Wie ist Vancouver wirklich? 7 große Nachteile

Vancouver gewinnt ständig Wahlen zur schönsten und lebenswertesten Stadt der Welt. Doch immer wieder wird das auch widerlegt. Denn nicht jeder ist Vancouver Fan. Besonders der Rest Kanadas hat häufig eine eher schlechte Meinung zu dem komischen Außenspieler im Westen.

Wie viel ist dran an dem schönen Image, das die Stadt sich zugelegt hat? In einem ersten Beitrag wurden die Gründe für Vancouvers Attraktivität bereits beleuchtet: 7 Gründe, warum Vancouver die lebenswerteste Stadt ist. Doch wenn Du aufmerksam durch die Stadt gehst, dann siehst Du auch schnell die Schattenseiten dieser Metropole.

Achtung: Alles ist relativ zu sehen. Solltest du Angst haben, dass ich Deine Lieblingsstadt Vancouver total schlimm finde, dann spring kurz zum Fazit. Dort wird schnell klar, dass ich stets für eine differenzierte Auseinandersetzung mit Reisezielen bin. Hier liest und siehst Du ein wenig von meiner Rundreise in Kanada: Highlights in Kanadas Westen!

  1. Das Wetter ist schlecht

Wer gut aufgepasst hat, wird diesen Punkt bereits auf der Liste positiver Dinge über Vancouver gefunden haben. Tatsächlich ist die Meinung zum Wetter in Vancouver jedoch ein beliebtes Streitthema.

Notorische Frost- und Schneehasser lieben an Vancouver, dass es hier nie richtig kalt wird. Doch zu welchem Preis? In den meisten Monaten des Jahres sind mehr als die Hälfte der Tage Regentage. Und selbst ohne Niederschlag sind es vor allem Grautöne, die diese Stadt tränken.

Das fällt jedoch vielen Menschen zunächst nicht auf. Denn in Reiseführern wird natürlich das Foto vom einzigen sonnigen Tag im Mai gewählt. Schaust Du jedoch auf Blogs und Vlogs vorbei, realisierst Du schnell, wie die Wahrheit aussieht. Nämlich grau und nass. Somit ist die Stadt nicht perfekt geeignet, wenn Du regelmäßig Sonne brauchst, um ein glückliches Leben zu führen. Auch Menschen aus Zucker werden hier nicht lange durchhalten.

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Und täglich grüßt das durchnässte Murmeltier
  1. Die Stadt wird von Touristen überrannt

Die Schönheit Vancouvers führt dazu, dass die Stadt mit Touristen überrannt wird, was sie wiederum weniger schön macht. Welch eine Ironie, nicht wahr? Das bedeutet leider, dass viele der schönsten Orte kaum zu genießen sind. Auch Downtown Vancouver ist in der Hauptreisezeit ein Meer aus Reisebussen, Kofferschubsern und Imwegstehern.

Das führt zu überfüllten Bussen und Bahnen, zu mehr Dreck und zu genervten Einwohnern der Stadt. Denn sie wollen ihrem Alltag nachgehen, während die Touristen alle Zeit der Welt haben oder sich verwirrt im Kreis drehen.

Wie für alle Wahrzeichen und Traumzielen gilt daher, dass das perfekte Instagram-Foto nicht der Realität entspricht. Um beispielsweise im Stanley-Park ein Solo-Foto zu machen, muss man schon auf der Ufermauer stehen. Dann sieht man allerdings nicht mehr viel vom Park.

Natürlich sind die vielen Touristen kein Problem, das nur Vancouver hat. Doch je mehr die Stadt beworben wird, umso voller wird sie auch. Das gefällt nur den Tourismusunternehmen und Café-Besitzern, macht die Stadt aber nicht unbedingt lebenswert.

  1. Obdachlosigkeit ist ein riesiges Problem

Einer von zwei Punkten, die in einer Rangliste ganz oben stehen würden: die Obdachlosigkeit. Denn die ist in Vancouver omnipräsent. Es gibt nur wenige Städte, in denen die Obdachlosigkeit so schnell und wiederholt auf Besucher und Einheimische Eindruck macht wie in Vancouver.

Natürlich ist auch das kein exklusives Vancouver Problem. Doch wenn Du die Stadt besuchst, wirst Du verwundert sein, welch ein elementarer Bestandteil die Obdachlosen im Stadtbild sind. Anders als in anderen Großstädten gilt das sogar für die Touristen-Hotspots.

