Grundsätzlich gelten Extrovertierte als Gegenteil von Introvertierten. Ich würde aber behaupten, dass viele Gemeinsamkeiten bestehen, die das nicht wirklich bestätigen. Immer wieder berichten Leute, dass sie sich nicht total introvertiert oder extrem extrovertiert wahrnehmen. Dann bezeichnen sie sich entweder als ambivertiert – oder verstehen, dass die Klassifizierung hilfreich ist, aber auch nicht alles erklärt.
Trotzdem gibt es eine Personengruppe, die fast perfekt dem widerspricht, was Introvertierte zu schätzen wissen. Und das sind die sozialen Schmetterlinge. Sie sind überall dabei, kennen jeden, gleiten praktisch schwerelos durch die sozialen Herausforderungen der modernen Gesellschaft. Doch dort, wo man gleitet, wird wenig Reibung erzeugt. Soziale Schmetterlinge sind also überall beliebt und willkommen – doch Tiefgründigkeit und Kanten findet man bei ihnen selten.
Sozialer Schmetterling Bedeutung
Die Bezeichnung sozialer Schmetterling wurde – wie so oft – aus dem Englischen übernommen. Dort wird häufiger von einem Social Butterfly gesprochen. Beschrieben werden damit vor allem die Menschen, die in vielen sozialen Situationen auftauchen und dabei auch sehr souverän wirken.
Gleichzeitig versteckt sich in der Beschreibung auch eine kleine Kritik. Schmetterlinge fliegen unendlich viele Pflanzen und Blüten an, doch sie bleiben selten länger. Genauso sind die Menschen, die wir als ultrasozial wahrnehmen, häufig eher oberflächlich und wild. Das heißt nicht, dass sie keine engen Beziehungen haben können – doch von außen wirst du sie wahrscheinlich als flüchtige Bekanntschaften sehen, die zwar überall dabei sind, aber nie 100 Prozent dazugehören.
So nennt man soziale Schmetterlinge auch
Es gibt verschiedene Beschreibungen für den sozialen Schmetterling. Alle können zutreffen, aber sie müssen nicht perfekt passen. Ähnlich wie Introvertierte durchaus als ruhigere Persönlichkeiten beschrieben werden können, obwohl sie in vielen Kontexten eher aus sich herauskommen, können auch die folgenden Begriffe nur bedingt eine große Gruppe abdecken.
Soziale Schmetterlinge sind auch: Extrovertierte, das Leben der Party, echte Partytiere, überall beliebt, ständig dabei, immer auf Achse, sozial kompetent, …
Die Anzahl der Kontakte ist extrem wichtig, um als sozialer Schmetterling eingestuft zu werden. Nur verschiedenen Freundeskreisen anzugehören oder gerne unter Menschen zu gehen, macht noch niemanden zu einem so aktiven Sozialtypen, dass eine spezifische Beschreibung nötig wird.
Social Butterfly erkennen
Ob du jemanden als sozialen Schmetterling siehst oder nicht, hängt auch davon ab, wie sozial du selbst bist. Introvertierte Menschen neigen wohl eher dazu, jemanden als Social Butterfly zu bezeichnen, da sie selbst geringere Sozialbedürfnisse haben. Somit ist jeder, der ständig unter Menschen ist, gefühlt ein extrem sozialer Mensch.
Extrovertierte werden sich hingegen eher auf Augenhöhe mit dem sozialen Schmetterling sehen. Sie verstehen das Bedürfnis danach, bei vielen Menschen gut anzukommen und einen diversen und hohen sozialen Status zu haben.
Die vielen Freunde des sozialen Schmetterlings
Aus relativ neutraler Sicht zeichnen sich die sozialen Schmetterlinge dadurch aus, dass sie nicht nur eine Handvoll an Freunden und Bekanntschaften haben, sondern (gefühlt) unzählige. Typischerweise wird ihr Status als Sozialallrounder klar, wenn du sie an verschiedenen Orten beziehungsweise auf verschiedenen Veranstaltungen siehst. Oder aber, wenn du mit ihnen befreundet bist und sie ständig Bilder von allen möglichen Orten und Menschen auf Social Media posten – oder von den Treffen und Personen erzählen.
