Heimweh schon vor dem Urlaub: Tipps und Akzeptanz

Heimweh zu haben, gilt als Schwäche. Es dann auch schon vor einer Reise zu spüren, ist geradezu absurd. Doch mit diesem Stigma sollte endlich aufgeräumt werden, denn Heimweh zu haben, bedeutet immer, dass Du etwas hast, zu dem Du zurückkehren möchtest. Warum sollte das eine schlechte Sache sein?

Doch es stimmt schon, es ist ein komisches Gefühl, wenn Du noch nicht einmal losgeflogen bist und bereits weißt, dass Du einen Teil Deiner Reise mit Heimweh verbringen wirst. Kannst Du dagegen etwas tun? Ja.

Woher kommt das Heimweh vor einer Reise?

Heimweh kann verschiedenste Ursachen haben. Dass wir es spüren, wenn der Urlaub oder die Reise noch gar nicht angefangen haben, bedeutet, dass wir schon sehr gut einschätzen können, wie wir sind und was wir brauchen.

Denn Reisen ist aufregend. Zu Hause wissen wir, wo alles liegt, wie unser Tagesablauf aussieht und wen wir anrufen, wenn etwas schief geht. Sind wir allerdings unterwegs, fehlen viele dieser Sicherheiten und Routinen.

Das ist natürlich Stress. Nur sagt das kaum jemand, denn Urlaub und Reisen sind ja schließlich die tollsten Sachen der Welt und nichts daran könnte jemals schlecht sein, nicht wahr? So wird es dargestellt, doch so ist es nicht.

Klar bei einem 1-wöchigen Urlaub im Clubhotel am Strand gibt es nicht viel, was uns in Stress versetzt. Aber längere Reisen oder Fernreisen sind nun mal Brüche in unserer Routine. Das darf dann schon mal aufregend sein und dann darf man auch mal wünschen, dass alles wieder nach Plan verläuft – wir sehnen uns also nach dem, was uns vertraut ist und das ist unsere Heimat. Heimweh entsteht.

Das kann der Wunsch nach unserer eigenen Wohnung, unserem Tagesablauf, aber auch nach bestimmten Menschen sein. Wissen wir schon, was uns im Leben am Wichtigsten ist, dann wissen wir bereits, dass wir es vermissen werden und so entsteht Heimweh noch vor der Abreise.

Warum das eigentlich eine unglaublich tolle Sache ist, wird gleich noch erklärt. Vorher aber ein paar Tipps, die dabei helfen, das Heimweh zu bändigen, ohne es als etwas Schlechtes zu sehen.

sehnsucht nach zu hause

Tipps gegen Heimweh

Zu viel Heimweh kann die Reise verderben. Statt sich auf neue Erfahrungen einzulassen, denkt man ständig nur daran, was einem gerade fehlt. Das ist nicht Sinn und Zweck der Übung. Entwickelt man das Heimweh dann sogar vor der Reise, verliert man vielleicht die Lust, überhaupt loszufliegen oder loszufahren.

Da die meisten Reisen ein Enddatum besitzen, sollten wir uns dieses als erstes in Erinnerung rufen. Denn zum einen geht die Zeit vorüber. Die Wenigsten reisen für 10 Jahre oder länger. Meist geht es um ein paar Wochen bis zu einem Jahr. Die Unsicherheiten, die mit Heimatlosigkeit einhergehen, sind also temporär.

Und damit steht uns auch wenig Zeit zur Verfügung, um etwas zu erleben. Statt sich darauf zu konzentrieren, was einem gerade fehlt, sollte man daran denken, was man später zu erzählen haben wird.

Damit das funktioniert, müssen wir uns aber auch trauen und auf die Neuheiten freuen. Dass wir Heimweh haben, heißt ja, dass es einen Ort gibt, an den wir zurückkehren können – daraus sollten wir Sicherheit ziehen, um uns woanders mehr zu trauen.

Es hilft, wenn wir uns in Erinnerung rufen, warum wir die Reise unternehmen. Zur Entspannung, zur Persönlichkeitsentwicklung oder um etwas Neues zu lernen. Manch einer braucht diese Motivation gar nicht, er oder sie genießt das Reisen um des Reisens willen. Wieder andere müssen ein Ziel vor Augen haben. Beides ist okay. Hauptsache es hilft gegen das Heimweh.

Routinen sind eine tolle Möglichkeit, um nicht überwältigt zu werden. Viele denken, sie müssten auf Reisen alles komplett anders machen als zu Hause. Dass das für die meisten ein viel zu großer Schock ist, bedenken wiederum die Wenigsten.

Wir dürfen durchaus auch unterwegs auf unsere Morgenroutine aus Strecken, Recken, Kaffee und Musik bestehen. Oder uns Zeit für unsere Lieblingsserie nehmen. Und ja, auch unser Kuscheltier darf mitreisen, wenn es für uns ein bisschen Heimat bedeutet. Es erinnert uns daran, dass noch etwas auf uns wartet und wir nur für eine gewissen Zeit unterwegs sind – also sollten wir das Beste daraus machen, ohne gleich alles komplett über den Haufen zu werfen.

Auch Anrufe in der Heimat sollten nicht fehlen. Manch einer bekommt mehr Heimweh, wenn er zu Hause anruft, ein anderer gar keines. Da findet jeder seinen eigenen Weg. Nur sollten wir uns niemals dafür schämen, dass wir auch am anderen Ende der Welt noch an unseren Partner, unsere Freunde oder unsere Familie denken.

Heimweh ist eine gute Sache

Wie kann man denn Heimweh haben, wenn man gerade eine Wanderung durch die Alpen macht, im Pazifik schwimmt oder vor einer Pyramide steht? Das ist doch voll doof, oder?