Seit 2002 führt Vancouver regelmäßig Obdachlosenzählungen durch. 2019 lag die Zahl bei 2.223 Obdachlosen im Stadtgebiet. Zum Vergleich: Es gibt ähnliche Zählungen auch in Berlin, wo 2020 1.976 Obdachlose erfasst wurden. Der entscheidende Unterschied ist, dass in Berlin 3,7 Millionen Menschen leben, während es in der Metro-Region von Vancouver „nur“ 2,46 Millionen sind.

Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu betrachten. Die Zählmethoden sind nicht perfekt und Armut und Obdachlosigkeit haben häufig einen fließenden Übergang. Fest steht jedoch, dass Reichtum und das schöne Leben in Vancouver Schattenseiten im Schlepptau haben, die kein Besucher übersehen kann und die für die Bewohner zum Alltag werden.

Eine der lebenswertesten Städte der Welt muss sich auch daran messen, wie sie mit denen umgeht, die nicht am Reichtum beteiligt sind. Neben all den Hipster-Restaurants und Luxus-Apartments wird Vancouver nämlich auch in Zukunft damit planen müssen, dass immer wieder Menschen auf der Strecke bleiben.

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Der Kontrast zwischen den teuren Wohnungen und den Wohnungslosen könnte kaum größer sein
  1. Hohe Preise für Wohnen und alles andere

Einer der Gründe schlechthin für Obdachlosigkeit, aber auch dafür, dass nicht jeder ein Fan von Vancouver ist, sind die hohen Preise. Für alles. Restaurantbesuche, Ausflüge, Lebensmittel, Taxifahrten und vor allem die Mieten.

In Foren tummeln sich zahlreiche Menschen, die Vancouver als Lebensmittelpunkt lieben oder geliebt haben, mit den Mieten und Kosten aber einfach nicht mehr mithalten können. Ein Beispiel gefällig? Die Stadt Vancouver listete 2019 eine 1-Zimmer-Wohnung als bezahlbaren Wohnraum (also für Durschnittsverdiener) mit einem Preis von 2.056 CAD, also umgerechnet etwa 1.325 Euro.

Wie viel kostet eine 1-Zimmer-Wohnung in Vancouver?

Seiten wie Numbeo oder Padmapper, die Lebenshaltungskosten auf der ganzen Welt vergleichen, listen 1-Zimmer-Wohnungen für Mieten zwischen 2.080 und 2.090 CAD pro Monat, also rund 1.343 Euro. Je nach Messung kann da in Kanada nur Toronto mithalten – hier streiten sich die Gelehrten, welche Stadt wirklich teurer ist.

Fest steht, dass es Geringverdiener und somit vor allem junge Leute aus der Stadt zieht. Dadurch kann ein gewisses elitäres Gefühl der Stadt entstehen, dazu mehr unter Punkt 7. Viele Menschen suchen das kanadische Feeling daher lieber in Kleinstädten und zahlen dort sehr viel weniger für die alltäglichen Dinge des Lebens.

Für Studierende und Working Holiday Reisende sind daher Airbnbs und Zimmer in Wohngemeinschaften oft die einzige Lösung. Doch selbst für ein winziges Zimmer in einem Appartement in Vancouver können noch 380 bis 515 Euro fällig werden.

  1. Starbucks überall

Sowohl Punkt Nummer 5 als auch Nummer 6 sind relativ zu betrachten. Manch einer mag die hohe Dichte an Starbucks-Cafés gutheißen. Doch für Deutsche in Vancouver kann es nur ein Schock sein, dass man keinen Block laufen kann, ohne auf Starbucks zu stoßen.

Aber vielleicht ist überteuerter Kaffee auch genau das richtige Wahrzeichen für eine Stadt, die jedes Jahr schicker werden möchte und dabei unweigerlich teurer wird.

  1. Der Geruch nach Gras ist immer präsent

Wie gesagt, hier lässt sich streiten. Die Kritik am Cannabis-Geruch soll an dieser Stelle auch nicht die Frage für oder wider Legalisierung aufwerfen. In Kanada ist Cannabis seit Oktober 2018 offiziell legalisiert und bereits vorher wurde der private Gebrauch weitestgehend toleriert.

