Introvertiert und selbstbewusst: So gelingt es (10 Tipps)

Viele glauben, dass Introversion und Selbstbewusstsein sich ausschließen. Ein Vorurteil, das sowohl introvertierte als auch nicht-introvertierte Menschen haben. Doch das ist absolut nicht der Fall. Falls Du unsicher und introvertiert bist, dann bedingt das Eine zwar das Andere, aber die Ursache liegt woanders.

Daher soll mit diesem sehr ausführlichen Beitrag endlich geklärt werden, woher diese Falschinformation kommt. Gleichzeitig gibt es Tipps für Dein Selbstbewusstsein, die sich ganz spezifisch auf Introvertierte beziehen.

Denn unsere Bedürfnisse, Verhaltensweisen und Wünsche unterscheiden sich tatsächlich von denen derer, die laut und unbekümmert durch die Welt laufen. Umso wichtiger ist es, dass wir endlich lernen, Introversion nicht als Problem, sondern als Chance zu sehen.

Die folgenden Tipps für selbstbewusst Introvertierte können dir helfen – und sie können stets ergänzt werden! Selbstbewusstsein muss sich entwickeln, genau wie die Techniken, die wir verwenden, um es aufzubauen!

Inhalt:

  1. Was ist Introversion?
  2. Woher kommt die Unsicherheit der Introvertierten?
  3. Selbstbewusstsein entwickeln!
  4. Introvertiert und erfolgreich!
  5. Schlusswort

Was ist Introversion?

Introvertiert zu sein bedeutet, seine Energie aus ruhigen Momenten zu ziehen. Dadurch, dass introvertierte Menschen empfindlicher gegenüber Reizen durch die Außenwelt reagieren, sind viele Geräusche, Menschen oder andere Eindrücke eine Belastung.

Mit anderen Worten: Je mehr um uns herum passiert, umso schneller werden wir müde, gestresst oder sogar depressiv. Diese Reaktion auf Umwelteinflüsse ist angeboren. Das ist der wichtigste Punkt, um den Rest dieses Beitrags zu lesen und zu verstehen. Introversion und die damit einhergehenden Besonderheiten sind keine Entscheidung, diese Dinge wurden uns in die Wiege gelegt.

Im Umkehrschluss werden Introvertierte aber auch mit hilfreichen Fähigkeiten ausgestattet. Da wir unsere Energie aus den Momenten alleine oder in kleinen Gruppen ziehen, sind wir in der Lage, viel länger und konzentrierter mit Aufgaben umzugehen. Unsere Energiereserven füllen sich wieder auf, wenn die Umwelteinflüsse minimiert werden.

Extravertierte (auch: extrovertierte) Menschen verlieren hingegen schnell die Geduld, wenn sie keine sozialen Kontakte haben. Sie sind auf Feedback ihrer Umgebung angewiesen, wollen beschäftigt sein und fühlen sich schnell einsam.

Natürlich ist nicht jeder Mensch 100 Prozent introvertiert oder extravertiert. Wir begreifen diese Persönlichkeitsfaktoren eher als eine Skala, auf der es sogar eine gewisse Mobilität gibt. Viele Menschen können auch als ambivertiert eingestuft werden – sie vereinen Eigenschaften von introvertierten und extravertierten Menschen.

Tipp 1: Wenn Du introvertiert bist, Dich dieser Tatsache aber verweigerst, wirst Du den falschen Hinweisen folgen und Dir selbst eher schaden. Wahres Selbstbewusstsein entsteht nicht ohne vorherige Akzeptanz.

wie sind introvertierte

Woher kommt die Unsicherheit bei Introvertierten?

Wenn Introversion also angeboren und auf dem Papier so einfach zu verstehen ist, woher kommen dann Vorurteile und Unsicherheiten? Ganz einfach: Unsere moderne Gesellschaft belohnt extravertiertes Verhalten und sanktioniert Introversion.

Das beginnt bereits in der Kindheit: Ist ein Kind zu still, werden Eltern und/oder Fremde nervös. Schon in der Grundschule werden wir nach unseren Leistungen auf dem Papier und im Klassenraum bewertet. Tatsächlich wird dabei der Umgang mit anderen Schülern häufig sogar als wichtiger angesehen als die schulischen Ergebnisse.

