Immer wieder müssen sich Introvertierte anhören, dass sie mehr reden sollten, alles nicht so schlimm ist oder dass sie doch mal lächeln könnten. Das nervt manchmal wirklich! Hier kommen also die Top 10 Sprüche, die Introvertierte hassen – mit einer Erklärung für all diejenigen, die nicht verstehen, wo eigentlich das Problem liegt.
Falls du unsicher bist, ob das ein Artikel für dich ist, überprüfe einfach, ob du schon einmal einen der folgenden Sprüche gehört hast und dir dachtest, meine Güte, lass mich doch sein wie ich bin.
Sprüche, die Introvertierte ständig hören:
- Lächel doch mal!
- Hab dich mal nicht so!
- Wenn du erst mal da bist, wird es dir schon gefallen.
- Ach, du bist nur schüchtern …
Sag doch mal was!
Warum reden, wenn man nichts zu sagen hat? Menschen, die reden, obwohl sie nichts beizutragen haben, nichts wissen oder sogar falsche Informationen verbreiten, sind ein Grund, warum viele Introvertierte diese Welt so anstrengend finden.
Klar, manchmal tut es uns gut, wenn wir aktiv in ein Gespräch eingebunden werden. Doch häufig ist Sag doch auch mal was nur zusätzlicher Druck, den wir gar nicht brauchen. Wir hören gerne zu. Und wenn wir wirklich meinen, dass wir etwas Wertvolles beizutragen haben, werden wir den Mund schon aufmachen.
Außerdem sind wir häufig nur in großen Gruppen ruhig. Mit unseren Lieblingsmenschen oder überschaubaren Gruppen sind wir auch mal bereit, einfach nur zu quatschen, ohne viel zu sagen zu haben.
Geht es dir gut?
Wenn wir krank aussehen oder gerade etwas Schlimmes passiert ist, dann ist diese Frage natürlich legitim und rücksichtsvoll. Aber nur weil jemand nicht viel redet oder sich ein bisschen zurückzieht, ist er nicht krank!
Wenn du völlig zufrieden bist und dich dann jemand fragt, was mit dir nicht stimmt, dann verhagelt dir das schon mal die Stimmung. Selbst wenn es nicht böse gemeint ist – wie übrigens die meisten Sätze auf dieser Liste.
Lächel doch mal!
Gut, lächel doch mal, ist kein Satz, der nur Introvertierte nervt. Alle Varianten von „lächel doch mal“ sind weißglutbringend. Wann ich lächle, wie ich lächle, wieso ich lächle und ob ich lächle, geht andere Leute überhaupt nichts an.
Es gibt Menschen, die lächeln sehr viel und es gibt Menschen, die lächeln nicht so viel. Aber sprecht mir nach: Kein Außenstehender hat das zu beurteilen. Und schon gar nicht, weil man dann hübscher aussehen würde oder netter wirkt.
Was geht Menschen durch den Kopf, die der Meinung sind, dass ihr Gegenüber in ihrer Anwesenheit lächeln müsste? Nein ernsthaft, was ist der Sinn hinter Sätzen wie: Lächel doch mal?
Wenn uns etwas zum Lächeln bringt, dann ist das gut. Aber wenn gerade nichts Besonderes passiert (oder uns deine Anwesenheit sogar nervt), dann sollten wir uns nicht zum Lächeln zwingen müssen, nur weil du es gerne so hättest!
Wenn du mehr aus dir rausgehen würdest…
Viele Introvertierte wünschen sich früher oder später, dass sie etwas mehr wie Extravertierte wären. Etwas lockerer, sozialer oder eben offener. Doch der Hinweis, dass wir nur mehr aus uns herausgehen sollen, hilft nicht.
Denn entweder sind wir bereits zufrieden damit, wie wir sind – dann sagst du uns im Wesentlichen, dass du uns nicht magst – oder wir wissen bereits, dass wir mehr aus uns herausgehen müssen und du reibst es uns noch einmal unter die Nase. Meist ohne echte hilfreiche Tipps.
Böse gemeint ist das sicherlich in den seltensten Fällen, doch wenn man diesen Satz zum x-ten Mal hört, nervt er einfach nur.
Hab dich mal nicht so!
