurodivergent oder hochsensibel sein, bist du dafür besonders anfällig. Denn schon Alltagsbegegnungen nehmen dir ein wenig Energie ab – kommen dann noch Menschen hinzu, die deine Aufmerksamkeit nicht erbitten sondern verlangen, wird das schnell zur Belastung.
Auch rücksichtlose und manipulative Personen sind natürlich Energiefresser. Doch in diese Kategorie fallen auch diejenigen, die grundsätzlich gut sind. Jemand, der nett und rücksichtsvoll ist, kann dir trotzdem viel Energie rauben. Grund dafür ist beispielsweise Bedürftigkeit: Kommt jemand ohne dich nicht klar, bist du praktisch 24 Stunden auf Abruf, wenn diese Person etwas braucht.
Andere Energiefresser wollen zwar nicht ständig etwas von dir, dafür aber sehr viel. Du sollst ihnen deine Aufmerksamkeit widmen – während du nicht viel zurückbekommst. Dahinter steckt nicht immer eine böse Absicht. Aber mit der Zeit wirst du spüren, dass du nach Treffen erschöpft bist und deine eigenen Bedürfnisse zu kurz kommen.
Emotionale Distanz aufbauen: die verschiedenen Möglichkeiten
Du wärst nicht hier, wenn du nicht bereits Leute im Leben hättest, die dir Kraft rauben. Ob direkt – z.B. durch Gemeinheiten – oder indirekt – z.B. weil du ihnen viel deiner Aufmerksamkeit schenkst. Du hast dann die Möglichkeit, dich räumlich zu distanzieren.
Im Extremfall triffst du solche Personen nicht mehr und brichst den Kontakt ab. Aber das ist meist eher der letzte Schritt, wenn nichts anderes mehr geht. Und manchmal geht es eben auch nicht. Kollegen, Familienmitglieder oder Nachbarn wechselt man nicht einfach. Dann musst du dir andere Möglichkeiten suchen.
Zeit reduzieren
Ein erster guter Weg, um mehr Abstand zwischen dich und eine Person zu bringen, die dir nicht guttut: Sie seltener treffen. Klingt einfach, ist aber so. Wenn du irgendeine Möglichkeit siehst, weniger Zeit mit dem Menschen zu verbringen, solltest du das als erstes tun.
Denn viel zu häufig sind wir in einer Dauerschleife gefangen, wenn uns jemand belastet. Um darauf einen klaren Blick zu bekommen, müssen wir erst einmal einen Schritt zurückgehen. Dann gucken wir besser auf die Situation und erkennen, ob wir jemanden wirklich aus unserem Leben verbannen müssen, nur das Gespräch suchen sollten oder emotionalen Abstand brauchen.
Einige Situationen, die künstlich Abstand schaffen:
- Einen Urlaub machen, um aus dem Elternhaus zu kommen.
- Freunden sagen, dass du viel Arbeitsstress hast und Zeit für dich brauchst.
- Auf Arbeit um eine Versetzung bitten, einen Lehrgang besuchen oder Urlaub nehmen.
- Eine Beziehungspause vereinbaren.
- Nachbarn aus dem Weg gehen.
- Anstrengende Personen nicht allein treffen, sondern in einer Gruppe.
Es kann passieren, dass dir solche Maßnahmen übelgenommen werden. Ein wenig Unmut ist nicht ungewöhnlich. Beziehungspausen und nicht erreichbare Freunde sind für niemanden angenehm. Aber sollte jemand auf dein Abstandsgesuch mit Aggressionen oder mehr Nähe reagieren, dann ist das eine große rote Flagge und du hattest schon die richtige Idee, als du Abstand wolltest.
Grenzen setzen
Sich von jemandem zu lösen, ohne ihn komplett aus dem Leben zu verbannen, geht auch mit klaren Regeln. Nachbarn, die gerne mal unangekündigt in der Küche stehen, weil sie keine Erziehung genossen haben, dürfen von dir ruhig hören, dass du dich damit nicht wohlfühlst und das nicht noch einmal erleben möchtest.
Freunde, die immer nur von sich erzählen, aber dir so gut wie nie zuhören, kannst du auf das Problem hinweisen. Manchmal bemerken Menschen so etwas gar nicht und reagieren schockiert. Oder aber aggressiv und empört. Deine Bedürfnisse darfst du in jeder Beziehung formulieren. Freundschaften, Familienverhältnisse oder romantische Beziehungen sollten niemals dazu führen, dass andere über dich hinwegsteigen, als wärst du eine Fußmatte – oder schlimmer noch, ihren Dreck an dir abklopfen.
Die Distanz entsteht automatisch, wenn du deine Grenzen setzt. Keine Überstunden für die unorganisierte Kollegin. Nicht sofort losspringen, wenn dein Partner ein kleines Problem hat. Freunden nicht alles abnehmen. Kein „Sorry“ oder „Tut mir leid“, wenn du eigentlich nichts falsch gemacht hast.