„Kind XY muss sich mehr am Unterricht beteiligen.“

„Kind XY muss sich in Gruppenarbeiten mehr einbringen.“

„Kind XY zeigt Defizite im Sozialverhalten.“

Selten bis nie wird dabei eine Verbindung zwischen dieser Kritik und der Leistung gezogen. Selbst hervorragende Noten werden damit relativiert – was bringt Fleiß und Intelligenz, wenn die Anzahl der Freunde unter dem Durchschnitt liegt? Umgekehrt wird jedoch nicht gefragt, ob die Arbeitsweise in Gruppen vielleicht hinderlich für Schüler ist, die alleine oder zu zweit viel besser lernen.

Buchtipp: Susan Cain schreibt über introvertierte Kinder und die besten Förderungsmöglichkeiten: Still von Susan Cain Rezension 

introvertiert stärke

Der Mensch ist ein soziales Wesen, das hören wir immer wieder. Da möchte auch dieser Beitrag nicht widersprechen. Ein gewisses Maß an Sozialkontakten ist für 99,9 Prozent der Menschen wichtig und förderlich.

Doch was heißt es denn, sozial zu sein? Für Introvertierte ist ein kleiner Kreis an qualitativ hochwertigen Beziehungen ideal. Wir kennen die Menschen, die wir Freunde oder Partner nennen, gut und genießen die Zeit mit ihnen. Doch selbst mit geliebten Menschen geht uns irgendwann die Energie aus und wir ziehen uns wieder zurück.

Was die Gesellschaft jedoch erwartet ist, dass wir permanent verfügbar sind und mit dutzenden Menschen Kontakte pflegen. Viele von uns – egal ob introvertiert oder nicht – definieren sich darüber, wie viele Menschen sie kennen und wie sie von diesen Menschen gesehen werden.

Ärzte, Anwälte und Professoren wissen um das Ansehen, das mit ihrem Berufsweg einhergeht. Jugendliche geben damit an, auf wie vielen Partys sie waren. Wer viele Freunde hat, kann berufliche und private Misserfolge abtun, weil er oder sie sich im Meer aus Kontakten ablenkt.

Fake it till you make it – täusche es vor, bis Du es erreicht hast. Eine der beliebtesten Guru-Weisheiten des 21. Jahrhunderts. Sei selbstbewusst, ohne etwas erreicht zu haben. Täusche die Menschen, damit sie Dir Ansehen schenken. Sei alles, aber bloß nicht zurückhaltend.

Du musst verstehen, dass dieses Ideal, das von unserer Gesellschaft bestimmt wird, nur ein fiktives Konstrukt ist. Es gibt keinen Gott, der Dir vorschreibt, dass Du nur gut bist, wenn Du jeden Tag neue Leute triffst und von Dir überzeugst. Du wirst auch nicht verhungern oder ausgestoßen, wenn Du zurückhaltend bist. Und vor allem: Ideale wandeln sich. In Wahrheit schätzten und schätzen wir viele introvertierte Persönlichkeiten.

Ruhe und Besonnenheit sind positive Dinge. Qualität sollte vor Quantität kommen. Wer erst nachdenkt und dann redet, strahlt Integrität aus.

Das ist die große Tragik der Introvertierten in der modernen Gesellschaft: Wir selbst sind es, die uns von dem vermeintlichen Ideal der Extraversion blenden lassen und entsprechend verstellen. Wer genauer hinsieht, der versteht, dass Ruhe und Sorgfalt langfristig deutlich angenehmer und förderlicher sind, als alles, was uns ein Großteil der Selbsthilfegurus verkaufen will („Sei laut!“ / „Zeig, wer der Boss ist!“ / „Stell Dich selbst immer in den Vordergrund!“).