Nun stoßen wir in den Sprüche-Bereich vor, der tatsächlich Schaden anrichten kann. Denn Hab dich mal nicht so löst bei vielen Introvertierten eine heftige Reaktion aus – obwohl man das so gut wie nie sehen kann.
Dieser Satz kann nicht ohne einen Vorwurf gesagt werden. Der Ton bestimmt, wie böse er wirklich gemeint ist, doch so oder so, er impliziert, dass wir Introvertierten dir das Leben schwer machen. Wenn wir uns nämlich „so haben“, dann hat das scheinbar einen Nachteil für dich.
Meist hören wir diesen Spruch, wenn wir zu etwas nein sagen. Einer Party, einer zusätzlichen Aktivität oder noch während der Planung einer Sache oder eines Treffens.
Viele Introvertierte haben gelernt, einfach Ausreden für diese Situationen bereit zu halten. Anstatt zuzugeben, dass wir nach einer langen Arbeitswoche am Sonntag nicht noch aus dem Haus gehen wollen, erfinden wir einen Termin. Statt zu sagen, dass wir nicht gerne auf laute Partys gehen, müssen wir angeblich am nächsten Tag früh raus (und damit meinen wir natürlich, früh mit dem Seriengucken anfangen).
Versuchen wir es allerdings mit der Wahrheit, dann kommt häufig zurück: Hab dich mal nicht so. Eng gepaart mit dem nächsten Spruch, der introvertierte Menschen in den Wahnsinn treibt.
Ist doch nur…
Was ist denn so schlimm an einer Party? Oder an einem Grillabend? Oder an der zusätzlichen Stunde, die nicht eingeplant war?
Hab dich mal nicht so, ist doch nur…eine Party, eine kleine Gruppe, ein bisschen länger als sonst.
Schon verstanden, lieber Freund, du hast endlose Energie für soziale Aktivitäten. Wir jedoch nicht. Eine Stunde zusätzlich unterwegs sein, kann für uns den Unterschied zwischen einem tollen Tag und einem Tag sein, der uns in eine Krise stürzt.
Stell dir vor, du hast Höhenangst und wir würden dir sagen, hab dich mal nicht so, ist doch nur ein Bungee-Sprung. Klingt blöd, oder? Aber so geht es uns an manchen Tagen wirklich. Noch schnell auf eine Party zu gehen, nachdem wir bereits den halben Tag shoppen waren, verursacht enormen Stress.
Mal abgesehen davon, dass du unsere Bedürfnisse ins Lächerliche ziehst, setzt du uns auch noch unter Druck. Denn wir wollen dich ja nicht enttäuschen oder blöd aussehen. Sonst wirken wir arrogant – ein nicht ganz seltenes Phänomen bei Introvertierten.
Aber meist haben die Sprücheklopfer den nächsten Satz schon startbereit.
Wenn du erst mal da bist…
Wahrscheinlich hat diesen Satz jeder schon einmal gesagt. Wenn du erst einmal da bist, dann wird es schon Spaß machen. Hab dich mal nicht so, ist doch nur ein Bar-Abend, wenn du erst einmal da bist, wird die Lust schon aufkommen.
Nope. Bei Kindern und Jugendlichen mag dieser kleine Anstoß gelegentlich notwendig sein. Doch Introvertierte, besonders die, die ihre Bedürfnisse bereits verstehen, wissen wirklich, ob ihnen eine Veranstaltungen Spaß machen wird oder nicht.
Wer sein Energie-Level nämlich richtig einschätzt, weiß auch, ob er einen Abend noch überstehen wird. Oder zusätzliche Gäste. Unerwartete Planänderungen.
Sagen wir definitiv nein zu etwas, dann bevormundet uns nicht. Dass wir wissen, was wir wollen und was nicht, ist kein Makel.
Sei mal nicht so arrogant!
Der ein oder andere Leser wird bei diesem Text auch denken, dass er vor Arroganz strotzt. Also noch mal: Zu wissen, was man möchte und was nicht, ist keine Arroganz, es ist sogar echt toll. Wenn wir kleine Treffen zu zweit oder dritt lieben, dann müssen wir uns nicht zu Partys mit Hunderten Leuten zwingen.
