Hochsensible Kinder sind eine Herausforderung für ihre Eltern. Das lässt sich nicht von der Hand weisen. Die meisten Eltern lieben ihre Kinder und ihre sensiblere Art ohne Abstriche. Doch im Alltag können Probleme auftreten, die mit einem nicht-hochsensiblen Kind nicht zu erwarten wären.
Dazu gehört, dass nicht jedes Hobby für Hochsensible geeignet ist. Es ist verständlich, wenn Eltern ihren Kindern Hobbys trotzdem näherbringen wollen. Aber auf Zwang funktioniert das meist nicht. Im Gegenteil: Wer ein hochsensibles Kind in eine Rolle zwängt, kann möglicherweise Stress verursachen, der sich auf alle Lebensbereiche auswirkt.
Bei der Wahl von Hobbys für hochsensible Kinder und Jugendliche sollte immer die erhöhte Reizbarkeit einberechnet werden. Die Zeit im Kindergarten oder in der Schule wird bereits anstrengend genug sein, weshalb ein Hobby ausschließlich eine positive Ergänzung ohne Überreizung sein sollte.
Deshalb brauchen hochsensible Kinder die richtigen Hobbys
Idealerweise ergänzt ein Hobby das Sozialverhalten eines Kindes. Ein äußerst ruhiges hochsensibles Kind profitiert wahrscheinlich von einem Hobby, das andere Kinder miteinbezieht (z.B. Sport). Kinder, die durch die Schule bereits ausgelastet sind, brauchen hingegen einen Ausgleich. Ein ruhigeres Hobby (z.B. handwerkliche Arbeiten) passt also gut. Die folgende Liste beginnt bei den Einzelhobbys und endet bei Gruppentätigkeiten.
- Lesen
Hochsensible Kinder haben ein reiches Innenleben. Dieses kann gefördert werden, indem viel gelesen wird. Lesen wirkt sich positiv auf die Entwicklung junger Gehirne aus. Ein gutes Textverständnis hilft in der Schule und stärkt auch die eigenen Schreibfähigkeiten.
Hinzu kommt, dass Lesen ideal ist, um Energie zu tanken. Da HSPs ihre Ruhephasen brauchen, können diese gleich mit einem Hobby verbunden werden. Eltern können ihren Kindern deutlich zeigen, dass sie Lesen als Hobby fördern. Zum Beispiel kann eine Leseecke eingerichtet werden. Oder aber man geht gemeinsam in die Bibliothek.
- Computer spielen
Lange galten Computerspiele eher als ein dreckiges, nicht erstrebenswertes Hobby. Kinder würden dadurch zu wenig rausgehen und kaum noch Freunde haben. Mittlerweile ist klar: Regelmäßiges Computerspielen kann dem Gehirn zuträglich sein.
Für hochsensible Kinder, die von Überreizung betroffen sind, ist das Zocken eine ideale Ablenkung. Moderne Computerspiele sind anspruchsvoll und kreativ – somit werden die Kinder gefordert, während sie gleichzeitig nur eine begrenzte Anzahl an Eindrücken aufnehmen und daher nicht überfordert sind.
- Musik machen
Viele hochsensible Menschen sind äußerst kreativ. Diese Kreativität sollte ausgelebt werden. Musik zu machen, ist eine Option. Im Idealfall darf ein Kind alle möglichen Instrumente einmal ausprobieren, bevor es sich für eines entscheiden muss.
Anschließend kann Musik als Hobby entweder allein ausgeübt werden oder im Orchester. Manche Hochsensiblen gründen auch eine eigene Band. So oder so ist Musik machen ein sehr aktives Hobby, das motorische Fähigkeiten fördert.
- Sprachen lernen
Kinder wollen lernen. Da das Schulsystem allerdings nicht auf hochsensible oder anderweitig von der Norm abweichende Kinder vorbereitet ist, wirkt es manchmal so, als wollten Kinder nichts Neues lernen. Der Wissensdurst wird unterdrückt und nicht gestillt.
Sprachen sind eine Möglichkeit, um Kindern das Lernen zu ermöglichen, ohne sie unter Druck zu setzen. In der Schule sind Tests immer Stresssituationen. Sprachen lassen sich jedoch auch spielerisch oder nebenbei lernen. Filme und Serien in einer anderen Sprache zu gucken, hilft vielen Kindern – und Erwachsenen. Auch Apps und Computerspiele vermitteln Sprache viel einfacher und natürlicher.
