Für einige Menschen ist es völlig normal, dass sie die Konsequenzen ihrer Handlungen bedenken. Beim Autofahren blinken sie, um anderen rechtzeitig zu zeigen, wohin sie fahren werden. In der Bahn stehen sie auf, wenn jemand mit körperlichen Einschränkungen einen Platz sucht. Sie sagen nicht immer, was sie denken – damit sie niemanden unnötigerweise verletzen.
Diese Menschen nennt man rücksichtsvoll. Ihr Gegenstück sind die rücksichtslosen Menschen. Sie kümmern sich nicht darum, was anderen passiert. Das ist noch etwas zu allgemein formuliert, weshalb im Folgenden einmal genauer aufgezeigt wird, was rücksichtsloses Verhalten ist. Neben den Ursachen wird auch behandelt, wie man mit Rücksichtslosigkeit umgehen kann.
Was ist rücksichtsloses Verhalten?
Menschen, die keine Rücksicht nehmen, denken entweder nicht an die Folgen ihres Handelns oder es ist ihnen schlicht egal. Die Unterscheidung ist nicht unwichtig. Denn unabsichtlich rücksichtslose Menschen können nach einem Hinweis oftmals ihr Verhalten ändern. Absichtliche Rücksichtslosigkeit lässt das nicht zu. Manchmal schlägt sie sogar in Hinterhältigkeit um.
Typische Beispiele für rücksichtsloses Verhalten:
- Ungefragt Aussagen treffen, die andere verletzen.
- Regeln zum Nachteil anderer missachten.
- Sich einen unfairen Vorteil verschaffen.
- Leben und Gesundheit anderer riskieren (z.B. beim Autofahren am Handy spielen).
- Auf Kosten anderer Menschen leben.
Um sich rücksichtslos zu verhalten, muss nicht unbedingt ein Schaden entstehen. Häufig ist das allerdings der Fall. Zum Beispiel, wenn die Gefühle eines Menschen verletzt werden, weil man achtlos über jemanden herzieht oder passiv-aggressive Kommentare abgibt. Aber auch wenn nicht direkt etwas passiert, kann Rücksichtslosigkeit vorliegen. Beim Autofahren mit dem Handy spielen heißt, dass man die Chance auf einen Unfall und somit einen Schaden für andere erhöht.
Menschen, die keine Rücksicht nehmen
Es klang bereits an: Nicht alle rücksichtslosen Menschen sind gleich. Es kann sogar argumentiert werden, dass jeder Mensch von Zeit zu Zeit mal rücksichtsloses Verhalten zeigt. Niemand kann das vollständig ausschließen. Allerdings sind empathische, hochsensible und introvertierte Personen gemeinhin schlechter darin, ihr Leben ohne einen Gedanken an die Konsequenzen zu führen. Trotzdem: Jeder Mensch kann rücksichtslos sein. Ob absichtlich oder nicht, macht einen großen Unterschied!
Unabsichtlich rücksichtlos sein
Bedenkenloses Handeln ist weit verbreitet. Das liegt unter anderem daran, dass Rücksicht nehmen anstrengend ist. Viele Verhaltensweisen erlernen wir im Kindesalter und werden sie anschließend nicht mehr los – weil wir gar nicht weiter darüber nachdenken. Bis der Hinweis darauf kommt, dass etwas rücksichtslos ist, wird also so weiter gemacht.
Aufgegriffen wird an dieser Stelle noch mal das Thema Straßenverkehr. Wer den Blinker weglässt, weil vor, neben und hinter ihm weit und breit kein Auto zu sehen ist, tut das mit gutem Gewissen. Was vielen jedoch dabei nicht auffallen würde, wären Fußgänger, die einige Meter entfernt genau schauen, ob das Auto blinkt oder nicht. Wer keinen Blinker sieht, muss beispielsweise warten – nur um dann zuzusehen, wie das Auto ja doch abbiegt. Ist das das Ende der Welt? Natürlich nicht. Aber der Fahrer hat sich gegenüber dem Fußgänger trotzdem rücksichtslos gezeigt. Wahrscheinlich ganz ohne schlechtes Gewissen, denn er hat den Fußgänger ja nicht bemerkt oder sieht das Problem nicht.