Das heißt nicht, dass wir etwas Besseres sind. Obwohl es natürlich auch arrogante Introvertierte gibt, die sich für etwas Besseres halten. Aber unsere Introversion macht uns nicht arrogant.
Es ist sogar ziemlich cool, wenn man die eigene Gesellschaft so sehr schätzt, dass man selektiert, mit wem man sonst so rumhängt. Ständige Verfügbarkeit oder Tausende Freunde machen uns nicht glücklich. Wahrscheinlich macht das niemanden glücklich, doch viele spielen einfach mit.
Die meisten Introvertierten freuen sich, wenn sie eingeladen werden und ablehnen und dann trotzdem noch ein Angebot erhalten. Sagt ein introvertierter Freund also, dass er keine Lust auf eine Hausparty hat, dann frag ihn, wie es mit einem Kaffee am Sonntag aussieht.
Langweilst du dich nicht alleine?
Absolute Lieblingsfrage. Nein, wir langweilen uns nicht, wenn wir alleine sind. Sicherlich brauchen die meisten Introvertierten auch gelegentlich Sozialkontakte, um das Leben interessanter zu machen, doch einen Großteil unserer Zeit können wir hervorragend mit uns selbst verbringen.
Lesen, Filme schauen, Musik hören – selbst aufräumen, umräumen oder einfach nur rumliegen, kann uns Spaß machen. Viele von uns verfügen über eine rege Phantasie und können stundenlang spazieren gehen, um dabei einfach über alles Mögliche nachzudenken. Also nein, wir langweilen uns nicht. Und falls doch, na dann können wir immer noch Leute treffen.
Ach, du bist nur schüchtern.
Die gute alte Verwechselung von Schüchternheit und Introversion. Keine Sorge, diesen Fehler machen selbst Introvertierte. Wir denken, wir seien schüchtern und menschenscheu, weil wir uns ständig unter Leute zwingen. Fangen wir dann endlich an, mal darauf zu achten, was wir wirklich wollen, merken wir, dass wir eigentlich gerne unterwegs sind.
Wenn wir über etwas sprechen, was uns begeistert, sind wir plötzlich laut und aufgeregt. Treffen wir unsere besten Freunde, fallen wir ihnen manchmal sogar ins Wort. Wir tun verrückte Dinge und haben unendlich Spaß.
Doch viele von uns sind eben auch zusätzlich noch schüchtern. Das wird problematisch, wenn es uns daran hindert, ein gutes Leben zu leben. Sind wir allerdings zufrieden mit unseren Freunden, unserer Familie und unserem Job, na was stört es dann, dass wir auf Fremde nicht zugehen, als würden wir sie schon seit Jahren kennen?
Ruhe brauchen und ruhig sein, wenn man nichts zu sagen hat, bedeutet nicht, dass man schüchtern ist. Es wäre schön, wenn das alle akzeptieren könnten. Dann müssen wir nicht ständig hören, dass mit uns etwas nicht stimmt (so kommen nämlich viele der Sprüche hier bei uns an), weil wir nicht aus uns herausgehen, auch mal nein sagen oder still sind.
Weitere Sprüche über ruhige Menschen
Die folgenden zwei Sätze hat Ute B. aus der Gruppe „Introvertiert-Hochsensibel“ beigesteuert, vielen Dank dafür!
Du bist mir gar nicht aufgefallen / Ach, wir kennen uns?
Es ist nicht schön, zu hören, dass man anderen Menschen nicht in Erinnerung bleibt. Introvertierte nehmen Treffen, Unterhaltungen und Bekanntschaften ernst und wollen sich auf sie konzentrieren. Dadurch sind wir gar nicht wirklich in der Lage, oberflächlich mit jemandem zu sprechen oder das Gespräch und die Person einfach zu vergessen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es sehr unangenehm ist, wenn ein Gegenüber sich nicht mehr an das Treffen erinnert. Das gibt uns das Gefühl, wir wären weniger wert oder langweilig.