- Fotografie
Kinder und Jugendliche scheinen heutzutage ständig Fotos zu machen. Ein Selfie hier, ein TikTok-Video da – einfach immer ist das Smartphone bereit, einen Moment festzuhalten. Doch das hat nicht viel mit Fotografie zu tun.
Fotografie ist nämlich ein Handwerk. Somit gibt es viel zu lernen. Hochsensible Kinder, die ihre Ruhe brauchen, können mit einer Kamera in der Hand stundenlang die Welt erforschen und experimentieren. Hinzu kommt, dass Fotografie und Bildbearbeitung in vielen Berufen Grundvoraussetzungen sind – somit kann aus dem Hobby auch eine relevante Fähigkeit für die Zukunft werden.
- Malen & Zeichnen
Die kreative Art von Hochsensiblen zu stärken, ist immer eine gute Idee. Das geht manchmal so leicht, dass es lächerlich ist. Denn schon mit Stift und Papier sind viele hochsensible Kinder zufrieden. Malen und Zeichnen sind sehr beliebte Hobbys für HSPs.
Wie man ein Kind dabei unterstützt, hängt davon ab, wie intensiv es das Hobby verfolgt. Manche werden spezielle Pinsel oder eine Leinwand brauchen. Andere arbeiten mit Software und Tablet. Über viele Stunden hinweg können HSPs in ihre Projekte vertieft sein, was Entspannung für die Kinder und die Eltern bedeutet.
- Handwerkliche Tätigkeiten
Es tut vielen Kindern gut, wenn sie aktiv an etwas arbeiten können. Deshalb sind handwerkliche Tätigkeiten auch ein gutes Hobby. Vogelhäuschen entwerfen, im Garten etwas bauen, Spielzeuge selber basteln – all das und mehr ist möglich.
Es gibt Kurse für Kinder, in denen sie die Grundlagen lernen. Manchmal ist es aber besser, sich selbst einzubringen. Basteln und Bauen kann eine gute Möglichkeit sein, um Zeit mit dem hochsensiblen Kind zu verbringen. Am Ende eines jeden Projekts gibt es ein greifbares Ergebnis, was sehr motivierend wirken kann.
- Sammeln
Viele große und kleine Hochsensible sammeln gerne Dinge. Hochsensible Kinder sind bekannt dafür, Stein oder Stöcke auf Spaziergängen mitzunehmen. Auch Muscheln, Scherben oder Kastanien sind beliebte Sammelobjekte.
Es gibt viele Sammelleidenschaften, die für HSPs reizbar sind. Karten, Bücher, Aufkleber, Plüschtiere, Autogramme, Puppen – die Liste könnte ewig fortgesetzt werden. Nicht jeder wird die spezifische Sammelleidenschaft des Kindes verstehen. Fördern sollte man sie trotzdem. Oftmals erwachsen daraus auch ganz nebenbei online und im echten Leben neue Sozialkontakte.
- Meditation & Yoga
Es wirkt zunächst ungewöhnlich, Kinder zum Yoga oder zum Meditieren zu schicken. Doch einige Hochsensible sind schon in jungen Jahren sehr empfänglich dafür. Gerade dann, wenn ein hochsensibles Kind in einem lauten und chaotischen Haushalt aufwächst, sind Ausgleichsoptionen wichtig.
Somit tut die Auszeit richtig gut. Außerdem sind Yoga und Meditation Bewältigungsstrategien für Stress, die das ganze Leben lang hilfreich sein können. Geführte Meditation und Yogakurse gibt es in den meisten Städten für verschiedene Altersgruppen. Sollte sich auf Anhieb kein Kurs für Kinder finden lassen, kann es sich lohnen, einfach mal bei verschiedenen Anbietern nachzufragen, ob nicht eine Lösung zu finden ist.
- Sport für zwei Personen
Sport ist wichtig für hochsensible Kinder. Bewegung kann Stresssymptome minimieren und guten Schlaf ermöglichen. Sofern ein Kind also nicht von Natur aus selbst viel in Bewegung ist (z.B. ständig spazieren geht oder auch allein spielt), sollte ein sportliches Hobby in Erwägung gezogen werden.
Um nicht sofort neue Überforderung zu schaffen, kann Sport für zwei Personen ins Auge gefasst werden. Tennis, Tischtennis und Badminton gehören zu den Klassikern. Natürlich können aber auch andere Sportarten zu zweit ausgeübt werden. Schwimmen, Joggen, Fahrradfahren und mehr sind um eine oder mehrere Personen erweiterbar.