Während die meisten Menschen heutzutage zwei oder drei sehr gute Freunde haben und sich auf einen kleineren sozialen Kreis beschränken, sind die Social Butterflys gar nicht in der Lage, nur so wenige Kontakte zu haben. Ihnen würde etwas fehlen.
Fear of Missing Out
FOMO – die Angst, etwas zu verpassen – wird für viele Menschen zu einem sehr motivierenden Faktor. Soziale Schmetterlinge wollen immer dabei sein, damit ihnen keine Erfahrung und kein Kontakt fehlt.
Dahinter steckt oftmals eine echte Angst. Sie definieren sich über ihr „Dabeisein“ und sollen sie mal ein paar Tage (oder auch nur Stunden) für sich sein, glauben sie, die Welt würde sie zurücklassen. Deshalb wirken viele soziale Schmetterlinge auch wie von einer unsichtbaren Macht angetrieben.
Bestnote für die sozialen Kompetenzen
Auch wenn gleich ein wenig Kritik geübt wird, muss ganz klar gesagt werden, dass soziale Schmetterlinge unglaubliche Fähigkeiten haben. Gerade für Menschen, die schüchtern, ängstlich, sozial gehemmt oder introvertiert sind, ist es faszinierend zu sehen, wie viele Kontakte Social Butterflys aufrechterhalten können.
Dabei sind sie auch sehr beliebt. Denn wären sie es nicht, würde es ihnen deutlich schwerer fallen, in alle sozialen Gruppen hereinzukommen. Aber irgendwie schaffen sie es. Durch Einsatzbereitschaft, Charisma, Status oder Freundlichkeit – die Menschen fühlen sich in ihrer Gegenwart wohl und freuen sich, sie zu sehen. Manchmal spielt da natürlich auch hinein, dass jemand, der auch etliche Alternativen hat, sich extra Zeit nimmt, um vorbeizuschauen. Das wirkt fast wie eine Ehre.
Das Gegenteil sozialer Schmetterlinge sind nachdenkliche Introvertierte
Ich habe es eingangs bereits angedeutet: Ich halte soziale Schmetterlinge für die Anti-Introvertierten. Das liegt einfach daran, dass alles, was introvertierte Menschen ausmacht, bei sozialen Schmetterlingen komplett fehlt – oder unglaublich schwer zu entdecken ist.
Denn Introvertierte lieben tiefgründige Gespräche, Ruhe und wertvolle soziale Kontakte. Soziale Schmetterlinge haben oftmals gar nicht die Zeit, jedem Gesprächspartner und jeder Veranstaltung die volle Aufmerksamkeit zu widmen. Ruhe hat in ihrem Leben ohnehin kaum Platz.
Somit wird ein sozialer Schmetterling einen introvertierten Menschen wahrscheinlich nicht zu schätzen wissen. Denn Introvertierte zeigen nicht sofort alles von sich. Umgekehrt kann auch eine introvertierte Person nicht viel mit einem Social Butterfly anfangen, denn die Flüchtigkeit ihrer Persönlichkeit wirkt eher abschreckend.
Das heißt nicht, dass Introvertierte und soziale Schmetterlinge immer die absoluten Gegenteile voneinander sind, die niemals zusammen existieren können. Man kann sich durchaus auch sympathisch finden. Gibt es eine bestehende Beziehung (z.B. langjährige Freundschaft, Verwandtschaft) weiß man die Unterschiede vielleicht sogar zu schätzen und lässt sich von ihnen nicht abschrecken.