Tipp 2: Verstehe, dass das Ideal der Extraversion künstlich und nicht natürlich ist. Laut, beliebt und ständig unterwegs zu sein, darf nicht mit Glück, Zufriedenheit und Erfolg gleichgesetzt werden. Du bist introvertiert (oder ambivertiert) und das ist auch gut so. Introversion ist keine Schwäche.  

selbstbewusstsein entwickeln wenn man introvertiert ist

Selbstbewusstsein entwickeln

Unsere Unsicherheit entwächst also vor allem daraus, dass wir unsere Eigenschaften als negativ ansehen. Entweder weil wir uns noch nicht mit unserer wahren Natur arrangiert haben oder weil wir sie nicht akzeptieren wollen, aus Angst, dadurch Nachteile zu erfahren.

Was jedoch stimmt ist, dass viele Introvertierte auch gleichzeitig mit Problemen zu kämpfen haben, die tatsächlich nicht angeboren und somit veränderbar sind. Schüchternheit und Sozialphobien treten bei introvertierten Menschen häufiger auf.

Bin ich introvertiert, schüchtern oder habe ich Ängste?

Schüchternheit und Sozialphobien entstehen aus der Angst vor der Reaktion anderer Menschen. Manchmal sind es Einzelpersonen, deren Anerkennung und Akzeptanz wir suchen, manchmal ist es ein Gesellschaftsbild, dem wir entsprechen wollen.

Da wir Introvertierten uns ohnehin in vielen Situationen fehl am Platz fühlen, ist es nur verständlich, dass wir anfälliger für diese Probleme sind. Statt offen und ehrlich zu sagen, wenn uns eine Party keinen Spaß mehr macht, zwingen wir uns, dort zu bleiben und Konversation zu betreiben. Dabei fühlen wir uns unwohl und haben Angst, dass andere dies bemerken und uns dann als komisch oder gar krank ansehen.

Je häufiger uns das widerfährt, umso stärker verfestigt sich die Unsicherheit und das Sammeln des ständigen Feedbacks. Und da wir bereits festgestellt haben, dass wir schon in der Kindheit lernen, dass Zurückhaltung (angeblich) schlecht ist, haben die Wenigsten von uns die Chance, ohne Defizite das Erwachsenenalter zu erreichen.

Leider machen auch zahlreiche Ratgeber und Möchtegern-Gurus den Fehler, hier keine Unterscheidung vorzunehmen. Nur weil jemand selbstbewusster werden möchte, heißt das nicht, dass er oder sie seine Introversion überwinden möchte oder überhaupt könnte. Du kannst nicht lernen, Deine Energie plötzlich aus Sozialkontakten zu gewinnen.

Du kannst allerdings sicherer im Umgang mit Deinen eigenen Bedürfnissen werden und lernen, die Meinung anderer als weniger wichtig anzusehen. So entwickelst Du Selbstbewusstsein und nicht etwa, indem Du so tust, als wärst Du jemand anderes.

Tipp 3: Introversion ist nichts, was Du überwinden musst. Schüchternheit und Sozialphobien sind hingegen Dinge, die Du behandeln und sogar „verlernen“ kannst. Halte Abstand von allen Gurus und vermeintlichen Helfern, die behaupten, introvertiert sein ist etwas Schlechtes und etwas, was verschwinden könnte.

Tipp 4: Starke Schüchternheit und Sozialphobien können professionelle Hilfe erfordern. Dieser Beitrag ist ein Einstieg und soll vor allem der Überwindung von Vorurteilen dienen. Hast Du Probleme damit, überhaupt mit Menschen zu reden oder bekommst Panikattacken in sozialen Situationen, solltest Du in Erwägung ziehen, psychologischen Rat einzuholen. Daran ist überhaupt nichts Negatives, im Gegenteil, um Hilfe zu bitten, erfordert mehr Mut, als untätig zu bleiben.

Stärken erkennen

Bevor es damit weitergeht, wie Du Introversion akzeptierst und Dein Selbstbewusstsein konkret verbessern kannst, hier erst mal ein paar Muskelspiele. Wir haben nämlich so lange gelernt, uns für Introversion zu schämen und irgendwie zu relativieren, wer und was wir sind, dass wir uns gar nicht mehr richtig trauen, einfach mal anzugeben.

