Stille aushalten und genießen lernen (Studien + Tipps)

Wir leben in einer Welt, in der Stille zunehmend zum Ausnahmezustand wird. Es ist nicht nur so, dass die meisten Menschen sie nicht mehr suchen oder genießen, sie wird in vielen Lebensbereichen sogar aktiv bekämpft.

Was dazu führt, dass wir verlernt haben, Stille zu genießen. Nicht alle von uns, aber sehr, sehr viele. Eine tragische Erkenntnis, wenn man einmal darauf schaut, wie viele Vorteile es hat, gelegentlich mal völlig ruhig zu sein oder von Ruhe umgeben zu sein, und wie einfach es ist, sie zu finden.

Inhalt:

Was ist Stille?
Wieso ist sie so schwer zu finden?
Welche Vorteile hat Stille?
Wie kann ich Stille genießen?
Zitate und Sprüche zum Thema Stille.


Was bedeutet Stille eigentlich?

Stille ist die Abwesenheit von Geräuschen. Sie kann jedoch auf verschiedene Arten beschrieben werden. Lautlosigkeit wäre ein Synonym. Im Deutschen steht das Wort still außerdem für Bewegungslosigkeit.

Für das weitere Verständnis dieses Beitrags, wäre es jedoch wohl am besten, Stille als Abwesenheit akustischer Reize zu beschreiben. Also selbst nicht reden, niemanden reden zu hören, keinen Straßenlärm wahrzunehmen, keine Musik auf den Ohren zu haben und, und, und.

warum ist stille so wichtig?

Warum ist Stille so wichtig?

Das 21. Jahrhundert hält grundsätzlich nicht viel von Stille. Ganz im Gegenteil, Lärm ist ein Dauerzustand. Er kommt nicht ausschließlich in Form von Geräuschen – es gibt auch visuellen Lärm oder die ständige Anwesenheit vieler, teilweise künstlicher, Gerüche.

Reizüberflutung ist somit vorprogrammiert in westlichen Gesellschaften. Der Grund dafür ist – unter anderem –, dass mit Reizen der Verkauf angekurbelt wird. Unternehmen wollen ihre Produkte verkaufen, Menschen Aufmerksamkeit generieren (auch: Selbstdarstellung) und Künstler ihre Werke präsentieren.

Wer lauter argumentiert, muss (leider) nicht immer die besten Argumente haben. Wenn wir einen Song mit einer Marke verbinden, denken wir jedes Mal bewusst oder unbewusst an ein Produkt, wenn der Song irgendwo läuft. Hören wir die Stimme einer geliebten Person, spüren wir eine Verbindung.

Also warum sollte jemand Stille wollen? Eine Person kann von Stille profitieren (dazu gleich mehr), doch eine Gruppe, Firma oder die Gesellschaft an sich nicht. Somit gibt es niemanden*, der uns sagt, wir sollten Stille suchen und genießen – es liegt an uns selbst, das herauszufinden.

*es gibt natürlich Ausnahmen

Und das ist schwierig. Denn wenn wir ständig Reizen ausgesetzt sind und uns eigentlich gesagt wird, dass das eine gute Sache ist, bedeutet das, dass Stille mit Aufwand verbunden ist. Ja, der Zustand der Lärmlosigkeit muss aktiv geschaffen werden. Was für eine Ironie.

stille psychologie

Wissenschaftliche Studien zum Thema Stille

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Stille verschiedene positive Wirkungen auf den Menschen hat. Was auch logisch ist, denn so gut wie jeder weiß, dass Reizüberflutung uns stresst (Heart). Im Umkehrschluss bedeutet das, wenn wir den Reiz entfernen, können wir uns entspannen und so unser Stresslevel senken. Psychologen verschreiben häufig vor Medikamenten erst einmal Ruhe.

Auch Schlaf gilt als erholsamer und wirksamer, wenn er in Stille (und Dunkelheit) durchgeführt wird. Und selten erfahren wir mehr Ruhe, als wenn wir die Welt ausschalten, weil wir träumen. Doch es geht auch umgekehrt: Meditation verbessert die Schlafqualität (Jama Network).