Das Problem mit der unabsichtlichen Rücksichtslosigkeit ist, dass sie gerne als Ausrede genutzt wird. Viele Menschen weigern sich, darüber nachzudenken, was ihre Handlungen bei anderen bewirken. Das Lästern über die Kollegin ist ja nicht so schlimm, wenn sie es nicht hört, richtig? Und wenn doch, naja, das war ja nicht mit Absicht! Verhält sich ein Mensch in vielen Situationen hemmungslos, egoistisch oder unverschämt, dann ist Ahnungslosigkeit keine Entschuldigung mehr.
Absichtlich rücksichtslos sein
Manche Menschen geben einen feuchten Furz auf andere. Sie sind die Hauptdarsteller ihres Lebens und alle anderen sind nur Komparsen. Also was interessiert es sie, wenn sie etwas sagen oder tun, was anderen schadet und ihnen selbst hilft? So spielt das Leben nun mal!
Leider gibt es wirklich viele Menschen, die bereit sind, über Leichen zu gehen. Wenn sie die Chance sehen, sich einen Vorteil zu verschaffen, dann nutzen sie diese auch. Oder schlimmer noch: Sie profitieren gar nicht direkt von ihrem schlechten Verhalten, sondern haben einfach Spaß daran, wenn es anderen schlecht geht.
Häufig sind sie gleichzeitig extrem fordernd ihrer Umwelt gegenüber. Ihnen würde Aufmerksamkeit zustehen und Leistung dürfen sie von allen anderen verlangen. Fordernde Persönlichkeiten finden sich oft in Führungspositionen wieder, wo sie nicht gerade die beliebtesten Chefs sind, da sie viel reden und wenig leisten.
Wer absichtlich rücksichtslos ist, ist auch automatisch asozial. Denn Gemeinschaften funktionieren nicht, wenn jeder nur an sich denkt oder anderen sogar aktiv schadet. Deshalb werden Menschen dieser Art auch als toxisch bezeichnet – sie vergiften ihr Umfeld und die Gemeinschaft mit ihrem Tun.
Nimmt Rücksichtlosigkeit zu?
Da sich Rücksichtslosigkeit nicht objektiv messen lässt, kann nicht einfach behauptet werden, sie würde zunehmen. Allerdings zeigen Studien, dass die gefühlte Rücksichtslosigkeit durchaus zunimmt – im Straßenverkehr, unter Jugendlichen und in Bezug auf gesellschaftliche Auseinandersetzungen.
An dieser Stelle soll dieses Gefühl auch niemandem abgesprochen werden. Wer egoistisches Verhalten erlebt, der darf darüber enttäuscht oder empört sein. Allerdings sollte auch gewarnt werden. Denn eine Verzerrung der tatsächlichen Situation ist jederzeit möglich.
Durch das Internet nehmen wir viel mehr Missstände wahr als früher. Somit automatisch auch mehr Rücksichtslosigkeit. Durch hitzige Diskussionen werden häufiger Gräben gezogen, die vorher vielleicht verborgen geblieben wären. Typisches Beispiel dafür sind die Verfehlungen junger Menschen. Urteile über „die Jugend von heute“ gab es schon immer und sie waren schon immer äußerst schwach. Denn die nachfolgenden Generationen sind nun mal nicht im Vakuum entstanden, sondern durch die Erziehung ihrer Vorgänger.
Das Wort Ellenbogengesellschaft wurde bereits 1982 zum Wort des Jahres gewählt. Sind wir seitdem mehr oder weniger rücksichtslos geworden? Einerseits erkennen viele Menschen die Bedeutung von Klima- und Umweltschutz, um die kommenden Generationen zu schützen. Andererseits sind Drohungen und Beleidigung im Internet allgegenwärtig.
Bevor es um den Umgang mit Rücksichtslosigkeit geht, hier meine Meinung zur Hauptursache dafür, dass Rücksicht (gefühlt) seltener wird: Wir sind hemmungslos überfordert. Die Welt ist komplexer, als wir uns je hätten vorstellen können. Und wir wissen einfach nicht mehr genau, wie man in einer solchen Welt ein guter Mensch sein kann. (Übrigens widme ich diesem Thema mehrere Kapitel im Buch Introvertierte Weltveränderer.)
Wie mit rücksichtslosen Menschen umgehen?
Die erste Reaktion auf Rücksichtslosigkeit ist meist extrem emotional. Wie genau sie aussieht, ist unterschiedlich. Einige Menschen werden richtig wütend. Andere sind enttäuscht und traurig. Wieder andere weinen. Manche schreiben sich den Frust von der Seele.