Doch in bestimmten Situationen sind wir den Extravertierten haushoch überlegen – das wird man ja wohl noch sagen dürfen! Das einfachste Beispiel ist natürlich die Corona Krise. Während Extravertierte in Panik und Langeweile zu gleich verfallen, sind Introvertierte hervorragend vorbereitet und müssen nur minimale Veränderungen vornehmen. Viele Introvertierte berichten sogar davon, dass sie sich richtig wohlfühlen und es ihnen besser geht als zuvor.

Außerdem verfügen wir über eine gute Beobachtungsgabe. Denn die starke Reaktion auf äußere Reize bedeutet, dass wir dünnhäutiger sind. Ein meist negativ besetzter Begriff. Doch damit sehen und fühlen wir auch mehr. Durch das vermehrte Reflektieren können wir uns in die Situation anderer hineinversetzen oder sehen Dinge, die anderen Menschen nicht auffallen.

Wir kennen den Unterschied zwischen alleine sein und einsam sein. Da wir gerne Zeit alleine verbringen, können wir uns beschäftigen und genießen unsere eigene Gesellschaft. Einsamkeit ist zwar nicht auszuschließen, doch sie entsteht nicht automatisch aus der Tatsache, dass wir häufiger alleine sind. Einsamkeit beinhaltet den Wunsch, jemanden oder mehr Menschen um sich herum zu haben (oder jemand bestimmtes bei uns zu haben). Wer gerne alleine ist, muss sich damit seltener herumschlagen.

In der Arbeitswelt zeichnen sich introvertierte Mitarbeiter häufig dadurch aus, dass sie effektiver arbeiten. Denn wir lassen uns nicht durch Smalltalk ablenken oder suchen ständigen Kontakt zu den Kollegen.

Hier gibt es einen interessanten Artikel von Quartz dazu, welche Vorteile Introvertierte im Umgang mit Kreativität haben: What creative people understand about the importance of being alone. 

Tipp 5: Deine Introversion bringt Dir viele Vorteile und die solltest Du zu schätzen wissen. Introvertiert zu sein, kann eine Stärke sein. 

schüchtern und selbstbewusst

Introversion akzeptieren und selbstbewusst werden

Selbstbewusstsein wächst aus Akzeptanz. Wenn Du weißt, wer Du bist, dann kennst Du Deine Stärken und Schwächen. Somit kannst Du bestimmte Dinge in den Vordergrund stellen und gleichzeitig an anderen arbeiten.

An dieser Stelle könntest Du erwarten, dass eine einzige Lobeshymne auf Introversion angestimmt wird. Sei so, wie Du bist! Introvertierte sind perfekt! Veränderung ist ein Verrat an der Sache!

Doch Du hast einen Beitrag über Introversion und Selbstbewusstsein aufgerufen. Das heißt, Du möchtest etwas verändern, mit dem Du nicht zufrieden bist. Und das ist absolut richtig. Dieser Text möchte Dir lediglich zeigen, wo Du ansetzen solltest. Persönlichkeitsentwicklung ist kein Schimpfwort. Leider sind zwei Strömungen in diesem Bereich besonders stark vertreten: Verändere alles oder verändere absolut gar nichts.

Die Mitte macht’s. Ein gewisses Maß an Akzeptanz und ein gesundes Bedürfnis nach Verbesserung. Niemand ist perfekt. Wer immer nur zu hören bekommt, dass er einfach so bleiben soll, wie er ist, der wird sich niemals hinterfragen und somit auch nicht verbessern. Gleichzeitig ist der ständige Drang nach Veränderung ermüdend und kommt meist durch eine Fehleinschätzung der eigenen Situation.

Tipp 6: Du hast Stärken und Du hast Schwächen. Beide werden durch Deine Introversion bedingt. Du kannst an diesen Stärken und Schwächen arbeiten, nicht aber an den Grundvoraussetzungen, mit denen Du in diese Welt gestartet bist. Rüttle nicht an den Grundfesten Deiner Persönlichkeit, sondern verändere kleine Dinge, die Dich wirklich glücklicher machen.

