Ich liebe Regen und Gewitter: Was ist pluviophil?

Die Themen Gewitter und Regen spalten die Nation: Nervig und problematisch oder geil und zum Genießen? Tja, ich sage: Absolut mega ober cool. Ich liebe Gewitter und ich weiß, dass ich nicht alleine bin.

Denn auch wenn es bisher keinen (offiziellen) Fachbegriff für Gewitterliebe gibt, so gibt es doch bereits einen für die Liebe zum Regen. Hier kommt also ein Liebesbrief an die Unwetter, Stürme, Regengüsse und Donnerschläge.

Warum liebe ich Regen?

Für viele Menschen ist Regen eine unangenehme Sache, die ihren Alltag durcheinander bringt. So wie Pickel oder Nazi-Demos. Man hat einen Plan, startet gut gelaunt in den Tag und plötzlich ist diese Widerlichkeit mitten im Weg. Oder man hat eben einen Pickel.

Doch anders als Nazis ist Regen eine gute und wichtige Sache. Er steht für Erneuerung, Fruchtbarkeit und Wachstum. Seit Jahren sprechen wir darüber, wie sehr uns der Regen fehlt, weil wieder und wieder zu wenig direkt vom Himmel herunterfällt. Und ja, das war eine Drake & Josh Anspielung.

Das Gefühl von Regen auf der aufgewärmten Haut ist wundervoll und jeder, der etwas anderes behauptet, muss bisher nie die Zeit gehabt haben, einfach mal grundlos im Regen zu stehen.

Aber hört nicht nur auf mich – auch Hollywood ist davon überzeugt, dass Regen eine gute Sache ist. Wozu werden denn wohl ständig Szenen im Regen gedreht? Alles ist dramatischer, wenn es regnet.

Und bitte sagt mir, dass ihr zu den Menschen gehört, die früher (oder heute?) die Regentropfen an der Autoscheibe beobachtet und sich einen ausgesucht haben, der gegen die anderen Tropfen ein Rennen führen musste.

Regen ist nichts Schlimmes. Der Hauptgrund, warum ihn viele Menschen nicht mögen, ist, dass er unsere stressigen Leben durcheinander wirft. Er stört auf dem Weg zur Arbeit. Wir können nicht alles perfekt erledigen, wie wir es geplant hatten. Keine Zeit für Regen!

Das finde ich ziemlich traurig, denn ich liebe den Regen. Klar, auch mir durchkreuzt er die Pläne. Aber sich an das offene Fenster zu stellen und dem Regen zu lauschen, gehört zu den Highlights meines Tages.

Wem das egal ist, weil ich nur irgendeine Tussi mit einem Internetblog bin, der kann auch einfach auf die vielen Kulturen und Religionen schauen, die Regen verehrten. Die Maya nannten ihren Regengott Chaac, im Christentum ist Petrus zuständig und weil die griechische Mythologie sich weigert, jemals Mainstream rüberzukommen, hat bei ihr Zeus in Form des goldenen Regens die schöne Danaë befruchtet. Wer sich mehr dazu gönnen möchte, bitte hier entlang: Regen in der Mythologie.

pluviophil

Was bedeutet pluviophil?

Jemand, der pluviophil ist, liebt den Regen und seine Begleiterscheinungen. Der Begriff wird in Deutschland bisher selten verwendet und ist eher im englischsprachigen Raum bekannt.

Das möchte ich spätestens mit diesem Beitrag ändern. Jeder, der den Regen liebt, sollte das auch aussprechen. Natürlich erntet man dafür komische Blicke, denn man (haha) schwimmt ja ein wenig gegen den Strom. Also sagt es mit mir: pluviophil!

regen ist toll

Warum liebe ich Sturm und Gewitter?

Doch ich liebe nicht nur den Regen, ich liebe auch Stürme und Gewitter. Hier lasse ich eine Kritik absolut gelten und ich möchte das auch vorher aufklären: Stürme und Gewitter richten heftige Schäden an und ich wünschte, niemand müsste davon negativ betroffen sein.

Ich geile mich nicht daran auf, wenn Menschen ihr Hab und Gut verlieren oder sogar verletzt werden. Darum geht es hier nicht.

