Nachdem der Beitrag zum Thema Toxic Positivity so gut aufgenommen wurde – und scheinbar überraschend viele Menschen noch nicht davon gehört hatten –, möchte ich nun die andere Seite des Themas beleuchten: die toxic negativity.
Denn so wie zu viel (vermeintlicher) Optimismus schaden kann, ist selbstverständlich auch ständig negatives Denken und Sprechen nicht gut. Was dahinter steckt und wie wir uns dagegen wehren können, erfährst Du hier.
Was ist toxic positivity?
Zunächst ein kleiner Rückblick: toxic positivity liegt vor, wenn jemand so unhinterfragt positive Dinge denkt und sagt, dass er den Hang zur Realität verliert. Statt sich mit Schmerz, Problemen und Hindernissen auseinanderzusetzen, wird alles gutgeredet.
Die Grundidee hinter positivem Denken ist allerdings nicht falsch: Wer sich von Widerständen nicht überwältigen lässt, sondern stets einen Ausweg oder eine Chance sieht, wird motivierter an eine Sache herangehen als jemand, der immer alles schwarzmalt. Daher ist (toxische) Positivität durchaus als Antwort auf Pessimismus und Griesgramverhalten zu verstehen.
Den ausführlichen Artikel zu diesem Thema findest Du hier: Was ist Toxic Positivity?
Was ist Toxic Negativity?
Toxische Negativität liegt vor, wenn eine pessimistische Weltsicht und Lebenseinstellung jeden Aspekt des Lebens beeinflusst und somit chronisch wird. Auf alle Ereignisse wird mit Mutlosigkeit oder Trotz reagiert.
Das Leben wird dann zu einer großen selbsterfüllenden Prophezeiung: Weil wir nur Schlechtes erwarten, passiert auch nur Schlechtes. Weil wir gute Dinge nicht als solche sehen und schlechte Dinge noch viel schlimmer machen.
Oftmals liegt toxischer Negativität eine psychische Krankheit zu Grunde. Depressionen, Sozialphobien, PTSD – diese und weitere Probleme sind häufig perfekter Nährboden für eine hoffnungslose und toxische Sicht auf die Welt. Umgekehrt kann eine toxische Einstellung sich auf Dauer in eine ernsthafte Krankheit entwickeln.
Warum ist toxische Negativität gefährlich?
Es gibt etliche Studien, die nachweisen, dass unsere Gedanken Einfluss darauf haben, wie wir die Welt erleben und wie glücklich wir sein können. Wenn wir uns also eine optimistischere Einstellung zulegen können, werden wir wahrscheinlich zufriedener sein.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wir uns selbst zum Scheitern verurteilen, wenn wir uns in schlechten Gedanken verlieren. Oftmals schleicht sich toxische Negativität nach und nach in unsere Gedanken und in unseren Alltag. Wir bemerken gar nicht, dass wir dauerhaft das Schlechte sehen und erwarten.
Was kannst Du gegen Toxic Negativity tun?
Mehr Lächeln? Öfter Lachen? So tun, als wäre alles in Ordnung? Nein, es gibt kein Allheilmittel gegen toxische Negativität. Immerhin sind wir dann auf bestem Wege in die andere Richtung und dort ist das Leben auch nicht besser.
Der erste Schritt, um nicht zu negativ zu werden, ist zu erkennen, dass Du aktuell zu negativ bist. Das heißt, Du erwartest immer, dass Sachen schiefgehen. Du erlaubst Dir nicht, einen schönen Moment mit Freunden zu genießen. Selbst bei einem Lottogewinn, denkst Du schon daran, dass das Geld sowieso bald weg ist.
Die Übergänge zwischen knallhartem Realismus und toxischer Negativität sind fließend. In einem Moment halten wir uns für jemanden, der die Dinge so sieht, wie sie sind, und im nächsten Moment rupfen wir die Blütenblätter eines Gänseblümchens heraus und nennen es Gnade.
Meine Empfehlung: Achtsamkeit, Meditation und ein Ausflug in die Natur. Toxic negativity ist häufig eine Folge von Stress und Überforderung. Wer Tag ein Tag aus in einem Trott feststeckt, der verliert die Zeit und den Anspruch, sich mal ordentlich den Spiegel vorzuhalten.
Wenn Du feststellst, dass Dir Deine negative Einstellung schadet, dann musst Du Wege finden, wieder „optimistischer“ zu werden. Nein, das heißt nicht, dass Du jetzt alle Menschen umarmen musst und schon mal eine Hochzeit planst, obwohl Du keinen Partner hast. Aber wenn Du morgens mal voller Energie bist, dann lass es zu – denk nicht sofort darüber nach, dass das wieder vorbeigeht.
Oder suche Dir Glücksmomente. Lesen, Freunde treffen, durch die Wohnung tanzen – wichtig ist nur, dass Du Dir voll und ganz erlaubst, diese Dinge zu genießen. Je häufiger Du das machst, umso mehr wird sich Dein Gehirn wieder daran gewöhnen, auch die guten Dinge zuzulassen und zu erwarten.
Wenn andere Menschen toxisch negativ sind
Auf einem völlig anderen Zettel steht die Frage danach, was Du machen kannst, wenn ein anderer Mensch ständig negativ ist. Denn das kann sehr schlechten Einfluss auf Dich haben. Ganz besonders, wenn diese Person an ihrer Einstellung mit Inbrunst festhält oder sogar aggressiv reagiert, wenn Du es mal ansprichst.
Was Du nicht machen solltest: Jemandem sagen, er müsse nur mehr lächeln und sich mal nicht so haben. Was Du schon machen kannst: Ein ernstes Gespräch suchen und nachfragen, ob die Negativität nur oberflächlich ist (z.B. durch überzogenen Sarkasmus) oder ob die Person wirklich so schlecht über sich und die Welt denkt.
Ist Letzteres der Fall, kann es gut sein, dass Du diese Person gehenlassen musst. Denn uns mit chronisch pessimistischen Menschen zu umgeben, kann dafür sorgen, dass wir selbst etwas Lebensmut verlieren. Dafür sorgen aber schon die Nachrichten, Krankheiten und nicht im Pokéball bleiben wollende Pokémon.
Professionelle Hilfe?
Abschließend möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass nicht jeder durch ein paar Glücksmomente oder Mediation zu einem positiveren Menschen wird. Depressionen und weitere mentale Probleme und Krankheiten sollten professionell behandelt werden (hier mal ein paar Anlaufstellen). Auf gar keinen Fall solltest Du Dir oder einer anderen Person einreden, dass psychische Krankheiten nur eine Frage der Einstellung wären.
Ein guter und differenzierter Beitrag der beiden Seiten der Medaille sieht und konstruktiv mit dem Thema umgeht.
Danke für deinen Kommentar. Freut mich, dass mir beide Themen gelungen zu sein scheinen 🙂
Liebe Grüße
Dem Kommentar von Anna schließe ich mich an. Wirklich ein sehr konstruktiver und differenzierter Beitrag zu diesem Thema.
Was mich besonders anspricht ist der Absatz:
Wenn andere Menschen toxisch negativ sind –
ob die Negativität nur oberflächlich ist (z.B. durch überzogenen Sarkasmus) oder ob die Person wirklich so schlecht über sich und die Welt denkt. Ist Letzteres der Fall, kann es gut sein, dass Du diese Person gehenlassen musst ……
Diese Art der „Abgrenzung“ habe ich in meinem Leben schon sehr oft vornehmen dürfen, denn weniger ist mehr und ich fühlte mich danach innerlich immer befreit!