Wenn sich Hochsensible verlieben: Gefühle verstehen (HSP)

Beziehungen zwischen hochsensiblen und nicht-hochsensiblen Menschen sind anders als andere Partnerschaften. Das sollte jedem klar sein, der versteht, dass Hochsensibilität eine Abweichung von der Norm ist.

Die wichtigste Erkenntnis, die du sofort lesen solltest und nicht erst am Ende dieses Artikels: Nur wenn du bereit bist, die Besonderheiten von Hochsensiblen zu verstehen und zu respektieren, kann eine Beziehung gelingen. Das gilt übrigens, wenn du selbst hochsensibel bist genauso wie wenn du eine hochsensible Person liebst.

Im Folgenden dürften sich daher sowohl die HSPs als auch ihre Liebsten wiederfinden. Bevor du einsteigst, solltest du schon ein wenig Grundwissen über Hochsensibilität haben: Wie verhalten sich hochsensible Menschen? Sonst reden wir vielleicht aneinander vorbei. Kennst du den Begriff bereits, kann es losgehen.

Wie flirten Hochsensible? (Kennenlernphase)

Noch bevor eine Beziehung entsteht, wird meist geflirtet. Und Hochsensible flirten anders als andere Menschen. Dazu gehört, dass Berührungen große Bedeutung haben. Aufgrund der empfindlicheren Art sind Berührungen für Hochsensible niemals etwas, was einfach so unbemerkt und nebenbei geschieht. Wenn eine hochsensible Person deine Nähe sucht und dich am Arm berührt, dich umarmt oder nah bei dir steht, dann mag sie dich – nur ob das schon flirten ist, ist die nächste Frage.

Leider gibt es keine allgemeingültigen Anzeichen, dass jemand Interesse hat. Das versuchen dir wahrscheinlich alle weiszumachen, ob im echten Leben oder online. Die Wahrheit ist aber, dass manche Menschen die typischen Anzeichen wie Nähe suchen, mit den Augen klimpern, Komplimente machen etc. nicht zeigen. Wieder andere erfüllen diese Klischees total.

Das heißt für Hochsensible, dass sie jemanden mögen können, aber trotzdem auf ihre eigenen Bedürfnisse achten. Sie mögen jemanden, wollen aber trotzdem nicht permanent Körperkontakt. Oder sie sind sich extrem unsicher, ob ihre Gefühle erwidert werden, weshalb sie zurückhaltender sind. Generell gilt wie bei Introvertierten auch, dass du zumindest merkst, dass dich so eine besondere Person mag, wenn sie freiwillig und gerne Zeit mit dir verbringt. Das ist für hochsensible Menschen, die auch ihre Pausen brauchen, nämlich keine Selbstverständlichkeit.

Wie zeigen Hochsensible Gefühle (in Beziehungen)?

Um zu verstehen, wie hochsensible Menschen ihre Gefühle zeigen, muss noch einmal auf das Thema Körperkontakt zurückgekommen werden. Wurde nämlich festgestellt, dass man Interesse aneinander hat, kommt ja die Kennenlern- und Datingphase. In dieser sind sich sowohl Hochsensible als auch Nicht-Hochsensible meist noch nicht sicher, wo es hingehen soll.

Die schlechte Nachricht ist, dass HSPs sehr unterschiedlich mit ihren eigenen Besonderheiten umgehen. Das kann zwei völlig gegensätzliche Persönlichkeiten hervorbringen: Einige suchen exzessiv die Nähe eines Partners und wollen sehr, sehr viel Körperkontakt. Händchenhalten, Kuscheln, Knutschen und Sex sind allgegenwärtig.

Das genaue Gegenstück dazu sind die Hochsensiblen, die Körperkontakt sehr sparsam einsetzen. Das liegt daran, dass Körperkontakte auch Reize sind. Diese können HSPs sehr schnell überfordern und überlasten. Für nicht-hochsensible Personen wirkt das manchmal wie mangelndes Interesse oder gar Ablehnung. Dabei ist es eher so zu verstehen: Wenn jemand, der generell Abstand zu Menschen hält, aus eigenem Antrieb mal deine Nähe sucht, dann ist das etwas Besonderes. Nur wenn sich jemand mit dir wohlfühlt, kann das dauerhaft gelingen.