Heroische Momente für Introvertierte

An dieser Stelle wird es konkreter. Dabei wird sich bei Improvement Pill bedient. Dieser YouTube Channel befasst sich mit Persönlichkeitsentwicklung und hat vor Kurzem ein Video dazu gemacht, wie wir unsere Ängste überwinden können. Die dabei angesprochenen Heroic Moments können hervorragend auf Introvertierte übertragen werden.

Die Idee dahinter ist, dass das Bild, das wir von uns selbst haben, und damit auch das Selbstbewusstsein dadurch beeinflusst werden, wie wir unsere täglichen Handlungen sehen. Anders gesagt: Tun wir viele Dinge, die wir für bewundernswert halten, fühlen wir uns gut und wichtig und somit selbstbewusst. Schrecken wir hingegen vor schwierigen Aufgaben zurück, fühlen wir uns schlecht.

Je mehr heroische Momente wir uns selbst erarbeiten, umso besser sehen wir uns selbst. Die Frage ist also, was sind heroische Momente? Hier liegt der wundervolle und doch angsteinflößende Trick: Wir bestimmen vollständig selbst, was wir als heroisch ansehen.

Wir bewundern häufig das, was andere tun, wir uns aber nicht zutrauen. Somit sind Introvertierte dazu prädestiniert, extravertierte Verhaltensweisen zu idealisieren. Weil wir selbst nicht gerne vor einer großen Gruppe sprechen, bewundern wir diejenigen, die es problemlos können. Weil wir ungern der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sind, staunen wir über diejenigen, die dieses Rampenlicht suchen.

Doch Moment – haben wir nicht bereits festgestellt, dass wir mit unterschiedlichen Voraussetzungen in dieses Leben starten? Ein extravertierter Mensch muss sich nicht überwinden, um auf einer Party Fremden eine persönliche Geschichte zu erzählen und dafür Gelächter und Fragen zu ernten. Er oder sie genießt das. Ist das wirklich heroisch?

Nein. Auch die Bewunderung und Aufmerksamkeit, die Introvertierte während der Corona Krise bekommen, hat nichts mit Heldentum zu tun. Wir sind von Natur aus besser vorbereitet. Wir müssen dafür nichts leisten.

Wenn Du das erkennst, dann wirst Du auch anfangen, Dein eigenes Handeln in einem neuen Licht zu sehen. Du kannst nämlich anfangen, kleine heroische Momente zu sammeln. Jedes Mal, wenn Du als introvertierter Mensch eine soziale Aufgabe verrichtest, die Dir Energie abverlangt und somit Überwindung kostet, leistest Du etwas.

Leider sehen wir es nicht so. Wir denken nicht: „Wow, ich hatte wirklich Angst vor dieser Party, aber schön, dass ich sie trotzdem für zwei Stunden genießen konnte. Ich bin stolz auf mich.“

Was wir denken ist Folgendes: „Alle feiern noch weiter und ich muss schon nach zwei Stunden gehen, weil ich nicht mehr kann. Wie dumm. Hoffentlich bemerkt es keiner.“

Und damit wiederholen wir wieder und wieder negative Gedanken, die unser Selbstbewusstsein jedes Mal ein kleines bisschen zerstören. Dabei bieten sich so viele Chancen, genau das Gegenteil zu tun. Viele Introvertierte arbeiten in Jobs, die ihnen eigentlich nicht liegen, die sie aber trotzdem lieben. Warum also nicht stolz darauf sein, dass Du den sozialen Teil des Jobs auch bewältigt kriegst, obwohl er Dir keinen Spaß macht?

Die Situationen, in denen wir uns am unwohlsten fühlen, sind auch die Situationen, in denen wir eine Leistung vollbringen. In unserer modernen Gesellschaft sind wir umgeben von Leistungsdruck, Lautstärke und permanentem Menschenkontakt. Jeder einzelne Tag, an dem ein Introvertierter damit umgeht, ist ein Tag, an dem er oder sie sich wie ein kleiner Held fühlen darf.

Tipp 7: Sammle heroische Momente. Anstatt Dich dafür klein zu machen, dass Du nicht perfekt in die gesellschaftlichen Ideale passt. Feiere Dich dafür, dass Du in ungewohnter Umgebung trotzdem überlebst und Dich der Welt immer wieder auf’s Neue stellst.