Doch genau da liegt auch die Faszination von Gewittern: Sie sind nicht menschengemacht und meine Liebe für sie unterstützt absolut niemanden. Wenn ich im Fanblock eines Fußballvereins neben (Möchtegern-)Ultras stehe, die sich an homophoben Gesängen und Feuerzeugen aufgeilen, dann bin ich nicht unschuldig. Ich bin nicht das Problem, doch meine Anwesenheit und Liebe zur Stimmung machen mich eben auch in gewisser Weise schuldig.

Wenn ich das Krachen des Donners höre, dann muss ich sowas nicht fühlen. Denn all die menschlichen Probleme, all der Hass und die Gewalt verschwinden in dem Moment, in dem die Natur ihre Muskeln spielen lässt und uns zeigt, wie unbedeutend wir sind.

Das ist die wahre Anziehungskraft der Gewitter: Wir, das evolutionäre Wunder des Planeten Erde, das so oft Gott spielt, im Angesicht der Dinge, die wir nicht aufhalten können. Für mich sind Stürme und Gewitter ein Muskelspiel der Natur, die uns aufzeigt, dass wir unglaublich arrogant sind, wenn wir glauben, alles unter Kontrolle zu haben.

Und anders als der Regen, der uns für gewöhnlich nur zur minimalen Anpassung zwingt, lassen echte Gewitter uns kaum Spielraum. Wenn die Gewitter und Stürme toben, dann können wir nicht joggen gehen (warum sollten wir auch?), im Garten arbeiten oder fix zum Bäcker gehen – wir geben den Ton nicht mehr an, die Natur sagt, wo es langgeht.

Ein Begriff für die Gewitterliebe: Chrysalismus

Nun scheint klar zu sein: Ich liebe Regen und Gewitter. Also wird es noch Zeit für ein wenig Wissensvermittlung. Leider ist pluviophil aktuell noch alleine, wenn es um mein Vokabular zur Beschreibung eigenartiger Vorlieben geht. Denn es gibt keinen offiziellen Begriff für Gewitterliebe.

Aber das stört das Internet ja nicht. Das Internet bestimmt einfach, dass es einen Begriff geben soll. Daher wurde auf verschiedenen Blogs der Begriff Chrysalismus (englisch: chrysalism) vorgeschlagen.

Chrysalismus beschreibt die Ruhe, die ein Mensch verspürt, wenn er ein gefährliches Unwetter von einem ruhigen Ort aus beobachtet.

ich liebe sturm

Für Regen- und Gewitterliebhaber

Seien wir ehrlich, wer auf diesen Artikel geklickt hat, wusste ja, worauf er sich einlässt. Somit gehe ich davon aus, dass hier ebenfalls Liebhaber des gepflegten Pfützchens und heftigen Knalls unterwegs sind.

Hier kommen also drei Videos, die bestätigen, dass wir recht haben und alle anderen nicht.

Regen beruhigt. Kopfhörer auf (oder rein, falls ihr keine coolen Kopfhörer zum Aufsetzen habt) und genießen. Wer sich davon nicht beruhigen lässt, der … ja, keine Ahnung, der sollte tief durchatmen und es noch mal versuchen.

Gewitter sieht geil aus. Da wir leider nicht planen können, wann das nächste Gewitter auftaucht, sind wir abhängig von der Gnade von Mutter Natur. Doch das Internet hilft. In diesem Fall, indem es einen wichtigen Warnhinweis von mir unterstreicht: So sehr ich Gewitter liebe, ich riskiere dafür bestimmt nicht mein Leben.

Singing in the rain. Dieser Blog ist nun schon über ein Jahr alt und es ist mir bisher nicht gelungen, das folgende Video sinnvoll einzubauen. Bis heute. Denn wenn es keinen Regen gäbe, gäbe es auch diese wundervolle Performance nicht.


Eigentlich glaube ich, dass meine Regen- und Gewitterliebe gar nicht so ein Nischenthema ist. Nur hört man im Alltag hauptsächlich von denen, die Regen nicht leiden können oder die Angst vor Gewitter haben. Also, Internet, mach dein Ding und sag mir, wo die ganzen Pluviophilen und Chrysalismus-Freaks zu finden sind!