Oh, das denkt man von dir gar nicht
Dieser Spruch geht Hand in Hand mit dem beliebten Sprichwort: Stille Wasser sind tief. Weil wir ruhiger oder zurückhaltender sind, gibt es Dinge, die uns nicht zugetraut werden. Ruhiger Metal-Fan? Introvertierter Verkäufer? Leiser Experte für Musik, Sport, Kunst, etc.? Stille Wasser sind tief ist dabei noch gelegentlich freundlich gemeint. Doch Oh, das denkt man von dir gar nicht klingt fast immer danach, als würde unsere zurückhaltende Art uns davon abhalten, Hobbys zu pflegen, bestimmte Jobs auszuüben oder positive Charaktereigenschaften zu haben.
„Schau nicht so finster!“
Die Begründung für diesen Spruch habe ich direkt aus dem Kommentar (siehe unten) von Alex übernommen, vielen Dank dafür!
Meine (Alex) Gedanken dazu: Ich sehe nicht ein, warum ich mich für meinen natürlichen, entspannten Gesichtsausdruck vor irgendwem rechtfertigen müsste, schon gar nicht in erschreckender Regelmäßigkeit. Ich bin Befürworter der Einstellung „leben und leben lassen“ und käme meinerseits niemals auf die Idee, einen anderen Menschen auf seinen Gesichtsausdruck anzusprechen, geschweige denn zu verlangen, dass er sein Gesicht ÄNDERN soll.
Ich finde dieses Verhalten anmaßend und grenzüberschreitend, vor allem, wenn ein solcher Spruch vor „Publikum“ getätigt wird. Am meisten stört mich dabei das Gefühl, dass der Sprücheklopfer (und nicht selten auch das „Publikum“) von mir eine Rechtfertigung für mein Gesicht erwartet. Geht´ s noch??
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Hoffentlich konnte ich mit dieser Liste die nervigsten Sprüche abdecken. Falls ich noch einen vergessen habe – wegen Schludrigkeit oder weil ich persönlich bisher das Glück hatte, damit noch nicht konfrontiert worden zu sein – dann immer her damit.
Wie eingangs erwähnt, sollen die Hinweise in diesem Text nicht böse gemeint sein. Auch ich habe den ein oder anderen Spruch hier schon unüberlegt einem anderen Introvertierten entgegen geworfen. Doch vielleicht hilft der Beitrag ja dabei, für etwas mehr Bewusstsein beim Thema Introversion zu sorgen. Im folgenden Artikel erfährst du, wie du mit unverschämten Menschen umgehen kannst, die auch nach Erklärung nicht verstehen wollen, was Introversion bedeutet: Unverschämte Menschen.
PS: Wanderlust Introvert gibt es jetzt auch auf YouTube. Hier geht es zum Video über den Spruch: „Hab dich mal nicht so!“
Hallo,
ich bin froh, dass ich auf deinen Blog bzw diesen Eintrag gestoßen bin. Momentan muss ich (19) mir ständig von meiner besten Freundin anhören, wie viel besser mein Leben wäre, wenn ich mehr unter Leute gehen würde und wie viel mehr Sinn ich meinem Leben geben würde. Ich mag es sehr, zu Hause zu sein und meine Zeit nur mit mir alleine Stunden lang in meinem Zimmer zu verbringen zB beim Serien/Filme gucken, Musik hören und wild tanzen, Lesen, Instagram durch scrollen oder einfach über die Welt philosophieren. Ich genieße aber auch sehr die Zeit mit meiner Familie beim gemeinsamen essen, Karten oder Schach spielen, Fernsehr gucken oder wenn wir etwas unternehmen. Ich komme sehr gut mit mir selbst aus, nur muss ich immer und immer wieder von meiner besten Freundin den selben Satz hören „du MUSST unter Leute gehen und was erleben, sonst verschwendest du dein Leben. Ich will dir doch nur helfen“. Sie hat mich damit so krass unter Druck gesetzt. Solange man seine Zeit mit dem verbringt, was einen glücklich macht, ist doch alles in Ordnung? Auch wenn ich die meiste Zeit im Haus bin, mag ich es auch mal draußen Dinge zu tun wie einkaufen, ins Kino, in ein Restaurant gehen oder ins Theater zu gehen. Solange ich mit dieser Lebensweise glücklich und zufrieden bin, verschwende ich doch nicht mein Leben? Manchmal gibt sie mir das Gefühl, ich wäre nichts wert, nur weil ich gerne alleine zu Hause im ruhigen bin. Ich habe es schon oft versucht ihr dies zu erklären, aber sie will es einfach nicht akzeptieren. Ich dachte wirklich, mit mir würde etwas nicht stimmen, aber durch deinen Eintrag fühle ich mich verstanden, also Danke dafür 🙂
Liebe Grüße,
Diana Ort
Hallo Diana,
es freut mich sehr, dass du aus dem Beitrag etwas mitnehmen kannst. Es gibt leider Menschen, die partout nicht verstehen können, wie es ist, wenn man Zeit alleine genießen kann. Das ist eigentlich sehr schade, denn ob introvertiert oder nicht, jeder sollte hin und wieder reflektieren, was er so erlebt.