PS: Dieser Tipp muss sich nicht ausschließlich auf Introversion beziehen. Wenn Du nicht kochen kannst, ist jede nicht verbrannte Portion Nudeln ein kleiner Erfolg. Hasst Du Mathematik, dann ist das Einmaleins für Dich eine Herausforderung und 6 mal 6 kein Zuckerschlecken. Sammle die kleinen Erfolge. Ist es denn wirklich wichtig, dass andere Menschen Meisterköche und Zahlenexperten sind? Dafür lesen sie vielleicht nicht gerne oder haben keinen Humor.

vorteile introvertiert sein

Introvertiert und erfolgreich: Wie geht das?

Häufig fühlen wir uns mit unseren Problemen alleine. Doch Introversion ist in der Menschheit weit verbreitet. Da es keine konkrete Zählweise gibt, reichen die Schätzungen von 20 Prozent bis hin zu 50 Prozent. So oder so gibt es eine enorme Anzahl an Menschen, die mit den gleichen Umständen klarkommen wie Du.

Berühmte und erfolgreiche Introvertierte

Vielen Menschen hilft es, wenn sie Ähnlichkeiten zwischen sich selbst und berühmten Persönlichkeiten sehen. Menschen aus Musik, Fernsehen und der Wissenschaft sind offen introvertiert. Eine Liste findest Du hier: Introvertierte Prominente. 

Tipp 8: Es gibt absolut nichts, was Du als Introvertierter nicht tun kannst. Du musst Deine Träume vielleicht etwas anders angehen und es wird schwieriger für Dich. Doch Introversion ist niemals eine Sackgasse. Egal, was Du versuchst, diesen Weg sind auch andere Introvertierte bereits erfolgreich gegangen. Lass Dich ruhig inspirieren.

Austausch unter Introvertierten

Manchmal sind es die Berühmtheiten, die uns das Gefühl geben, nicht alleine zu sein. Aber auch „ganz normale“ Menschen können Dir helfen. In Foren und Gruppen für Introvertierte tauschen sich täglich Menschen aus, die mit ähnlichen Problemen kämpfen wie Du. Auch dafür gibt es bereits einen gesonderten Beitrag, den Du hier findest: Ressourcen für Introvertierte. 

Tipp 9: Bitte um Hilfe. Menschen jeden Alters haben durch die Akzeptanz ihrer Introversion einen völlig neuen Blick auf die Welt und sich selbst erhalten. Lerne von ihren Erfahrungen und teile Deine eigenen.

Introvertiert aber selbstbewusst: Ein Schritt nach dem anderen

Jeder Scharlatan möchte Dir weismachen, dass Du mit einem Trick alles änderst. Lies nur dieses Buch und alles wird gut! Kaufe meinen Kurs und Du wirst sofort zum Checker! In 7 kleinen Übungen zur absoluten Perfektion!

Tut mir leid, aber so läuft das nicht. Diese hier aufgezeigten Schritte, wirst Du nach und nach gehen müssen. Du wirst scheitern. Du wirst frustriert sein. Wir verändern uns jedes Jahr, jeden Tag, jede Stunde. Was uns die Welt vor die Nase setzt, können wir nicht planen.

Viele der negativen Gedanken und Verhaltensweisen, die dazu führen, dass wir nicht selbstbewusst sind, wurden über Jahre oder Jahrzehnte hinweg erlernt. Vielleicht hast Du gerade erst erkannt, dass Du introvertiert bist. Oder Du weißt es schon seit Jahren. Egal wo Du startest, Du wirst viel aufarbeiten müssen und immer wieder zu neuen Erkenntnissen kommen.

Tipp 10: Glaube niemandem, der Dir eine perfekte Lösung verspricht. Selbstbewusstsein kommt aus dem Bewusstsein für das Selbst. Das wirst Du nicht an einem Tag entwickeln oder in einer Woche verändern. Erlaube Dir, Fehler zu machen und Dir Zeit zu nehmen.

still die kraft der introvertierten

Introversion und Selbstbewusstsein

Hoffentlich verstehst Du Introversion und Deine speziellen Bedürfnisse nun etwas besser. Natürlich ist dies kein klassischer Ratgeber-Text, denn es gibt keine perfekte Lösung und keine speziellen Übungen, die sofort alles verändern.