16 Kommentare

  1. Herrlicher Artikel!
    Gewitter fasziniert mich.
    Regen beruhigt mich ungemein (vielleicht, weil damit die Vorstellung verbunden ist, dass dann ganz wenig Menschen auf der Straße sind).
    Ich wusste bisher nicht, dass das mit Introversion zusammenhängt.

    • Hallo Gerd, schön, dass es noch mehr Gewitterliebhaber gibt 🙂 Im Regen spazieren zu gehen, ist wirklich toll. Glaubt mir nur selten jemand 😀 Aber je weniger Menschen mir zustimmen, umso weniger ist dann los, was auch okay ist!

      Liebe Grüße

  2. Bei mir hat die Pluviophilie neben der Bedeutung des Regens für die Natur (ich betreibe hobbymäßig ein wenig Obstbau) auch praktische persönliche Gründe: Als Stauballergiker vertrage ich keine trockene Luft, und direkte Sonneneinstrahlung macht mir auch zu schaffen. Wenn es regnet (z.B. ein warmer Landregen im Sommer), fliegt kein Staub durch die Gegend und die Sonne versengt mir nicht die Haut.

    Gewitter können zwar Schäden anrichten, aber nur solche, mit denen die Natur irgendwie klarkommt. Rein physikalisch gesehen sind sie interessante Naturphänomena, und man hat die Möglichkeit, durch Blitzableiter, Überspannungsschutz oder einen sicheren Unterstand etc. möglichen Schäden vorzubeugen.

    Wenn man mit „Pluviophilie” schon einen latinogräzistischen Neologismus geprägt hat, schlage ich für die Freude am Gewitter den analog gebauten Begriff „Tempestophilie” vor.

  3. Kenne eine Frau (hm, unglückliche Liebe) die wie ich Gewitter und heftigen Regen liebt Gestern erst wieder. Schreckluch schön….Zum Weinen schön..

  4. Hi Jennifer
    Für mich gibts nix Besseres als bei einem heftigen Gewitter in einer kleinen Gartenhütte zu sitzen und dem Regen zu lauschen, wenn er auf das Dach prasselt. Dazu noch ein schönes Glas Cognac und ich bin glücklich ☺️

  5. Ich sitze auf meiner Hollywoodschaukel, im Regen, und freue mich über diesen Artikel. Und vor allem darüber, dass ich nicht die Einzige Verrückte bin.

    • Hi Cora,

      das klingt himmlisch. Regenliebhaber gibt es zu Genüge – wir sitzen nur meist gerade fasziniert am Fenster (oder auf der Hollywood-Schaukel), während die anderen meckern 😀

      Liebe Grüße
      Jennifer

  6. regen und ich bin der glücklichste mensch, die natur atmet, regen ist leben. ist es dann auch noch etwas warm, ziehe ich meine schuhe aus und stehe bloßfüßig draußen im garten, drehe mich und bin zutiefst zufrieden-nur in diesen momenten ist alles gut.
    und ein spaziergang im regen -der beste entschleuniger, seelenhygiene pur.
    danke für den artikel, dieser spricht mir voll und ganz aus meiner seele.

  7. Erwache ich beim Klang des Regens, wird es ein guter Tag. Ist ein Regenband gemeldet: wie schön, ich freue mich. Regnet es, höre ich keine Musik auf dem Weg zur Arbeit, sondern lausche dem Regen auf meinem Schirm. Beginnt es zu regnen, während ich Rad fahre, Poncho an und die Tropfen im Gesicht feiern.
    Ich dachte schon, ich bin alleine mit meiner „Störung“ :-).

  8. Ich liebe Tornados…ich möchte zwar nicht dass einer mein Haus trifft, aber die Faszination begleitet mich schon seit meiner Kindheit.

  9. ,,’Wenn die Gewitter und Stürme toben, dann können wir nicht joggen gehen (warum sollten wir auch?), im Garten arbeiten oder fix zum Bäcker gehen“

    Wieso nicht? Bist aus Zuckerguss?

    „warum sollten wir auch?“

    Weil’s GEIL ist!

    Sind die Tropfen nicht fett genug, laß ich Sie vom Kirchendach auf mir zerplatzen…

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