Manchmal fühlen sich Menschen regelrecht angegriffen, wenn sie jemandem nahestehen, der nicht so ist, wie sie selbst. Vielleicht ist das bei deiner besten Freundin auch der Fall? Vielleicht hat sie einfach nicht gelernt, alleine zu sein und somit unabhängig von anderen. Dass dir das so gut gelingt und dich sogar glücklich macht, wirkt vielleicht auf sie bedrohlich/wie eine Kritik an ihr. Das ist aus unserer Sicht nicht unbedingt logisch, aber wir Menschen neigen dazu, Logik aus dem Fenster zu werfen, wenn wir uns mit etwas konfrontiert sehen, was unser Selbstbild bedroht.
So oder so könntest du versuchen, ihr zu erklären, dass du so bist, wie du bist, und sie dich doch so auch kennen und mögen gelernt hat. Würdest du plötzlich alles auf den Kopf stellen, dann wärst du doch gar nicht mehr der Mensch, mit dem sie sich ursprünglich angefreundet hat.
Und wenn sie eine wirklich gute Freundin ist, dann sollte sie froh sein, dass du schon gelernt hast, was dir gut tut und was nicht. Das dauert bei vielen Menschen ein Leben lang und dadurch können schwerwiegende psychologische Schäden entstehen.
Ich bin auf jeden Fall sehr froh, von jemandem zu hören, der mit 19 Jahren schon weiß, dass wir nicht alle gleich sind und man sich nicht zur Extraversion zwingen sollte 🙂
Ganz liebe Grüße
Jetzt nach 58 Jahren , weiß ich wer ich bin.
Mein ganzes Leben habe ich gelitten, weil mir immer meine Art vorgeworfen würde. Ich dachte ich bin psychisch krank.
Habe mich ständig verteidigen müssen, auch im großem Streit. Keiner hat mich verstanden. Ich war immer, und bin es noch, überfordert.
Ich weiß jetzt dass ich normal bin.
Es war auch ein Leidensweg.
Hallo g.w.,
schade, dass es so lange dauern musste, bis Du Dich selbst verstehst. Es gibt viele Schattenseiten im Internet, doch eine wundervolle Sache ist, dass sich Introvertierte nun informieren und vernetzen können. Vielen Dank für Deinen Kommentar 🙂
Liebe Grüße
Hallo Jennifer,
ich habe das Bedürfnis, diese nervenden Sprüche um einen weiteren zu ergänzen. Jenen, den ich bisher mit Abstand am öftesten gehört habe. Es gibt keinen Spruch, den ich mehr hasse als diesen. Vorher jedoch möchte ich mich in meinem ersten Kommentar zunächst vorstellen:
Mein Name ist Alex. Ich bin 45 Jahre alt, selbstverständlich introvertiert und komme aus Österreich. Seit vielen Jahren schon beschäftige ich mich mit dem Thema Introversion. Nach längerer Pause habe ich mal wieder das Internet nach interessanten Texten durchstöbert und bin auf wanderlust – introvertiert hängengeblieben.
An dieser Stelle möchte ich Dir, Jennifer, zu Deiner Homepage recht herzlich gratulieren! Ich habe wirklich schon viele Artikel und Blogbeiträge zu unserer Thematik gelesen und zahlreiche Internetseiten besucht. Ich muss ehrlich sagen, dass mir Deine Seite aktuell am Besten gefällt. Natürlich ist mir inhaltlich schon vieles bekannt, aber Du formulierst und gestaltest Deine Beiträge so interessant und anschaulich, dass ich sie gestern Abend alle, einen nach dem anderen, gelesen habe. Daraus konnte selbst ich, der sich lange und intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, noch etwas lernen. Großen Respekt!
