Ein Auslandssemester in Australien, in diesem Fall in Newcastle, ist aufregend. Fehler, Probleme und Highlights werden in diesem kleinen Erfahrungsbericht vorgestellt.
Zunächst einmal die Fakten: Ich war von Februar 2015 bis Juli 2015 in Australien für ein Auslandssemester. Anschließend bin ich noch ein paar Wochen durch Neuseeland gereist.
Spoiler-Alarm: Das Studieren geriet schnell in den Hintergrund und mein Fokus lag dann auf dem Reisen. Das große, weltbewegende und perfekte Abenteuer war es jedoch nicht. Warum das so war und wie Du vielleicht einige Fehler vermeiden kannst, die mir unterlaufen sind, erfährst Du gleich.
Warum ein Auslandssemester in Australien?
Für ein Auslandssemester in Australien sprechen folgende Dinge:
- weit genug weg, um selbstständig zu werden
- Amtssprache ist Englisch
- wilde Natur
- westlich geprägtes Land
- viele haben den Schritt gewagt und teilen ihre Erfahrungen
- Australien ist auf Besucher eingestellt
Die meisten Punkte erklären sich wohl von selbst. Wer ins Ausland möchte, um seinen Horizont zu erweitern, sollte schon einige Stunden entfernt sein, um nicht dem Heimweh nachzugeben. Um den Schock für Erstreisende (oder Reisende, die bisher nie mehrere Monate im Ausland waren) so gering wie möglich zu halten, ist Australien perfekt geeignet, da hier Englisch gesprochen wird, das Land sehr westlich geprägt ist und an jeder Ecke Deutsche zu finden sind – wenn man möchte.
Für mich persönlich war die Entscheidung nicht schwer, da ich bereits 2006 für 3 Wochen in Australien Urlaub gemacht hatte. Diese Erfahrung hatte mich so geprägt, dass ich auf jeden Fall noch einmal nach Australien wollte und das Studium schien die ideale Möglichkeit zu bieten.
Wie habe ich das Auslandssemester organisiert?
Eigentlich bin ich kein großer Fan von Organisationen, die Reisen/Work&Travel oder Ähnliches organisieren. Für mich gehört der Planungsteil irgendwie dazu. Doch im Falle von Australien (und Neuseeland) gestaltet sich die Sache etwas anders.
Denn die Organisation GOstralia kostet keinen Cent, obwohl sie Dir (und mir) tatkräftig zur Seite steht. Bei jedem kritischen Leser wird sich sofort die Frage stellen: Wo ist der Haken?
Es gibt keinen. Die australische Regierung beziehungsweise die australischen Universitäten sind sehr daran interessiert, dass ausländische Studierende ins Land kommen. Zum einen, um so Fachkräfte zu gewinnen. Zum anderen, weil man in Australien hohe Studiengebühren zahlt.
GOstralia hatte alle Informationen, die ich brauchte und hat einen Teil der Kommunikation mit der University of Newcastle übernommen. Das gab mir Sicherheit, da Bürokratie so ziemlich das Grausamste und doch Beste ist, was wir Menschen erfunden haben.
Trotzdem musste ich natürlich noch viel selbst organisieren. Eine Wohnung suchen, BAföG beantragen, Auslandskrankenversicherung abschließen, und, und, und.
Wie kann man sich ein Auslandssemester leisten?
Sparen und BAföG haben mir das Auslandssemester in Australien ermöglicht. In den Monaten vor der Abreise habe ich fleißig geputzt (Housekeeping, yeah!) und wenig Geld ausgegeben. Ohne Unterstützung wäre es trotzdem nie möglich gewesen.
Das Auslands-BAföG deckt Studiengebühren von bis zu 4.600 Euro ab. Außerdem erhält man einen Zuschuss für den Flug. Genau wie beim Inlands-BAföG bekommt man Geld für das alltägliche Leben, das man später dann zu 50% zurückzahlen muss. Mehr dazu findet ihr beim Bundesministerium für Bildung und Forschung.
In Newcastle habe ich dann geflyert. Das war ein wundervoller Job für jemanden, der keine Menschen mag ( gemeint: keine Fremden oder Menschenmengen), aber gerne unterwegs ist. Außerdem konnte ich so viel reisen. Dazu gleich mehr.
Das Studieren an der University of Newcastle in New South Wales
Die University of Newcastle hat überschaubare Studiengebühren und war somit eine der wenigen Optionen für jemanden aus dem Bereich Politik. Das Besondere an der Uni ist, dass sie mitten im Wald liegt. Als Campus Uni liegt alles nah beieinander. Trotzdem brauchte ich von einem Ende des Campus zum anderen schon 20 Minuten zu Fuß.
