Unnahbarkeit ist ein großes Problem – könnte man meinen. Aber ob man unnahbar wirkt oder nicht, ist nicht immer die wichtigste Frage im Leben. Es gibt nämlich zwei Arten von distanziert wirkenden Menschen: Diejenigen, die daran etwas ändern wollen, und diejenigen, die vollends zufrieden mit ihrer Ausstrahlung sind.
Es soll im Folgenden um beide Typen gehen. Denn unnahbar, kühl oder distanziert zu wirken, wird zwar grundsätzlich von der Gesellschaft als Defizit verstanden, aber die Gesellschaft sollte nicht grundsätzlich bestimmen, wie wir uns verhalten. Somit musst Du herausfinden, warum Du unnahbar wirkst, aber auch, ob das Dein Problem oder das Problem anderer Menschen ist. Übrigens wurde im Schwesterartikel über verschlossene Menschen besprochen, warum es den Aufwand wert ist, verschlossene Menschen kennenzulernen.
Ich wirke verschlossen
Du bist wahrscheinlich aus einem von zwei Gründen hier: Jemand hat Dir gesagt, dass Du verschlossen wirkst, oder Du hast selbst festgestellt, dass Du eine unnahbare Ausstrahlung hast. Vielleicht ist auch einfach beides der Fall. Die Unterscheidung kann allerdings wichtig sein.
Denn solltest Du mit Deinem Leben zufrieden sein, dann braucht es Dich nicht weiter zu stören, dass Dich jemand als verschlossen beschreibt. Gerade dann, wenn es sich dabei um Einzelpersonen handelt, kann Dir das in den meisten Fällen am Popo vorbeigehen. Es gibt eine Million Dinge, die schlimmer sind, als unnahbar zu wirken (dazu später mehr).
Wirkst Du allerdings verschlossen, obwohl Du es nicht möchtest, dann willst Du wohl etwas ändern. Das ist nicht ganz einfach. Denn es wird schon Gründe haben, dass Du Menschen nicht auf Anhieb an Dich heranlässt. Du musst daher entscheiden, ob Du generell eine offene und freundlichere Ausstrahlung haben willst – oder aber nur einige Menschen näher heranlassen möchtest.
Eine offene Ausstrahlung entwickeln
Das ist der wohl langweiligste Teil des Artikels. Denn die Tipps sind äußerst allgemein und nicht unbedingt für jeden geeignet. Um eine fröhlichere, nettere oder sozialere Ausstrahlung zu haben, kann man nämlich einfach ein bisschen was an seinem Verhalten ändern, was keine größere Bedeutung hat.
Zum einen musst Du aufhören, die Arme zu verschränken und auf den Boden zu gucken. Das wirkt abweisend und strahlt Unsicherheit aus. Schaue den Menschen ins Gesicht, lass die Hände neben dem Körper und verstecke Dich nicht in Ecken. Lächle mehr. Starte Gespräche. Frag nach dem Wochenende eines Kollegen, unterhalte Dich mit Freunden über ein gutes Buch oder frag sogar einen Fremden nach seinen Hoffnungen, Wünschen oder Träumen.
Okay, okay, das reicht. 0815-Tipps sind wahrscheinlich nicht der Grund, warum Du hier bist. Denn weniger verschlossen zu wirken, hat erst einmal noch keinen Wert. Du wirst Dich unglaublich anstrengen müssen und Dich wahrscheinlich nicht wohlfühlen. In diesem Artikel sollst Du erfahren, wie Du nicht nur weniger verschlossen wirkst, sondern auch wirklich etwas ändern kannst, um Dich wohler zu fühlen.
Weniger verschlossen wirken
Es gibt verschiedene Gründe für Verschlossenheit. Trauma, Unglück, schlechte Laune, Introversion, Abneigung – warum Du auch verschlossen bist, es muss ja eine Ursache geben. Denn viele andere Menschen haben kein Problem damit, offen und nahbar zu wirken. Wichtig: Hör auf, Dich deshalb fertigzumachen. Das bringt nix.