(Hinweis: Das ist keine Sofortlösung. Wahrscheinlich wirst du ein paar Mal scheitern und nachgeben. Es muss nicht von heute auf morgen alles perfekt sein.)
Emotionales Investment verringern
Der wichtigste Punkt bei der Distanzierung ist der emotionale Abstand. Dieser ist oftmals eine Folge von klaren Grenzen und weniger Zeit mit einer anspruchsvollen Person. Aber die emotionale Distanz kann auch der erste Schritt sein.
Einer der Gründe, warum Abstand überhaupt nötig wird, ist, dass du seelisch und körperlich belastet bist. Du müsstest nicht nach Wegen suchen, von jemandem wegzukommen, wenn dir diese Person guttun würde. Somit darfst und musst du deine Bedürfnisse wieder priorisieren.
Das geht zum Beispiel, indem dir eine Person und ihre Probleme „egal“ werden. Das schreckt manche instinktiv ab. Denn vielleicht ist dir der Mensch noch wichtig. Oder ihr kennt euch schon ewig. Wie soll dir so jemand einfach egal werden?
Mit egal ist nicht gemeint, dass du diesem Menschen etwas Böses wünscht oder ihm an einem warmen Tag kein Glas mit Wasser reichen würdest. Aber du darfst dem Menschen keine Priorität mehr geben. Baut er Mist, ist es sein Mist. Hat er Erfolg, ist es sein Erfolg. Braucht er jemanden an seiner Seite, dann bist du einfach nicht mehr diese Person.
Wenn dir das komisch vorkommt, dann hier eine wichtige Erkenntnis: Dort, wo dein emotionales Investment nicht mehr an jemanden geht, der es nicht zu schätzen weiß oder der immer mehr nimmt, als er braucht, werden Zeit und Energie frei. Diese Energie kannst du für dich nutzen, wenn du das brauchst. Oder aber du findest plötzlich wieder die Kraft und Zeit für Menschen, die dir wichtig sind und die dich zu schätzen wissen.
Personen, die dir viel abverlangen, werden dich mit der Zeit nicht mehr um sich haben wollen, wenn du ihnen nicht mehr gibst als nötig. Somit kann emotionaler Abstand einfach mit der Zeit auch dazu führen, dass eine Freundschaft zu Ende geht, ein Kollege nicht mehr Smalltalk machen will oder Familienmitglieder auf Distanz zu dir gehen.
Ich brauche Abstand von allem
Okay, aber was ist nun, wenn du merkst, dass dir alles zu viel wird? Abstand brauchst du nicht nur von einer fiesen Kollegin oder einem anspruchsvollen Freund, sondern von der ganzen Gesellschaft? Dann bist du wahrscheinlich von Reizüberflutung betroffen. Introvertierte, hochsensible und neurodivergente Menschen können häufig weniger gut mit allen möglichen Stressfaktoren umgehen als andere.
Also überfordert dich einfach alles. Es kann trotzdem sein, dass du einen oder mehrere Menschen in deinem Leben hast, zu denen du Abstand gewinnen solltest. Aber um das sicher zu wissen, musst du erst einmal zur Ruhe kommen.
Ohne eine echte Auszeit wird das kaum gelingen. Raus aus der lauten Stadt, raus aus der täglichen Routine und her mit den Pausen. Natur, Meditation, mehr Schlaf, weniger Termine – in folgendem Artikel findest du viele Wege, wie du deine sozialen Energien besser managen kannst: Energiereserven besser nutzen.
Fazit: Viele Wege führen zu emotionaler Distanz
Neben praktischen Tipps sollte dir dieser Artikel vor allem vermitteln, dass es okay ist, sich von anderen Menschen zu distanzieren. Auf die Gefahr hin, etwas abgedroschen zu klingen: Du hast nur dieses eine Leben. Aktuell verwendest du wahrscheinlich viel Energie darauf, Kontakte aufrechtzuerhalten, die dir schon lange Energie und Zeit rauben.
Ist es das wert? Häufig nicht. Es ist nicht deine Aufgabe, anderen ständig Beistand zu leisten oder als ständiger Zuhörer zu dienen, aber nichts zurückzubekommen. Es gibt auch keine höhere Macht, die dir sagt, dass du toxische Menschen tolerieren musst.
Du wirst die Entscheidung zu mehr Distanz wahrscheinlich nicht aus einer Laune heraus oder über Nacht getroffen haben – und wenn du immer wieder denkst, dass du nicht genug Raum in einer Beziehung bekommst (ob Freundschaft, Liebesbeziehung, Familienverband oder Kollegenverhältnis), dann bist du schon auf der richtigen Spur. Lass dich von dieser Spur nicht abbringen, sondern finde Wege, anstrengende Menschen von dir wegzutreiben. Suchst du hingegen mehr Informationen zu distanzierten Menschen, dann gerne hier entlang: unnahbare Menschen.