So denken wir. Wenn wir reisen, müssen wir zu 100 Prozent daran glauben, dass jeder Tag der beste unseres Lebens ist. So machen es die Influencer auf Instagram und so zeigen es die Broschüren der Reiseunternehmen.

News Flash: Die wollen uns alle etwas verkaufen. Den Glauben daran, dass Reisen die einzige Antwort auf die Unzufriedenheiten des Lebens ist. Und hey, das hier ist ein Blog zum Thema Wanderlust, also ja, unterwegs sein, ist die Antwort auf viele Fragen.

Aber eben nicht auf alle. Und wer Heimweh verspürt, der hat etwas, was er vermissen kann. Das ist toll! Das heißt nämlich, dass Reisen doch nicht nur dazu dient, vor etwas wegzulaufen oder das Leben zu perfektionieren.

Das Stigma, dass Heimweh etwas Schlechtes sei oder gar von Schwäche zeugt, muss endlich abgelegt werden. Heimweh ist ein Verlangen nach Menschen, Routinen oder sogar uns selbst. Wir sollten immer sehen, dass es uns nicht lähmt, doch es zu spüren darf uns auch nicht mit Selbsthass oder Scham erfüllen.

Wer Reisen will, muss Heimweh bändigen. Doch wer nicht gerade als Nomade leben möchte, der sollte sich sein Heimweh auch bewahren. Denn dort, wo etwas vermisst wird, gibt es etwas, was uns Freude und/oder Frieden bringt.

heimweh ist gut

Persönliche Anmerkung:

Sollte ich jemals für längere Zeit unterwegs sein, ohne meine Heimat zu vermissen, wäre ich ernsthaft schockiert. Und nein, ich meine nicht, dass ich jeden Tag wünsche, endlich wieder im grauen Alltag zu landen. Aber mich nach Ruhe und vertrauten Personen zu sehnen, wird für mich nie etwas Schlechtes sein. Es wäre für mich viel schlimmer, wenn ich nichts und niemanden hätte, den ich vermisse.

Auch interessant zu diesem Thema: Erfahrungsberichte von Menschen, die alle Zelten abgebrochen haben und einfach losgereist sind. 

4 Kommentare

  1. Hallo, Jennifer-
    ich bin eben auf deinen blog gestoßen und finde ihn höchst interessant, danke dafür!
    Ich hab im Urlaub meist schon nach ein paar Tagen Heimweh, und ich denke, wenn man sich nicht wenigstens freut, wieder nach Hause zu kommen, kann man sich doch mal fragen, was denn am eigenen Alltag so falsch eingerichtet ist, dass man da so gar nicht hin will. Aber diese Einstellung kann ich erst seit wenigen Jahren laut vertreten, vorher habe ich mich leicht von den „Verkäufern“ einschüchtern lassen. Also danke auch für die Bestätigung, die ich hier gerade gelesen habe.
    Gruß aus der Nordheide, Anette

    • Moin, Heimweh sollte echt nicht so negativ gesehen werden. Solange es uns nicht vor neuen Erfahrungen komplett abhält, ist es – wie du sagst – doch einfach nur ein gutes Zeichen dafür, dass wir uns einen Alltag/ein Zuhause aufgebaut haben, den/das wir lieben. Liebe Grüße und lass dich nicht beirren!

  2. Hallo Jennifer
    Ich bin gerade auf deine Seite gestoßen, weil ich im Urlaub und nach Lösungen suche. Es ist so…ich liebe die Ostsee und bin mit meinem Mann, unserer Jüngsten und unserer Golden Retriever Hündin hier im Urlaub. Meine älteste Tochter, ihr Freund und auch meine Eltern, haben uns dieses Mal in unser Lieblingshotel begleitet. Leider mussten sie berufsbedingt heute am Feiertag wieder zurück nach Mönchengladbach. Wir hatten alle zusammen eine sehr schöne Zeit. Seitdem sie jetzt abgefahren sind, geht es mir schlecht. Druck auf der Brust, Kloß im Hals und weine, wenn ich es zulasse. Mein Mann sagt, wir fahren gerne morgen nach Hause, anstatt wie geplant zu bleiben bis Freitag. Das möchte ich nicht. Ich bin erschrocken über diese Körperlichen Merkmale. Ist das Heimweh? Liebe Grüße Vanessa 

    • Hey Vanessa,

      das kann ich leider aus der Entfernung (obwohl ihr ja in „meinem“ Bundesland unterwegs seid), nicht wirklich einschätzen. Aber ich höre raus, dass du diese negativen Gefühle unbedingt abwehren willst. Vielleicht ist es dir peinlich, dass du dich so fühlst? Oder bist du wütend? Ich kenne das sehr gut. Lass es einfach mal raus. Heul ruhig, ärgere dich, spiele alle Optionen durch – ob bleiben, früher fahren oder irgendwas dazwischen. Wenn dein Mann sagt, es ist okay, wenn ihr eher fahrt, hast du doch gar keinen Druck, der nicht von dir selbst kommt.

      Es gibt so viele Gründe dafür, dass wir plötzlich einen Stimmungsumschwung erleben. Sich dagegen mit allen Mitteln zu wehren, hilft aber eigentlich nie. Lass es einmal richtig über dich kommen und schaue dann, wie es dir geht. Und solltest du morgen immer noch neben der Spur sein, ja, dann ist das so. Wir sind keine Maschinen. Vielleicht ist es Heimweh. Vielleicht was anderes. So oder so geht es dir nicht gut – das ist erlaubt, das ist ärgerlich, aber das ist auch menschlich 🙂

      Liebe Grüße
      Jennifer

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