Stattdessen solltest Du ein wenig Ursachenforschung betreiben und daraufhin erst Deine Strategie entwickeln. Bist Du beispielsweise introvertiert, dann stehen die Chancen gut, dass Du nicht unbedingt freundlicher oder nahbarer auf alle Menschen wirken willst, sondern nur auf bestimmte Personen. In diesem Fall solltest Du Deine Stärken ausspielen: Introvertierte haben oft ein reiches Innenleben und kreative Gedankengänge – suche also Gespräche, in denen Du genau damit glänzen kannst. Nahbarkeit ist nicht nur Grinsen und Händeschütteln – Nahbarkeit kann auch bedeuten, dass Du von Zeit zu Zeit mal richtig Eindruck hinterlässt.
Unnahbarkeit durch Schüchternheit ist schwieriger anzugehen. Denn Du erwartest wahrscheinlich, dass Du auf Ablehnung stößt, wenn Du offener wirst und mehr von Dir zeigst. Es gibt unzählige Wege, um weniger schüchtern zu sein – zu viele, um sie hier aufzuzählen. Deshalb solltest Du als allererstes an eine Sache denken: Du musst nicht der ganzen Welt gefallen. Wenige gute Freunde sind mehr wert als tausende Instagram-Follower oder der Kaffeeklatsch mit den Kollegen.
Bevor Du versuchst, weniger distanziert für alle Menschen zu wirken, solltest Du erst einmal schauen, dass die wichtigen Menschen in Deinem Leben mehr von Dir sehen dürfen. Familie, Freunde und Partner sind bereits da und kennen Dich – sich ihnen mehr zu öffnen, wird Dir zeigen, dass Ablehnung gar nicht ständig und überall wartet.
Eine unnahbare Ausstrahlung haben
Gute Nachrichten: Du musst nichts ändern. Eine unnahbare Ausstrahlung ist nichts Schlimmes. Das ist allerdings ein gut gehütetes Geheimnis. Gehst Du raus in die Welt, wird man Dir das nämlich nicht sagen. Dort ist die Devise: Je offener Du bist, umso glücklicher, besser, schöner, erfolgreicher bist Du.
Das ist gelogen. Es gibt ohne Ende Menschen, die distanziert wirken oder sind, die trotzdem erfolgreich, glücklich und schön sind. Denn was ist eigentlich das Gegenstück zu Unnahbarkeit – jedermanns Geschmack zu sein. Ist das wirklich die Lösung?
Es soll hier nicht gelogen werden: Es hat schon Nachteile, wenn man kühl oder abweisend wirkt. Aber jeder muss selbst entscheiden, ob diese Nachteile wirklich so wichtig sind, wie die Gesellschaft behauptet. Wer Freunde hat, Karriere macht und zufrieden mit seinem Leben ist, der muss doch nicht auf Teufel komm raus versuchen, sich an irgendwelche Normen anzupassen. Im Gegenteil: Unter Umständen ist die Unnahbarkeit ein Grund, warum man sein Leben genießt. Seine Ausstrahlung zu ändern, sollte immer eine bewusste Entscheidung und kein Krampf sein.
Ich wirke arrogant und abweisend
Arrogant und abweisend zu wirken, hat definitiv Nachteile. Menschen beurteilen nun mal nach dem ersten Eindruck – ist dieser ein „negativer“, dann wird man schnell in eine Box gesteckt, aus der man schwer wieder rauskommt. Das kann Folgen für persönliche Beziehungen haben, aber auch für den Job.
Im Beruf ist Vitamin B wichtig. Wer gute Kontakte hat und pflegt, der wird schneller befördert und mehr geschätzt. Schade eigentlich, dass gute Arbeit nicht ausreicht. In einigen Branchen ist eine positive Ausstrahlung sogar notwendig, um Kunden zu bedienen oder zu gewinnen. Möchte man weiter in diesem Beruf arbeiten, bleibt nichts weiter übrig, als Lächeln zu üben, die Körperhaltung zu verbessern und sich Small Talk zu widmen.
In persönlichen Beziehungen ist Verschlossenheit ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite hält man oberflächliche Beziehungen von sich fern, wenn man nicht sofort jeden an sich heranlässt. Gleichzeitig verhindert man aber unter Umständen, dass man die interessanten und wichtigen Menschen kennenlernt. Mit Lächeln und Small Talk ist das kaum zu lösen.