Doch es ändert nichts daran, dass ein Besuch in Vancouver für Auswärtige wieder und wieder zu folgendem Gedanken führt: Raucht hier jemand Gras?

In einer Stadt wie Vancouver sind Shops, die Cannabisprodukte vertreiben, und Menschen, die Cannabis gerade genießen, natürlich in absoluten Zahlen höher vertreten als an anderen Orten. Somit kann es gut sein, dass der Geruch von Gras innerhalb von 100 Metern gleich fünfmal auftaucht.

Achtung: Auch Zigarettengeruch würde einen negativen Effekt auslösen, wenn er so präsent wäre. Doch der eigentümliche Geruch von Cannabis ist nun mal auffälliger und somit Teil der Stadt. Manch einer mag es, ein anderer findet es befremdlich.

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Die Oma, der Obdachlose oder der Banker – wer raucht hier?
  1. Vancouver ist anspruchsvoll und anders

Andere kanadische Regionen beäugen Vancouver meist skeptisch. Das könnte daran liegen, dass Vancouver zwar dieses hervorragende Image hat und trotzdem – wie hier bereits aufgezeigt – seine Tücken hat.

Außerdem handelt es sich hierbei nun mal um eine Großstadt und die ist immer etwas lauter, etwas dreckiger (obwohl Vancouver gemeinhin als sauber gilt) und vor allem etwas grober. Die kanadische Freundlichkeit ist zwar auch hier ausreichend vertreten, doch sie durchdringt nicht jede Faser, wie es in kleineren Städten oder dem Land vorkommt.

Autofahrer sind beispielsweise entspannter als in Deutschland (doch was heißt das schon), aber auch hier wird schnell zur Hupe gegriffen. Denn das Stresslevel ist hoch und da fällt es jedem schwer, wirklich nett und freundlich zu bleiben.

Vancouver stellt hohe Ansprüche an jeden, der länger hierbleiben möchte. Viele Vancouverites können sich trotz Vollzeitjob kaum oder gar nicht über Wasser halten. Das nagt an der Moral, daran können auch die Berge oder das Meer nichts ändern.

Das wirkt sich auf alles aus, auf die Freizeit, die Ausbildung, auf die Familienplanung. Manch einer wirft Vancouver sogar mangelnde Kultur oder Persönlichkeit vor – kein Wunder, denn wenn ein Großteil der Einwohner ihr Leben der exzessiven Arbeit widmet, um überhaupt ein Dach über den Kopf zu haben, dann bleibt weniger Zeit für persönliche Kontakte. Der sogenannte „hustle“ ist hier kein spezieller Lebensstil der Aufsteigenden und Erfolgreichen, er gehört für jeden dazu.

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Nun wissen wir, dass Vancouver nicht perfekt ist. Trotzdem verteidigen Vancouver Fans ihre Stadt mit Händen und Füßen. Das ist auch gut so, denn dieser ganze Artikel könnte auch unter „Jammern auf hohem Niveau“ zusammengefasst werden. Jede Stadt hat ihre Macken und doch ist Vancouver immer eine Reise wert – nur so findest Du heraus, ob Vancouver Deine große Liebe ist oder nur ein Zwischenstopp zu einem anderen Kanada-Abenteuer.

Übrigens kann dieser Artikel stets ergänzt werden. Solltest Du ähnliche Erfahrungen haben (oder komplett gegensätzliche), dann teile sie ruhig in den Kommentaren. In der schicken Instagram- und TikTok-Welt fallen die ausführlichen und differenzierten Konversationen über Reiseziele leider manchmal aus der Reihe. Ich würde mir wünschen, dass wir viel häufiger etwas kritischer auf das Reisen blicken, OHNE dabei das Reisen an sich zu verteufeln. Das habe ich an einer anderen Stelle schon mal probiert „Travel Influencer Kritik“ ist recht umfangreich, könnte dich aber interessieren.

PS: Bist du in Kanada oder hast interessante Infos, schreib mir gerne. Das Fernweh packt mich schon immer mal wieder 🙂 Gerne auch auf Instagram, wo ich (etwas weiter unten im Profil) auch noch einige Fotos aus Kanada zeige.

1 Kommentar

  1. Sehr eindeutiger Bericht,war enttäuscht, unter Wanderlust srelle ich mir was anderes vor,es muss nicht immer schwarz, weiß sein es zahlen auch die zwischen Farben

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