Die problematischen sozialen Alleskönner
Menschen sehnen sich nach Bestätigung ihres sozialen Umfelds. Einige mehr, andere weniger. Doch grundsätzlich ist es ein tiefes, inneres Bedürfnis, Akzeptanz zu erfahren. Das geht auf zwei Arten: qualitativ und quantitativ. Qualitative Akzeptanz geschieht, wenn tiefe Verbindungen geschaffen werden. Beste Freunde, langjährige Partner, Familien: Zeit, gemeinsame Erfahrungen und Vertrauen führen zu festen Bindungen.
Doch nicht jeder findet diese Kontakte. Das Bedürfnis nach sozialer Bestätigung verschwindet aber nicht. Was dann? Auf verschiedenen Wegen kann hier Abhilfe geschaffen werden. Manche Menschen erkaufen sich Bestätigung und Akzeptanz mit ihrem Erfolg – indem sie beruflich erfolgreich sind, bekommen sie auch Anerkennung, Kontakte, Bedeutsamkeit.
Alternativ können auch einfach viele Kontakte geschaffen werden. Das ist der Weg sozialer Schmetterlinge. Indem sie überall dabei sind, ist immer jemand erreichbar. Sie können jederzeit der Einsamkeit entfliehen. Ihre Sozialbedürfnisse können ständig befriedigt werden.
Bis sie süchtig sind. Die Kritik, die vielen Social Butterflys entgegengebracht wird, beginnt, wenn sie keine wertvollen Kontakte aufbauen können oder wollen. Überall dabei zu sein, heißt nicht, überall Freunde zu haben. Ganz im Gegenteil: Viele nehmen die extrem sozialen Menschen eher als zu oberflächlich oder gar falsch wahr, um mit ihnen näher zu tun haben zu wollen.
Denn um überall dabei zu sein, müssen oftmals viele Werte aufgegeben oder verwässert werden. Personen mit klarer Linie, die ihre Meinung ständig vertreten und auch mal anecken, sind eher selten soziale Schmetterlinge. Daraus folgt, dass die sozialen Alleskönner zwar viele Kontakte kreieren, aber mit der Zeit auch weniger und weniger gute, tiefgründige Kontakte übrighaben.
Die netten Sozialexperten
Die andere Seite der Medaille bilden die Schmetterlinge, die zwar viel unterwegs sind, aber gleichzeitig unglaublich gerne enge Verbindungen schaffen. Sie wissen, dass sie bei drei Partys in einer Nacht keine besten Freunde oder die Liebe ihres Lebens finden werden – und sie haben trotzdem Spaß. Sie nutzen ihre soziale Art oftmals, um beruflich voranzukommen.
Gleichzeitig widmen sie dir in einem Gespräch aber auch die volle Aufmerksamkeit. Echtheit ist ihnen wichtig und sie halten ihr Fähnchen nicht in den Wind. Das macht sie meist sehr charismatisch. Denn wie bereits erwähnt wurde: Von jemandem, der sehr viele Kontakte hat, ein wenig Aufmerksamkeit zu bekommen, fühlt sich echt gut an.
Meist funktionieren diese sehr beliebten Sozialexperten aber nur, wenn sie nicht in die Extreme abdriften. FOMO kennen sie, aber sie verfallen nicht ständig der Angst. Stattdessen wissen sie, dass ihre besten Freunde, ihre Familien und ihr Partner wichtiger sind als noch ein Firmenessen oder ein Tag unter Bekanntschaften.
Zum Social Butterfly werden
Solltest du introvertiert sein, dann tut es mir leid, aber du wirst garantiert kein sozialer Schmetterling. Du kannst es versuchen, vielleicht auch eine Weile erreichen, aber Glück ist dir dann nicht vergönnt.
Social Butterflys haben kein Problem mit Smalltalk oder oberflächlichen Bekanntschaften. Als Extrovertierte leben sie davon, viel zu erleben und viele Eindrücke zu sammeln. Introvertierte müssen sich anstrengen, um das mitzuhalten – auf Dauer macht das unglücklich.