Tipps für mehr Nahbarkeit
Tipp Nummer 1: Verbiege Dich nicht. Ja, unter Umständen musst Du in der einen oder anderen Situation auch mal lügen, übertreiben oder Deine wahren Gedanken zurückhalten. Das sollte aber immer nur eine Momentaufnahme sein. Auf Dauer wirst Du daran kaputtgehen, wenn Du zwanghaft nett, offen oder sozial wirken willst. Deshalb musst Du (wie erwähnt) erst einmal herausfinden, warum Du nicht super offen wirkst. Dann entscheide, wie viel Du ändern musst.
Tipp Nummer 2: Spiele Deine Stärken aus. Wenn Du eine absolute Niete im Small Talk bist, dann lass den Unsinn! Nahbarkeit entsteht selten beim Gespräch über die Niederschlagswahrscheinlichkeit oder den verspäteten Zug. Sprichst Du gerne über gesellschaftliche Missstände, Deinen Lebensweg oder die Branche, in der Du arbeitest, dann nutze das! Lass Dich gar nicht auf den oberflächlichen Mist ein, sondern vertiefe so viele Gespräche wie möglich. Das wird es Dir erleichtern, ganz nebenbei auch offener zu wirken.
Tipp Nummer 3: Haushalte mit Deiner Energie. Introvertierte, neurodivergente oder anderweitig von der Norm abweichende Menschen haben es schwerer. Offenheit und Sozialkompetenzen sind oftmals etwas, was erlernt wird und nicht einfach so zufliegt. Wer da versucht, seine komplette Persönlichkeit umzukrempeln und vom unnahbaren Käfer zum sozialen Schmetterling zu werden, wird scheitern. Daher solltest Du Dir die Situationen, in denen Du offener und weniger distanziert wirken willst, ganz genau aussuchen. Mit einem (potentiellen) Partner oder dem besten Freund lohnt sich der Aufwand. Aber musst Du beim Brötchen holen wirklich eine super tolle gesellschaftsfähige Ausstrahlung haben?
Tipp Nummer 4: Unnahbarkeit kann eine Stärke sein. Wie im Artikel darüber, wie man an verschlossene Menschen herankommt, schon gesagt wurde, es lohnt sich, einen unnahbaren Menschen kennenzulernen. Gerade in einer Welt, in der viele Kontakte oberflächlicher und bedeutungsloser werden, können Freundschaften und Beziehungen an Wert gewinnen, wenn sie nicht alltäglich sind. Unter Umständen wissen Dich Menschen zu schätzen, weil Du nun mal nicht nach jedermanns Pfeife tanzt.
Tipp Nummer 5: Einfach mal ausprobieren. Ja, der Großteil dieses Artikels widmet sich den tiefergehenden Ursachen, Problemen und Lösungen. Aber Du kannst trotzdem die typischen Tipps ausprobieren. Die Arme nicht so oft vor der Brust verschränken, auch mal Augenkontakt herstellen oder von allein auf jemanden zugehen – das sind Dinge, die Du durchaus mal testen kannst. Vielleicht fällt es Dir leichter, als gedacht. Oder aber Du sagst Dir, das ist den Aufwand nicht wert. So oder so kostet es nichts, einfach mal zu gucken, ob kleine Veränderungen nicht zu mehr Nahbarkeit führen.
Fazit: Wirke ich unnahbar?
Wie wir auf andere Menschen wirken, hat großen Einfluss auf unser Leben. Dass deshalb jeder Mensch, der kühl oder distanziert wirkt, auch unglücklich und unzufrieden sein muss, ist aber Unsinn. Um weniger verschlossen zu wirken, kann man unzählige Dinge ausprobieren – aber eine komplette Persönlichkeitsveränderung ist selten die Lösung.
Denn ganz oft steckt hinter dem Bedürfnis nach mehr Offenheit eigentlich der Wunsch nach Freundschaft, Partnerschaft oder Erfolg – all das kann auf 100 verschiedene Arten erreicht werden und selten ist die Lösung, sich in ein gesellschaftliches Korsett zu zwängen, das sich unnatürlich und einengend anfühlt.