Ich besuchte vier Kurse. Die Vorlesung über australische Kultur wurde mir empfohlen, um etwas mehr über das Land zu erfahren – auf jeden Fall empfehlenswert. Meine Politik-Veranstaltung war eher mau, weil viel zu theoretisch und außerdem war das Englisch-Niveau heftig. Das Seminar im Bereich Sozialkunde gefiel mir und das Seminar über die Soziologie des Wahnsinns war sehr interessant in der Theorie, praktisch aber eher lahm gestaltet – genau wie in Deutschland hängt viel vom Dozenten ab.
Wer das Studieren liebt, der sollte diese Erfahrung machen. Für einen Kulturschock reicht es nicht, da es sich eben doch um ein westlich geprägtes Land handelt. Aber gerade das regelmäßige Abgeben von „Zwischenarbeiten“, also Essays oder Vorträge, die später in die Endnote einfließen, ist etwas völlig anderes. In meinem Studium in Deutschland gab es das so nicht.
Das Leben in Newcastle, Australia
Nach Newcastle zu gehen, war keine gute Idee. Meine Überlegung war, dass eine Stadt, die meiner Heimatstadt ähnelt – nahezu gleiche Einwohnerzahl, direkt am Wasser, leicht schäbiges Image – vielleicht genau das Richtige für mich wäre.
Leider wurden Newcastle und ich keine Freunde. Ich weiß nicht mal genau, warum das so war. Um die australische Nettigkeit und „no worries“-Einstellung kennen zu lernen, reichte es absolut. Aber so richtig zu Hause fühlte ich mich dort nie.
Allerdings hat mich das zum Reisen angeregt – also vielleicht wollte mir Newcastle auch einfach nicht alles zeigen, damit ich nicht dort hängenbleiben würde. Who knows?
Das Reisen während des Auslandssemesters
Wie bereits erwähnt, habe ich das Reisen am meisten genossen. Folgende Trips habe ich in meiner Zeit unternommen:
- 5-6 mal nach Sydney
- Melbourne (inkl. Great Ocean Road)
- Brisbane
- Alice Springs (inkl. Uluru)
- Neuseeland (Nordinsel)
Wer hätte gedacht, dass man erst einmal um die halbe Welt fliegen muss, um zu lernen, wie man reist? Flüge suchen, zum Flughafen kommen, in Hostels leben und so weiter – all diese Dinge musste ich alleine bewältigen. Das war teilweise schon gruselig. Denn der nächste Verwandte oder Freund (Freundschaft = mehrere Jahre und einiges durchgemacht haben) ist einen Tag entfernt.
Auslandssemester Fehler und Lehren
Am meisten bereue ich, dass ich so unglaublich hohe Erwartungen an meine Zeit in Australien hatte, dass sie unmöglich zu erfüllen waren. Sehnsucht nach Australien hätte meine Hauptmotivation sein sollen, stattdessen war es der Wille, Deutschland (und mir selbst) zu entfliehen.
Dass das nicht funktioniert, weiß ich heute. Doch damals habe ich darauf gewartet, dass die Zeit im Ausland alle Probleme beseitigt. Stattdessen blieben viele Probleme, nur der Ort, an dem ich mit ihnen zu kämpfen hatte, war ein anderer.
Trotzdem würde ich niemandem davon abraten, ein Auslandssemester in Australien zu machen. Nur würde ich nicht das Mantra vieler Erfahrungsberichte wiederholen, dass es die schönste Zeit meines Lebens war und jeder dasselbe tun sollte.
Wo wir unsere Komfort-Zone verlassen, sollten wir schon selbst bestimmen. Für manch einen ist es das Auslandssemester, für den anderen Work & Travel und wieder andere sollten lieber erst einmal zu Hause aufräumen, bevor sie den Schritt ins Ausland wagen.
Fakt ist, dass lange Auslandsaufenthalte uns in gewisser Hinsicht zum Erwachsenwerden zwingen. Wer ehrlich sagt, dass er zu behütet ist oder in einen Trott verfällt, der wird in Australien definitiv eine Option finden, die zu mehr Eigenständigkeit und Selbstreflexion führen kann.
PS: Wer Fragen hat, immer her damit. Wanderlust Introvert ist auch dazu da, anderen Reisenden – speziell den introvertierten – beizustehen.