Aber nun zum Ausgangsthema zurück. Hier ist er, der Spruch, den ich mit Abstand am meisten hasse und am öftesten höre:
„Schau nicht so finster!“
Alternativ auch als Frage:
„Warum schaust du so böse?“
Meine Gedanken dazu: Ich sehe nicht ein, warum ich mich für meinen natürlichen, entspannten Gesichtsausdruck vor irgendwem rechtfertigen müsste, schon gar nicht in erschreckender Regelmäßigkeit. Ich bin Befürworter der Einstellung „leben und leben lassen“ und käme meinerseits niemals auf die Idee, einen anderen Menschen auf seinen Gesichtsausdruck anzusprechen, geschweige denn zu verlangen, dass er sein Gesicht ÄNDERN soll.
Ich finde dieses Verhalten anmaßend und grenzüberschreitend, vor allem, wenn ein solcher Spruch vor „Publikum“ getätigt wird. Am meisten stört mich dabei das Gefühl, dass der Sprücheklopfer (und nicht selten auch das „Publikum“) von mir eine Rechtfertigung für mein Gesicht erwartet. Geht´ s noch??
Ich gehe davon aus, dass ein solcher Spruch (fast) nur von Extrovertierten kommen kann. Er weist Ähnlichkeiten mit Spruch Nummer 3 („lächel doch mal“) auf. Die Kernaussage ist ja im Grunde dieselbe:
„Dein Gesicht ist nicht in Ordnung!“
Wir Introvertierte (zumindest die meisten von uns) gehen nicht mit einem Dauergrinsen durchs Leben. Das tun übrigens viele Extrovertierte auch nicht. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass in der Regel nur wir Intros für unseren normalen Gesichtsausdruck kritisiert werden.
Nach jahrelanger Beschäftigung mit meiner introvertierten Veranlagung akzeptiere ich mich längst, so wie ich bin. Ich habe es sogar geschafft, das Alltagsleben meinen speziellen, introvertierten Bedürfnissen anzupassen und entsprechend zu ändern. Ich habe gelernt, über den zahlreichen negativen Geschehnissen zu stehen, mit denen wir Introvertierten hin und wieder konfrontiert sind.
Dennoch war es mir ein Bedürfnis, meinem Ärger hier Luft zu machen. Denn bei aller Weiterentwicklung meinerseits, bei aller Akzeptanz für meine introvertierte Persönlichkeit muss ich trotzdem gestehen: Diesen von mir erwähnten Spruch HASSE ICH NOCH IMMER!
Herzlichst,
Alex
Hallo Alex, vielen Dank für deinen langen Kommentar und somit dein Feedback. Es ist schön, mal von jemandem zu hören, der bereits viel Erfahrung mit dem Thema hat und trotzdem noch Gefallen an Wanderlust Introvert finden kann 🙂
Deinen Spruch habe ich oben gleich mal ergänzt. Und weil ich es nicht besser hätte schreiben können, habe ich deine Begründung auch übernommen. Ich habe dich jetzt „Alex aus den Kommentaren“ genannt, falls du einen vollständigen Namen sehen möchtest, sag Bescheid.
Ich kann sehr gut nachempfinden, dass bei aller Akzeptanz noch etwas Restfrustration übrig bleibt, weil wir eben doch noch immer in einer Welt leben, die von Extrovertierten bestimmt wird. Hier kannst du jederzeit Dampf ablassen!
Liebe Grüße
Jennifer
Nun, dann will ich mich bedanken, dass Du diesen scheußlichen Spruch gleich dazugefügt hast! 🙂
Und mein Vorname reicht völlig, das passt schon.