Ich möchte an dieser Stelle auch nicht davon abraten, Tipps gegen Schüchternheit oder Sozialphobien einzuholen. Es gibt durchaus sehr gute Ratgeber. Aber Du solltest vorher immer genau überprüfen, ob derjenige, der Dir Tipps gibt, Deine Situation auch wirklich versteht. Leider versuchen zu viele Selbsthilfe- oder Persönlichkeitsberater, eine Universallösung für alle Menschen zu verbreiten. Die gibt es nicht und leider bleiben vor allem die Introvertierten dabei häufig auf der Strecke und entwickeln eher mehr Probleme.

Seit über 27 Jahren bin ich introvertiert und seit circa drei Jahren beschäftige ich mich aktiv mit Introversion. Ich kann Dir sagen, dass es sich toll anfühlt, zu sich selbst zu stehen und zu lernen, wie viele andere es gibt, die genauso denken wie ich oder zumindest ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Ich würde mir wünschen, dass viel mehr Menschen zu dieser Erkenntnis gelangen – damit geht nämlich automatisch ein Selbstbewusstsein einher, das ich nicht mehr missen möchte.

8 Kommentare

  1. Hallo Jennifer,

    ich finde Deine Entscheidung vernünftig, weil nicht wirklich absehbar ist, wie es sich in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln wird.
    Daher wünsche ich Dir eine gute Rückreise und eine schöne Zeit in Deutschland.
    Der Frühling ist auch schon da, um sich wunderbar und lange in der Natur aufzuhalten und gesunde Energie zu tanken. 🙂

    Ich wünsche Dir positive Gedanken und viel Gesundheit!

    PS. Deinen interessanten Blog behalte ich weiterhin im Auge. 😉

    Liebe introvertierte Grüße,
    Viktor

  2. Liebe Jennifer
    Ich habe mich in deinen Zeilen wiedergefunden. Je älter ich werde (unterdessen 58), je mehr kommt mein Introvertiertsein zum Vorschein. Oder ich konnte mein Tun vorher nicht zuordnen, ich würde es heute als ambivertiert bezeichnen. Oder ich getraue mich jetzt eher, so zu sein, wie ich bin.
    Ein Schlüsselerlebnis war eine junge neue Arbeitskollegin, welche sich als introvertiert bezeichnete. Ich sagte zu ihr, das würde man überhaupt nicht merken, im Gegenteil, sie wirke sehr selbstbewusst. Ihre Antwort: sie hätte gelernt extrovertiert zu scheinen, da introvertiertsein nicht zum heutigen Lebensstil passe.
    Ich muss zugeben, dass sie mir zu diesem Thema die Augen geöffnet hat, weil ich nie auf den Gedanken gekommen wäre, dass ich introvertiert sein könnte. Solche Menschen werden schliesslich für komisch angeschaut. Manchmal sagte ich zwar von mir selbst, ich sei kein Herdenmensch und gerne mal für mich allein. Mich als introvertiert zu bezeichnen, hätte ich jedoch nie zugegeben bzw. mich als solche erkannt.
    Deinen Blog werde ich mit Sicherheit weiterbefolgen.
    Herzliche Grüsse
    Carol

    • Hallo Carol, vielen Dank, dass du deine Erfahrung teilst, auch wenn es natürlich schade ist, dass du nicht eher mit dem Thema in Kontakt treten konntest.