Manchmal führt kein Weg daran vorbei, den Umgang mit rücksichtslosen Menschen zu lernen. Denn sie begegnen uns nun mal immer wieder, ob wir nun wollen oder nicht. Leichter gesagt, als getan, nicht wahr?
Rücksichtslosigkeit ansprechen
Der erste Schritt sollte immer sein, auf das Problem hinzuweisen. Je ruhiger und besonnener dies geschieht, umso höher sind die Chancen, dass beim Gegenüber ein Umdenken stattfinden wird. Denn wie bereits angesprochen wurde, gibt es viele Menschen, die nicht merken, dass sie rücksichtslos sind.
Das Problem dabei ist, dass wir als Spezies nicht dafür bekannt sind, gut mit Kritik umzugehen. Quatscht also jemand laut auf Arbeit, hält sich nicht an die Nachtruhe oder benutzt herabwürdigende Sprache, dann gibt es viele Aussagen, die eher auf Gegenwehr stoßen werden.
Kontraproduktive Aussagen:
- Du bist ein schlechter Mensch, weil du das tust.
- Du interessierst dich gar nicht für andere.
- Du denkst immer nur an dich selbst.
- Das machst du doch mit Absicht.
Sinnvoller ist es, erst einmal vom Bestfall auszugehen: Alle rücksichtslosen Menschen müssen nur nett darauf hingewiesen werden, dass sie nicht genug an die Konsequenzen ihrer Handlungen denken.
Jemanden auf sein rücksichtsloses Verhalten hinweisen:
- Möglicherweise vergisst du, wie es anderen Menschen damit geht.
- Hast du schon mal überlegt, das anders zu formulieren?
- Was du sagst und was du tust, passt nicht so recht zusammen.
- Wie würde es dir gehen, wenn jemand so mit dir umgeht?
Wenn du jetzt glaubst, dass ich die Welt ein wenig zu kunterbunt und schön male, dann … hast du einfach recht. Die netten Hinweise werden bei vielen Menschen auf taube Ohren stoßen. Aber wir wollen es ja besser machen. Also sollte erst einmal vermutet werden, dass mit ein wenig Aufklärung und Empathie ein positiver Wandel möglich ist.
Gemeinen Menschen die Stirn bieten
Hast du selbst Ruhe bewahrt und einen Missstand angesprochen, dann hast du deinen Job getan. Kommt als Gegenreaktion Wut, Gelächter oder gar ein noch schlimmeres Verhalten zum Vorschein, dann darfst du richtig loslegen.
Absichtliche Rücksichtslosigkeit ist eine niedere und widerwärtige Eigenschaft, die Freundschaften, Familien und Gemeinschaften zerstört. Du musst dafür Null Komma Null Verständnis aufbringen, wenn es jemand übertreibt. Du kannst diesen Personen sagen, dass sie asozial sind. Oder aber du verwendest Worte wie Arschgeige, Egoist, Penner, Mistkerl, blöde Kuh, …
Abstand von rücksichtslosen Menschen nehmen
Leider, leider ist es nicht möglich, gemeine Menschen durch harte Worte zu vertreiben. Die Chancen stehen gut, dass es nur eine Möglichkeit gibt, rücksichtslose Menschen wirklich loszuwerden: Sie müssen verschwinden.
Nein, nicht mit Schaufel und schwarzem Müllsack. Also gut, ja, das wäre halt schon irgendwie eine Lösung. Aber nicht die, die hier propagiert werden soll. Stattdessen musst du andere Wege finden, weniger Zeit mit solchen Personen zu verbringen.
Jobwechsel, Beziehungsende, Freundschaftsabbruch, aktives Vermeiden im Hausflur – all das sind legitime Mittel, um sich selbst zu schützen. Wenn jemand nicht zur Einsicht bereit ist, wird er wieder und wieder auf dir herumtrampeln. Das hast du nicht verdient. Also lauf!
Rücksichtsvolle Kontakte fördern
Laute rücksichtslose Menschen sind nervig und anstrengend. Empathische rücksichtsvolle Menschen sind wiederum ein Segen. Somit ist einer der wichtigsten Tipps für den Umgang mit rücksichtslosen Menschen, dass man sie vertreibt und die Zeit denen widmet, die einem guttun.