Regelmäßige Pausen, also das Vermeiden von Lärm und Stress, verbessert außerdem unser Gedächtnis und möglicherweise – daran wird noch geforscht – können sogar Gehirnzellen geschützt oder neu gebildet werden. Bisher wird letzteres nur in Mäusen nachgewiesen, doch einige Wissenschaftler vermuten hier einen Weg, um gegen degenerative Krankheiten wie Alzheimer vorgehen zu können.

Warum ist es so schwer, einfach mal still zu sein?

Gedanken können anstrengend und beängstigend sein. Wer ausschließlich auf die Welt reagiert, ohne sich dabei tiefergehend mit Themen zu beschäftigen, kann sich einigen Stress ersparen. Sich selbst, die eigenen Werte, die Gedankengänge, Sehnsüchte und Ängste zu erforschen, kann verdammt gruselig werden.

Manche Menschen müssen erst lernen, mit ihren Gedanken alleine zu sein. Sie suchen die Stille im ersten Schritt nicht aktiv, sie lernen erst mal nur, sie auszuhalten. Danach erst kann mit Hilfe von Übung oder der Psychologie ein Weg gefunden werden, die eigenen Gedanken und die Entspannung zu genießen. Aber das ist es wert.

mit den eigenen gedanken alleine sein

Stille ist keine neue Erfindung

Bisher könnte man vermuten, dass Stille ein großes Geheimnis wäre oder dass die Menschheit ziemlich dämlich ist, weil sie so sehr gegen etwas kämpft, was uns positiv beeinflusst. Gegen die Dämlichkeit soll an dieser Stelle nicht argumentiert werden, doch wir sollten auf keinen Fall von einem Geheimnis sprechen.

Stoische Ruhe wurde schon im Antiken Griechenland praktiziert, der Buddhismus basiert in vielerlei Hinsicht auf dem Finden und Praktizieren von Stille und laut der Bibel sollten Christen sich in Ruhe üben, um gottesfürchtig zu sein. Die hier mitklingende Kritik an unserer lauten Welt, bezieht sich außerdem vor allem auf westliche Gesellschaften. Zurückhaltung und Schweigen sind beispielsweise in einigen asiatischen Kulturen hoch angesehen.

Doch auch in Deutschland gibt es Bewegungen, die Stille als einen zentralen Punkt von Veränderung oder einem glücklichen Leben sehen. Buddhistische Weisheiten, Meditation und Minimalismus erleben nicht grundlos eine Renaissance.

Also nein, dieser Beitrag verkündet kein großes Geheimnis und maßt sich auch nicht an, die Antwort auf alle Probleme dieser Welt zu haben. Doch er möchte versuchen, dass wir häufiger über Stille reden. Oh nein, schon wieder Ironie.

still sein lernen

Tipps für ein stilleres Leben

Um ein ruhigeres Leben zu führen und die Vorteile der Stille zu genießen, reicht es nicht, nur weniger zu sprechen. Oder gar weniger zuzuhören. Wie bereits erwähnt, muss man sich heutzutage anstrengen, um still zu sein.

Zum Glück tun das bereits viele Menschen und teilen ihre Erfahrungen. Yoga und Meditation können beispielsweise sehr gezielte Arten des Schweigens sein. Aber natürlich reicht das nicht. Besonders Menschen, die in der Stadt leben, sind trotzdem permanent unter Beschallung.

Daher führt kein Weg daran vorbei, mal in die Natur zu flüchten. Wer auf dem Dorf gelebt hat oder lebt, der weiß, wie surreal der Unterschied zwischen Stadt und Land ist. Bei Nacht draußen zu sein und nichts zu hören außer vielleicht Wind oder eine zirpende Grille? Es ist tragisch zu wissen, dass es Menschen gibt, die das nie gespürt haben.

Zumal es wahrscheinlich für die meisten Menschen sehr schwierig ist, solche Momente zu finden. Daher sind alle Beispiele hier eben auch nur Vorschläge. Wie man Stille findet, ist jedem selbst überlassen. Spazieren gehen, könnte ein Weg sein, Meditation ein weiterer, ein anderer wäre, es mit Noice Cancelling Headphones zu probieren.

Aber um Ruhe zu genießen, ist so oder so wichtig, dass man sich auch Zeit nimmt. Klar sind fünf Minuten Pause an einem hektischen Tag besser als nichts. Wer aber wirklich lernen will, Stille in sein Leben zu integrieren, muss sie auch regelmäßig suchen und genießen.