Neben der Sache mit dem Körperkontakt sind HSPs auch für ihre empathische und aufmerksame Art bekannt. Sie werden merken, wenn es ihrem Partner nicht gut geht. Sie reagieren schnell auf Veränderungen in der Beziehung. Oftmals kennen sie dadurch aber auch Details, die andere übersehen oder vergessen würden. Geschenke von hochsensiblen Partnern sind oft sehr durchdacht und persönlich.

wie lieben hochsensible?
Liebe ist kompliziert – für Hochsensible und alle anderen Menschen auch.

Probleme in Beziehungen mit Hochsensiblen

Es klang bereits an, dass es nicht den einen hochsensiblen Menschen gibt, an dem du dich orientieren kannst. Hochsensibilität macht noch keine vollständige Persönlichkeit. Hochsensible können überdreht, ruhig, klug, dumm, ambitioniert, traditionell und verrückt sein. Also lieben HSPs auch auf verschiedene Arten.

Allerdings gibt es einige Probleme in Beziehungen, die zumindest als typisch für Hochsensible beschrieben werden können. Dazu gehört, dass HSPs zur Überinterpretation neigen. Kleine Streitigkeiten gibt es mit ihnen nicht. Denn sie nehmen sich alles zu Herzen und ziehen schnell Schlussfolgerungen.

Somit kann die schlechte Stimmung eines Partners nicht ignoriert werden. Kommst du leicht genervt zu einem Date, weil deine Kollegen dich genervt haben, dann fällt es einem hochsensiblen Partner wahrscheinlich schwer, deine leicht negative Stimmung einfach hinzunehmen. Selbst wenn du dich erklärst, kann die gemeinsame Zeit vielleicht nicht genossen werden.

Ebenfalls bereits angesprochen wurde das Ruhebedürfnis von HSPs. Um eine Überreizung zu vermeiden, müssen Hochsensible von Zeit zu Zeit für sich sein und wieder Energie tanken. Das verletzt Männer und Frauen in Beziehungen oftmals. Sie selbst wollen so viel wie möglich mit dem Partner zusammen sein und sind nun mal nicht überreizt – wenn sie nicht lernen, den Rückzug des HSPs zu akzeptieren, wird es hier wieder und wieder Konflikte geben.

(Übrigens: Manche Hochsensible halten sich für beziehungsunfähig, weil sie so oft negative Erfahrungen gemacht haben. Das liegt im Zweifel eher daran, dass nun mal nicht jeder Beziehungstyp zu Hochsensiblen passt. Kommunikation und Respekt für die Bedürfnisse des Partners sind extrem wichtig, damit eine Beziehung gelingen kann.)

Liebeskummer, Eifersucht und Schmerz bei hochsensiblen Partnern

Sehr sensible Menschen fühlen mehr und heftiger. Das gilt für die guten Emotionen (zu denen wir gleich kommen) und für die schlechten. Somit sind Schmerz, Liebeskummer und Eifersucht sehr kritische Themen für Hochsensible.

Die Chancen stehen gut, dass hochsensible Persönlichkeiten schneller eifersüchtig werden. Da sie sehr viel und intensiv fühlen, binden sie sich sehr eng an einen Partner. Würde die Beziehung zerbrechen, würde also ein tiefes Loch in das Gefühlsleben gerissen werden. Somit ist das eine große Sorge. Und manchmal fällt es schwer, Nähe zwischen dem Partner und einer anderen Person als platonisch zu verstehen, wenn die eigene Reaktion darauf so gefühlsstark ist.

Geht eine Beziehung zu Ende, dann schüttelt ein HSP das meist nicht einfach ab. Es gibt zwar auch sehr logisch veranlagte HSPs, aber Liebeskummer trifft sie meist trotzdem seelisch und körperlich. Typisch für Hochsensible ist, dass sie Liebeskummer im Körper spüren. Einige verlieren ihren Appetit, andere bekommen Kopfschmerzen oder Schlafstörungen. Dies ist wichtig zu wissen, denn auch wenn es nur um einen Streit oder ein drohendes Beziehungsende geht, können HSPs bereits körperlich belastet sein.

Wie werden HSPs glücklich?

Hochsensible und diejenigen, die sich über sie informieren, werden oftmals mit Warnungen und Problemen bombardiert. Deshalb soll jetzt die Kurve gekriegt werden. Es geht darum, wie Hochsensible glücklich werden und erfolgreiche Beziehungen führen können. Zwischen Männern und Frauen wird an dieser Stelle nicht weiter differenziert, da das ein ganz eigenes Thema ist, das sich noch deutlich mehr mit den gesellschaftlichen Erwartungen und persönlichen Erfahrungen eines Menschen auseinandersetzen müsste.