Ambivertierte Menschen haben schon bessere Chancen. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob es wirklich ein gutes Ziel ist, jedermanns Typ zu sein. Auch ambivertierte Menschen brauchen ihre Pausen. Es wäre daher eine Höchstleistung, die eigenen Ruhezeiten mit extrem hohen sozialen Verpflichtungen zu verbinden.
Die Extrovertierten können durchaus zum sozialen Schmetterling werden. Denn der wichtigste Punkt ist: Machen, machen, machen. Jede Einladung wird angenommen. Du solltest nicht darüber nachdenken, ob du Lust auf eine Veranstaltung oder ein Treffen hast – du machst einfach. Mit der Zeit kannst du zwar auch mal aussortieren und Nein sagen. Doch auf dem Weg zum extremen Social Life musst du nun mal alles mitnehmen, was irgendwie geht.
Wenn du bis hierher gelesen hast, wirst du außerdem gewarnt sein: Jeden zu kennen und immer durch die Tür zu kommen, macht nicht automatisch glücklicher. Du wirst auch echte und tiefgründige Menschen und Gespräche brauchen, um dich nicht zu verlieren.
Fazit: Interessante Charaktere mit vielen Vor- und Nachteilen
Es ist für mich persönlich unvorstellbar, ständig und überall dabei zu sein. Das heißt aber nicht, dass mich das Leben als sozialer Schmetterling nie gereizt hätte. Ich glaube, das geht vielen Introvertierten so. Denn es sieht so leicht aus, wenn die anderen es machen. Sie werden nie müde, verlieren sich nie in ihren Gedanken, werden von allen begrüßt…
Aber es bringt nichts, sich gegen die eigene Natur zu wehren. Introvertierte können beliebter, selbstbewusster, sozialer und erfolgreicher werden – aber sie werden nun mal nicht extrovertiert. Bei aller Faszination für den sozialen Schmetterling muss klar sein, dass dieses Leben für viele Menschen Leid und Einsamkeit (siehe: Einsam unter Menschen) bedeutet. Es ist daher kein Wunder, dass viele Menschen, die früher überall dabei waren, mit der Zeit eher auf Achtsamkeit setzen und ruhiger werden.
Unglaublich bewegender Text und ganz tolle Sichtweisen die mir die Augen über mich selbst, viele meiner Freunde und das Leben als Mensch unter Menschen geöffnet hat!
Ich selbst wurde gerade erst als social butterfly bezeichnet weswegen ich auf diesen Artikel gestoßen bin.
Und auch wenn ich mich mit vielen Eigenschaften des sozialen Schmetterlings identifizieren kann gilt das nicht für alle.
Ich sehe mich selbst eher beim Absatz der „netten Sozialexperten“.
Trotzdem finde ich diesen Text generell als Aufklärung und auch für Toleranz, Akzeptanz und Verständnis für andere Menschen sehr wertvoll.
Mir selbst fällt es nicht immer leicht introvertierte Menschen so zu akzeptieren wie sie sind da mir lange das Verständnis dafür fehlte warum sie nicht so sind wie ich und auch nicht so sein wollen wie ich.
Finde das mit dem benennen zwar immer schwierig da man schnell Stempel aufdrückt und in Schubladen denkt aber es macht es trotzdem einfacher „dem Kind einen Namen geben zu können“.
Hi,
es freut mich, dass der Artikel gut ankommt. Er war auch eine kleine Herausforderung – aus genau den Gründen, die du nennst. Verständnis für die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen ist nicht immer leicht. Auch muss man aufpassen, dass ein Begriff nicht alles erklären soll oder kann. Im Zweifel werden Texte hier daher immer etwas länger, um wirklich viel vom Thema abzudecken und es ist zu sehr zu vereinfachen. Das Leben und die Menschen sind nun mal kompliziert 🙂
Dass ein sozialer Schmetterling selbst nun dieses positive Feedback gibt, finde ich toll! Danke.
Liebe Grüße
Jennifer