- Tanzkurse
Zu den sportlichen Hobbys für Hochsensible gehört das Tanzen. Einige Tanzkurse sind für jeden offen und jeder lernt die Bewegungen für sich. Aber auch Partnertänze sind möglich. Hier gilt wieder: Auf das Kind hören. Manche HSPs mögen keinen Körperkontakt und Tanzen mit einem Partner könnte problematisch sein.
Wieder andere brauchen jemanden, der ihre Aufmerksamkeit hält – dann sind Partnertänze genau richtig. Es ist nicht ungewöhnlich, dass hochsensible Kinder erst einmal herausfinden müssen, was ihnen guttut und was nicht.
- Wandern
Wandern ist eines der beliebtesten Hobbys für Hochsensible. Das liegt daran, dass sich viele HSPs dieses Hobby einst unbewusst gesucht haben. Natur tut hochsensiblen Menschen sehr gut und bei langen Spaziergängen werden die Energietanks wieder aufgefüllt.
Wer sein Kind unterstützen möchte, kann das Wandern fördern. Für jüngere Kinder muss definitiv eine Gruppenlösung gefunden werden, um längere Touren zu realisieren. Entweder wird daraus eine Familiensache gemacht oder es wird nach Wandergruppen in der Nähe geschaut. Der große Vorteil dieses Hobbys ist, dass es flexibel allein oder mit Menschen durchgeführt werden kann. Da Hochsensible oft phasenweise überreizt sind, ist das sehr praktisch, um auf die Bedürfnisse zu reagieren.
- Klettern
In den meisten Städten gibt es mittlerweile Kletterwände. An diesen Wänden fühlen sich viele hochsensible Kinder sehr wohl. Denn sie betätigen sich körperlich, haben Kontakt zu anderen, aber machen trotzdem ihr eigenes Ding.
Die Fortschritte, die sowohl direkt als auch langfristig zu spüren sind, wirken extrem motivierend auf viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Aus einer Kletterwand können später auch Kletter-Touren in den Bergen werden. Ausdauer und Muskeln werden gleichermaßen trainiert und viele HSPs bleiben über viele Jahre an diesem Hobby hängen.
Tipps für erwachsene Hochsensible
Es muss noch einmal betont werden, dass das ideale Hobby immer vom Individuum abhängt. Auf dieser Liste könnten auch 1000 Hobbys stehen und doch wäre es möglich, dass nicht das richtige dabei ist. Aber der Tenor ist klar: Hochsensible Kinder können nicht einfach in typische Hobbys geworfen werden, ohne zu riskieren, dass das Hobby mehr belastet als begeistert.
Das gilt übrigens nicht nur für Kinder. Auch erwachsene Hochsensible widmen sich oftmals Hobbys, die ihnen nicht wirklich guttun. Denn Bedürfnisse ändern sich. Neben dem Beruf oder dem Familienleben noch ein stressiges Hobby anzunehmen, nur weil es schon seit Jahrzehnten betrieben wird, ist nicht sinnvoll. Auch ein Hobby zu starten, weil es gerade im Trend liegt, lässt mangelnde Weitsicht vermuten. Lieber sollte genau hingeschaut werden, was dauerhaft Freude und Zufriedenheit bringt.
Liebe Leser,
dieser durchdachte Artikel von Jennifer zum Thema Hochsensibilität spricht Bände.
In diesem Bereich ist viel Empathie gefragt, um exakt herausfiltern zu können, wie man hochsensible Kinder fördern kann – ohne sie zu überfordern.
Der entscheidende Grundgedanke ist hierbei, sich selbst als Individuum (z.B. Elternteil) zu reflektieren, dies ermöglicht eine wertfreie Sicht auf die Bedürfnisse und Charakterzüge eines hochsensiblen Kindes.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, hochsensibel zu sein gilt noch heute als „Makel“.
Hochsensible Kinder sollten darin bestärkt werden, dass sie gut sind, wie sie sind, indem man ihre Charakterzüge anerkennt und diese differenziert fördert – anstatt zu überfordern.
Für weitere gehaltvolle Informationen und Lösungsansätze zu diesem Thema, verweise ich auf das Buch „Introvertierte Weltveränderer – moderne Probleme – introvertierte Lösungen“ (4.1. Kindheit und Erziehung) von Jennifer!