Oh, diesen Satz „Schau nicht so böse“ oder „Du schaust so kritisch“ kenne ich so gut. Ich bin durch Zufall auf diese Seite gestoßen. Mir war bisher gar nicht bewusst, dass es dafür einen Namen gibt. Ich wusste zwar, dass ich introvertiert bin, habe das aber bisher viel zu oft mit Schüchternheit gleichgesetzt. Dabei mag ich den Kontakt zu anderen, aber eben nur in kleinen Gruppen oder 1:1. Auch reise ich total viel und gerne und bin gerne unterwegs. Vielen Dank für diesen augenöffnenden Artikel. Ich werde bestimmt noch ein bisschen auf der Seite herumstöbern. Und ich werde versuchen, mich mehr anzunehmen, wie ich bin anstatt mich selbst zu verurteilen.
Hallo Nicole, schön, dass Dir der Artikel (beziehungsweise generell der Blog) geholfen hat 🙂 Leider sind Missinformationen und Vorurteile über Introvertierte echt noch sehr weit verbreitet – das ist nicht nur nervig, wenn es von Extrovertierten kommt, sondern auch echt ärgerlich, wenn selbst Introvertierte nicht genau wissen, was mit ihnen „los ist“. Wir können da nur weiterhin informieren und uns belesen!
Liebe Grüße
Liebe Jennifer, ich musste gerade lachen, als ich Deinen Text las.
Oja, genau diese Sätze haben mich ein Leben lang begleitet (bin jetzt 49 Jahre). Und glaub mir, sie haben mich zutiefst verletzt. Und nach diesen Sätzen hab ich immer überlegt, was an mir falsch ist.
Heute weiß ich, dass die Menschen einen Drang danach haben, sich mitzuteilen. Es muss immer irgendwas gesagt werden und sei es, dem anderen ihre eigene Wahrnehmung mitzuteilen. Dass sie damit dem anderen zu nahe treten oder sie gar verletzen, so ein Gedanke kommt gar nicht auf.
Aber ich habe auch einen Satz, der gerne zu mir gesagt wird. Und der lautet: He, Du kannst ja auch ganz anders sein!
Ja, ich kann auch ausgelassen sein, ich kann albern sein und ich kann auch viel erzählen. Dazu muss aber die Gesellschaft, in der ich mich befinde, stimmen. Mir wird auch nachgesagt, dass die Gespräche, die mit mir geführt werden, immer super sind. Ja, woran das liegen mag? Wahrscheinlich, weil ich meinem Gegenüber das Gefühl gebe, dass ich mich für ihn interessiere.
Eigentlich ärgere ich mich über mich selbst, dass ich diese besagten Sätze immer nur stillschweigend habe über mich ergehen lassen. Aber das gute ist, dass man sich ändern kann. Ich habe mir einen schönen Satz notiert, den ich mal irgendwo gelesen habe: Schone nicht andere Menschen aus falsch verstandener Rücksichtnahme, aus Harmoniedrang oder weil Du ungute Reaktionen erwartest.
Für mich bedeutet das, sollte mal wieder jemand meinen, etwas an mir kritisieren zu müssen, werde ich nicht mehr stillhalten!
Es grüßt Dich Annett
Moin Annett, danke für deinen Kommentar. Es freut mich sehr, dass du mittlerweile Kontra gibst, wenn dir jemand blöd kommt. Das sollten Introvertierte viel häufiger tun, damit wir mal „Platz einnehmen“ und die Extrovertierten von Zeit zu Zeit etwas ausbremsen. Zumal wir oft Energie für diejenigen opfern, die uns nicht zu schätzen wissen und dann vielleicht keine für diejenigen übrig bleibt, die uns wirklich kennen. Also muss man auch mal „Halt Stopp“ sagen 🙂
Liebe Grüße
Da hab ich mich jetzt einfach total drin gefunden… ich bin auch eher introvertiert; zumindest in großen Menschenmengen. Am besten noch, wenn ich kaum oder gar keinen kenne… das sind definitiv nicht meine liebsten Situationen und all diese Sachen habe ich so oder so ähnlich auch schon mal gehört! XD
Moin Christine,
da bist du hier in bester Gesellschaft 😀 Wir sind zwar alle auch Individuen, aber Intros haben schon beachtlich oft ziemlich ähnliche Erfahrungen gemacht – manchmal ist es gruselig, wie perfekt es passt.