Bei all der Wut darüber, dass es Menschen gibt, die sich einen Dreck um andere scheren, darf man nicht in Hoffnungslosigkeit verfallen. Stattdessen sollten die Menschen mehr Aufmerksamkeit bekommen, die es besser machen. Das gilt für Kollegen, Freunde, Prominente, Fremde und Familienmitglieder.
Deshalb ist Rücksichtslosigkeit so belastend
Eine Frage plagt viele Menschen: Wieso macht mich das eigentlich so fertig? Theoretisch sollte das Verhalten anderer Menschen nicht so sehr an uns nagen. Gerade dann, wenn es um Fremde oder lockere Bekanntschaften geht. Doch manch einer geht fast daran kaputt, wie ungerecht die Welt ist.
Manche Menschen haben von Natur aus einen stärkeren Gerechtigkeitssinn. Vielen hochsensiblen Menschen geht es so. Auch Introvertierte neigen dazu. Denn sie beobachten viel, haben ein reiches Innenleben und sind häufig sogar noch empathisch – eine Kombi, die kaum zulässt, dass man andere wie Fußmatten behandelt. Logischerweise ist es hochgradig frustrierend, wenn man selbst ständig Rücksicht nimmt und sich um andere sorgt und dann bei anderen Personen ein völlig anderes Verhalten sieht.
Fazit: Es wimmelt nur so von Rücksichtslosigkeit – machen wir es besser
Auf die Gefahr hin, wie ein 0815-Instagram-Motivations-Spruch zu klingen: Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir aktiv werden. Das heißt, wir weisen andere auf ihre rücksichtslosen Verhaltensweisen hin. Gleichzeitig hinterfragen wir uns selbst: Sind wir so unschuldig, wie wir glauben?
Und wir müssen aufhören, Rücksichtslosigkeit als gegeben hinzunehmen. Wir tolerieren schlechte Menschen oftmals, weil wir eine negative Sicht auf die Welt haben – naja, so ist sie nun mal. Aber das muss nicht sein. Gutes Verhalten zu fördern, kann positive Veränderung bringen. Ob das auf gesellschaftlicher Ebene gelingt? Keine Ahnung. Aber jeder hat zumindest die Chance, sein eigenes Leben rücksichtsvoller und angenehmer zu gestalten.
Hallo Jennifer,
ich finde die Verwendung des Wortes Penner (abwertend für Obdachloser) nicht wirklich passend in der Reihe mit Arschgeige und Mistkerl.
Zum Inhalt: Also als Vater von zwei Teenagern und in der (Nach)Wendezeit Aufgewachsener muss ich sagen, dass sich große Teile der Jugend viel rücksichtsvoller verhalten als wir damals. Im Freibad werden die Kleinen an der Rutsche nicht bedrängt, Relativ große Teile bemühen sich um gerechte Sprache und Gleichberechtigung, statt um Mobbing und Ausgrenzung und bei Corona haben sie es mit Masken und Tests besser gemacht und genauer genommen als viele Erwachsene. Ich sehe da sehr viel Positives und jede „Wandergruppe“ im Zug ist lauter und anstrengender als die aktuellen Jugendlichen auf Gruppenreise.
viele Grüße
Christoph
Hi Christoph, danke für dein Feedback. Ich muss ehrlich sagen, dass in meinem Umfeld und in meiner generellen Wahrnehmung der Begriff „Penner“ nicht ausschließlich mit Obdachlosen in Verbindung gebracht wird. In offiziellen Wörterbüchern wird der Begriff auch mit doppelter Bedeutung genannt – eben als Beleidigung für „männliche Person, die durch ihre Taten oder ihr Verhalten negativ aufgefallen ist“. Ich weiß natürlich, dass Sprache große Macht hat, und wir sollten den Diskurs da immer offen halten. Ich werde mich mal noch etwas weiter einarbeiten und weiteres Feedback einholen.
Deine Einschätzung zu „jungen Menschen“ kenne ich auch von vielen, die eben nicht einfach meckern, sondern erleben 🙂
Liebe Grüße
Ich kenne den Begriff ‚Penner‘ auch nicht in Verbindung mit Obachlosen, sondern: „der pennt, checkt nichts“, hat also nichts mit einer Gruppe zu tun. Es ist schlimm und im Prinzip auch rücksichtslos, das mit der eigenen Auffassung ( Penner ist ausschließlich def. als Obdachloser), diskriminiert Menschen die andere Definitionen von Begriffen haben. Und schürt viele Ungerechtigkeitsgefühle, fällt Euch das eigentlich nicht auf?