      Nach und nach wird über Introversion aufgeklärt und Introvertierte gewinnen so auch als „Gruppe“ an Selbstbewusstsein. Hoffentlich liegt die Zeit, in der introvertiert/ruhig/nachdenklich sein, als komisch gilt, bald hinter uns. Bis dahin suchen wir uns halt unsere Ecken, in denen wir verstanden und geschätzt werden 🙂

      Liebe Grüße
      Jennifer

      • Liebe Jennifer
        Ich bin dankbar, auf diesen Blog gestossen zu sein. Endlich ohne Gewissensbisse so zu sein, wie ich bin. Viel zu oft habe ich auf Parties etc. ausgeharrt, obwohl ich längst genug hatte. Oder das Versuchen auf Leute zuzugehen, obwohl mich der Smalltalk nur langweilte und ermüdete. Was für eine vergeudete Zeit.
        Ich liebe den Kontakt zu zweien. Sei es mit Ehemann oder einer Freundin oder im kleinen Familien- oder Freundeskreis. Auch ein Treffen mir mehreren Kollegen ist okay, ich verabschiede mich aber, sobald es für mich genug ist.
        Jeder ist sich selbst am nächsten und lieber spät als nie ?
        Herzlichst, Carol

  3. Hallo Jennifer.
    Ich habe deinen Beitrag gelesen und fand ihn super. Ich bin selbst ein introvertierter Mensch und du hast mir mit diesem Beitrag wie aus der Seele gesprochen. Ich konnte mich hier sehr gut wieder erkennen. Danke für die Tipps. Dieser Beitrag hat mir sehr geholfen. Vielen Dank.
    Liebe Grüße
    Pauline

    • Hi Pauline,

      danke, dass du dir die Zeit genommen hast, Feedback da zu lassen 🙂 Das ist immer schön zu lesen und da weiß ich, dass es immer noch Introvertierte gibt, die solche Artikel brauchen!

      Liebe Grüße
      Jennifer

  4. Total daneben dieser Beitrag eine Introvertierte die die schlechten Eigenschaften des Introvertiert sein raus reden möchte. Natürlich kann man lernen selbstbewusster zu werden. Und wir sind soziale Wesen. Und selbst der Introvertierte nur er sie muss lernen ehrlich zu sein statt sich zurück zu ziehen und das Opfer zu spielen. Extrovertierte brauchen auch Ruhe nur eben nicht auf Dauer. Und das Beispiel mit Corona ist ja wohl das lächerlichste was ich gehört habe. Leben heißt in der Natur draußen sich nicht im Zimmer einsperren was sind das hier für verwirrende Ansichten. Wir sind soziale Wesen und das ist gut so. Anscheinend ist die Autorin neidisch auf Macher.

    • Guten Tag,

      Introvertiertheit ist von Natur aus weder schlecht noch gut – das ist wissenschaftlicher Konsens, nicht meine Meinung. Wo ist hier jemand „Opfer“? Oder unehrlich?
      Der ganze Text gibt Tipps zum selbstbewusster werden, also ja, man kann das lernen, steht doch da auch. Im Text steht nicht, wir wären keine sozialen Wesen – im Gegenteil „Der Mensch ist ein soziales Wesen, das hören wir immer wieder. Da möchte auch dieser Beitrag nicht widersprechen. Ein gewisses Maß an Sozialkontakten ist für 99,9 Prozent der Menschen wichtig und förderlich.“ Corona hieß nicht, dass man sich im Zimmer einsperren musste, in der Coronazeit haben viele Menschen das Wandern für sich entdeckt, neue Hobbys gestartet oder neue Kommunikationsformen ausprobiert. Und dass es bei der Wahrnehmung der Corona-Zeit Unterschiede zwischen introvertierten und extrovertierten Menschen gab, ist auch nichts Neues, sondern gut und von vielen anderen Medien dokumentiert worden. Woraus Sie da lesen wollen, dass man sich im Zimmer einschließt, weiß ich nicht.

      Neidisch auf „Macher“ zu sein, scheint irgendwie Quatsch zu sein, wenn man bedenkt, dass Sie sich hier auf einem ziemlich erfolgreichen Blog befinden und zu den introvertierten Machern dieser Welt Menschen wie Mark Zuckerberg, Albert Einstein, Emma Watson, Angela Merkel oder Steven Spielberg gehören.

      Es gibt in nahezu allen größeren Städten Weiterbildungsangebote für Erwachsene, ich empfehle Ihnen ein Kurs im Bereich „Leseverständnis“ 😉

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