Hochsensible brauchen zwei Dinge, um glücklich mit einem Partner zu sein: ein bedürfnisgerechtes Leben und einen respektvollen Partner. Letzteres ist wohl klar, wenn du bis hierher gelesen hast. Wenn du nicht weißt, was Hochsensibilität ist oder wie sie sich äußern kann, dann wirst du leider deinen Partner nie ganz verstehen und ihr werdet euch oftmals schaden und nicht guttun.

Aber zum Glück gehört auch dazu, dass Hochsensible unterstützt werden und sich selbst mit ihren Bedürfnissen auseinandersetzen. Denn egal, wie sehr du einen HSP liebst, wenn er selbst nicht um seine Hochsensibilität und speziellen Bedürfnisse weiß, drohen nur Probleme. Ein überfordernder Job, falsche Freunde, mangelnde Ruhephasen, Schlaflosigkeit, Überreizung und weitere negative Erfahrungen sind auf Dauer eine solche Belastung für eine Person, dass auch die romantische Beziehung darunter leidet, selbst wenn Liebe die Grundlage ist.

Glück bedeutet für die meisten Hochsensiblen also, dass sie ein gutes Stimulationsniveau haben. Reize und Entspannung wechseln sich ab. Sie bekommen so viel Körperkontakt, wie ihnen guttut und nicht zu viel oder zu wenig. Sie reden oft mit ihrem Partner und verhindern so voreilige Schlüsse. Zusätzlich dürfen sie sich kümmern. Als Partner eines HSPs solltest du verstehen, dass er oder sie nur wirklich glücklich sein kann, wenn du es auch bist. Daher wird der hochsensible Mensch deiner Wahl stets versuchen, dir einen Teil deines Schmerzes abzunehmen. Hier ist Balance gefragt, aber auf keinen Fall solltest du diese Form der Zuneigung komplett ablehnen – HSPs werden das als persönliche Ablehnung verstehen.

hochsensible partner verstehen
Hochsensible haben viel zu geben – wenn sie in einer gesunden Beziehung stecken

Die Vorteile einer romantischen HSP-Beziehung

Solltest du eine hochsensible Person sein, dann bist du ein Hauptgewinn. Liebst du eine hochsensible Person, hast du den Hauptgewinn gezogen. So oder so: Für viele Menschen ist ein hochsensibler Partner genau richtig. Das liegt an den vielen positiven Eigenschaften der HSPs.

Du wirst bei einem HSP immer ein offenes Ohr finden. Gut, das findet man bei Freunden oder nicht-hochsensiblen Menschen auch oft – was ist also so besonders? Durch ihre empathische Art können sich HSPs sehr gut in deine Lage versetzen. Somit stehen sie dir zur Seite, weil sie wirklich Interesse daran haben, deine Probleme und Wünsche nachzuvollziehen. Es ist kein Alibi-Zuhören.

Daraus erwachsen unterschiedliche Ratschläge. Es gibt hochsensible Menschen, die vor allem emotionalen Beistand leisten. So ein Partner wird dich umarmen, deine Lieblingsspeise kochen und einfach für dich da sein. Die logisch veranlagten HSP-Partner werden hingegen konkrete Tipps geben und sich mit dir in die großen und kleinen Probleme einarbeiten, bis sie gelöst sind.

Hochsensible, die ihre emotionalere Art nicht verstecken, sind oftmals sehr lebendige und interessante Persönlichkeiten. Gerade in der deutschen Gesellschaft ist übermäßige Emotionalität eher eine ungewöhnliche Sache oder wird gar unterdrückt. Offene HSPs sind da eine willkommene Abwechslung. Gerade dann, wenn sie keinerlei Scheu davor haben, ihre guten und schlechten Gefühle auszuleben und zu zeigen. Das ist in vielerlei Hinsicht auch deutlich gesünder als die Alternative.

Fazit: Sensibilität ist nur ein Problem, wenn du sie nicht verstehst

Romantische Beziehungen sind für Hochsensible möglich und sie können definitiv glücklich werden. Aber die Grundvoraussetzung ist nun mal, dass sich beide Partner darüber im Klaren sind, dass es Besonderheiten gibt. Fast so wie bei … jeder anderen Beziehung auch.