Etwas zu genießen, ist jedoch nicht leicht, wenn man zwischen zwei Terminen steckt. Oder wenn man genau weiß, dass vor der Tür ein Problem wartet. Auch der Urlaub im Grünen zur Entspannung ist weniger wert, wenn es nur zwei Tage sind.

Was ist also der wichtige Tipp dieses Beitrags? Ziemlich langweilig, aber: Wer aus ruhigen Momenten keine Priorität macht, wird sie wahrscheinlich auch nie ganz genießen können. Stille sollte nicht diese Sache sein, die man gelegentlich mal „macht“, sie sollte fester Bestandteil des Lebens sein. (Wie viel Stille wir brauchen, um unserem Körper eine Auszeit zu gönnen, hängt natürlich auch davon ab, ob man introvertiert oder extrovertiert ist.)

Festzuhalten bleibt: Wir sind gar nicht darauf ausgelegt, ständig Reizen in einem solchen Ausmaß wie dem heutigen ausgesetzt zu sein. Für tausende von Jahren waren laute Dinge gleichbedeutend mit Gefahr. Große Tiere oder bedrohliche Naturphänomene waren laut. Aber doch nicht der Alltag. Also brauchen wir uns nicht wundern, dass uns Lautstärke das Leben erschwert.

stille aushalten

Sprüche und Zitate zum Thema Stille

All das Gerede in diesem Beitrag kann auch mit weniger Worten beschrieben werden – was wohl sehr passend wäre. Daher hier eine Auswahl an Sprüchen beziehungsweise Zitaten, die sich an die Stillen dieser Welt richten.

„Die größten Ereignisse in unserem Leben – das sind nicht unsre lautesten, sondern unsre stillsten Stunden.“ – Friedrich Nietzsche

„Es ist sehr wichtig zu wissen, wann man den Mund halten sollte. Man sollte keine Angst vor der Stille haben.“ – Alex Trebek

„Stille ist der Schlaf, der die Weisheit nährt.“ – Francis Bacon

„Der, der deine Stille nicht versteht, wird wahrscheinlich auch deine Worte nicht verstehen.“ – Elbert Hubbard

Stille Menschen haben die lautesten Gedanken.“ – Stephen Hawking

Ergänzungen sind wie immer erwünscht. Das ist natürlich nur eine Auswahl. Viele Künstler sehen Stille als ein wichtiges Mittel für Kreativität, es gibt also unzählige Zitate, Songs und Sprüche. Ich würde mich freuen, wenn in den Kommentaren noch ein paar hinzukommen, die ich dann gegebenenfalls auch im Artikel ergänzen kann.

Sei still und stolz

Womit wohl viele Menschen noch ein Problem haben, selbst wenn sie wissen, wie gut ihnen Stille tun kann, ist, sich auch die Erlaubnis zu geben, diese zu genießen. Denn wir sind in einer dermaßen auf Produktivität und Selbstdarstellung ausgerichteten Gesellschaft aufgewachsen, dass wir denken, Pausen, Ruhe oder Zeit für sich selbst wären schlechte Dinge.

Anzeichen für Faulheit oder Nutzlosigkeit. Dieses Denken müssen wir überwinden. Ruhe und Stille sind keine Schimpfwörter und niemand sollte sich dafür schämen, dass er die Zeit alleine oder weit weg vom Trubel genießt.


Wer wissen möchte, wie es ist, wenn man Stille liebt und gerne mit den eigenen Gedanken alleine ist, sollte diesen Artikel lesen, der tatsächlich zu den Top 3 der meistgelesenen Beiträgen auf dieser Seite gehört: Lieber allein als unter Menschen.

3 Kommentare

  1. Hallo 🙂

    ich finde deinem Blog richtig toll und danke dir, dass du deine Gedanken mit uns teilst.

    Ich liebe die Stille 💚

    Beste Grüße Anne

  2. Guten Tag,
    ich befasse mich gerade intensiver mit dem Thema Stille. Finde den Beitrag sehr gut.
    Kann ich nur unterstreichen, was ich hier so gelesen habe. Ich werde ich Stille in meinen nächsten Seminaren einsetzen, Stille, die ohne spezielle Übungen und Anleitung auskommt.

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