Somit kann es auch sein, dass Hochsensibilität ein unüberwindbares Hindernis in einer speziellen Beziehung ist. Eine harte Erkenntnis, doch wenn sich ein HSP selbst zerstört, nur um „normal“ zu wirken, wird er irgendwann daran kaputtgehen. Und wenn der Partner eines HSPs nicht bereit ist, Grenzen zu respektieren, dann entwickelt sich ein ähnliches Problem.

Die gute Nachricht ist: Wenn eine Beziehung nicht funktioniert, kann die nächste besser sein. Weil der Hochsensible sich und seine Bedürfnisse besser versteht – oder weil er an jemanden gerät, der nach einer empathischen und verständnisvollen Person sucht. Jeden Tag entstehen wundervolle Partnerschaften für hochsensible Männer und Frauen, weil sich Mühe gegeben wird, die Eigenheiten der Hochsensibilität zu verstehen. Das sollte es auch wert sein, oder nicht?

4 Kommentare

  1. Das ist sehr schön geschrieben.
    Ehrlich gesagt, war mir selbst das Ganze nicht so klar und habe oft nach einer Trennung überlegt, was ich denn genau falsch gemacht habe und kam jedes Mal zu dem Entschluss, dass ich einfach viel zu schwierig und anhänglich bin. 😅
    Nun ist mir mehr oder weniger bewusst, dass es wohl eher an fehlendem Verständnis und Akzeptanz gelegen haben könnte; von beiden Seiten aus.

    Schön, dass man immer wieder neue Dinge erfährt und daraus lernen kann. 😊

    • Moin, ja Gefühle sind so eine Sache. Leider gibt es dafür keine perfekte Anleitung, aber wer mehr über sich und seinen Partner weiß, hat zumindest bessere Chancen. Leider wird über Hochsensibilität ja nicht so oft berichtet – und wenn dann manchmal sogar abwertend, was echt schade ist. Liebe Grüße

  2. Liebe Jennifer,
    vielen Dank für deine wertschätzenden Worte. Es ist wirklich merkwürdig das Wort HSP zu benutzen und es ist verblüffend, dass dieses kleine Wort die eigenen Persönlichkeitsmerkmale ganz gut umschreibt. Es ist schade, dass es abwertende Artikel zu diesem Thema gibt. Doch vielmehr freue ich mich, dass jetzt nachfolgende Generationen viel besser über dieses Thema aufgeklärt werden.
    Meiner Tochter, die meine Veranlagung geerbt hat, kann ich durch diese Erkenntnis einige negative Erfahrungen ersparen. Es wäre sicherlich ein einfachers Leben, bestimmte „Schwingungen“ nicht mitbekommen. Alle Menschen haben Ihre Stärken und Schwächen. Daher ist keiner besser oder schlechter. Wir sollten nur anfangen die eigenen Stärken von uns allen für unser gesellschaftliches Leben zu nutzen und sie nicht „kleinzureden“.

    Herzliche Grüße

  3. Liebe Jennifer,

    als HSP/Neurosensitive/Wahrnehmungsbegabte höchster Ausprägung kann ich bestätigen, wie zutreffend du die Lage bezüglich HSP-Beziehungen hier beschrieben hast. Es ist wirklich immer noch so unendlich schwer, diesen besonderen Zugewinn anderen Menschen verständlich, oder Betroffenen ihre Lage noch etwas tiefgründiger begreiflich zu machen.
    Wenn Autoren wie du mit ihren Artikeln die Leser so würdig informieren zu solch besonderen Themen, dann ist das aller Achtung wert. Danke dir dafür.

    Ich hoffe sehr auf die nun zukunftsverändernde Zeit, ihre bahnbrechenden Visionen und Veränderungen für die Menschen. Begleitend hierzu habe ich -auch wegen mir und fast schon aus Notwehr- für die Betroffenen und Interessierten des Themas ein sehr authentisch-persönliches Mutmacher-Buch geschrieben:

    „Jupiterkind – Hochsensibilität ist meine Stärke“

    So erhalten HSP, ihr Umfeld und vor allem auch Mediziner die Gelegenheit, anhand meiner sehr offenen Lebensberichte eine gewisse Vorstellung oder auch ein Empfinden für diese Begabungen zu entwickeln. Für meine bin ich wirklich dankbar, auch wenn die Gesellschaft es uns HSP sehr schwer macht, gut und genug zu sein.
    Möge sich künftig ein wertschätzender(er) Umgang miteinander ergeben und viele Beziehungen, gleich welcher Art, einfach gut gelingen. Bleiben wir klug interessiert.

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