Liebe Grüße
Hi Jennifer,
Ich (32) bin dir echt dankbar für dein Blog und möchte noch eine Spruch bzw. ein Gespräch hinzufügen. Wenn man gerade seine Gedanken freien Lauf lässt kommt mit einem aggressiven Unterton der Satz: „Was ist den los mit dir“ dann schau ich die Leute an und Frage: „Was soll los sein?“ Die verletztende Antwort zieht mich dann mehrere Tage runter: „Wenn ich dich so seh tut es mir weh“. Das Problem ist das ich dann echt sauer werden kann oder mich umdrehen und geh.
Dein Block und dein Buchempfelungen haben mir echt geholfen und es geht mir viel besser.
Hallo Jürgen, freut mich, dass ich Dir ein wenig helfen kann. Es ist wirklich schade, wenn Menschen vorschnell urteilen, anstatt mal ernsthaft nachzufragen, warum wir uns „anders“ verhalten.
Liebe Grüße!
Hallo Jennifer,
Ich, (54) hätte auch noch einen Spruch, den ich von meinem Ex-Partner öfter bekommen hab, nur weil ich nichts gesagt hab…..Hast du schlechte Laune?…
Nach dem dritten Mal kam dann von mir … frag mich nochmal und ich krieg schlechte Laune.
Stell dein Licht nicht unter den Scheffel….. auch ein netter Spruch. Hab ich auf Arbeit öfter zu hören gekriegt. Nur weil ich nicht mit Fachbegriffen um mich schmeiße. Ich weiß was ich kann, wenn du was wissen möchtest, frag doch einfach. Bin kein wandelndes Wörterbuch.
Ich finde Deinen Blog sehr informativ und finde mich in vielem hier erwähnten wieder. Angefangen von Einschätzungen in den Zeugnissen… bescheiden, zurückhaltend, ruhig….etc, bis zur Berufswahl. Altenpflegerin im Dauernachtdienst. Kommentare wie…. es tut dir nicht gut, immer nur Nachts zu arbeiten durfte ich mir Jahrelang anhören. Mir tat es sehr gut.
Ich habe zwar gelernt mit anderen Menschen zu reden, auch sie zu akzeptieren wie sie sind, stoße aber immer auch wieder auf Leute, die mit mir und meiner Art nicht zurecht kommen.
Liebe Grüße Heidi
Hallo Heidi, oh ja, der Vorwurf der schlechten Laune, den kennen viele von uns. Umso schrecklicher ist es, wenn ein einfaches „Nö, alles okay“ nicht ausreicht und dann ständig nachgehakt wird, als würde man uns nicht glauben? Das finde ich wirklich respektlos und es zeigt, wie wenig Ahnung viele Menschen davon haben, wie unterschiedlich Persönlichkeiten sein können (und sollen). Aber es gibt ja auch die positiven Beispiele 😉
Liebe Grüße
Ich finde diesen Artikel großartig und gut geschrieben. Nun würde ich gerne etwas fragen: was kann ich bloß dagegen tun, so oft zur Problem-Deponie für andere zu werden? Sie merken, dass ich still und auch innerlich ruhig bin, und dann nutzen sie das aus. Texten 💬 mich zu. Und ich bin unfähig, deren Probleme an mir abperlen zu lassen, ich nehme alles intensiv auf und das stresst mich…
Hallo Sayno,
es wurden dir ja bereits einige Tipps gegeben. Leider kann ich auch nur noch mal unterstreichen: Wenn du selbst keine Grenzen setzt, wird sich auch nichts ändern. „Dafür habe ich heute keinen Kopf“, „Tut mir leid, aber da kann ich dir nicht helfen“ oder auch „Gespräche wie dieses belasten mich und ich möchte mich nicht ausnutzen lassen“ sind total legitime Gründe. Und jeder, der das nicht versteht, ist deine Mühe ohnehin nicht wert.
Liebe Grüße
Jennifer
Hallo Sayno,
diese Problematik der fehlenden Abgrenzung in diesem Bereich ist mir bekannt, denn
ich befand mich lange selbst in dieser Spirale, den „seelischen Mülleimer“ für andere zu spielen.
Selbst zu bemerken, dass Du Dich in deren Gegenwart unweigerlich unwohl, kraftlos und schwach fühlst, ist bereits eine wichtige Erkenntnis und ein enormer Schritt, nur so kannst Du Dich selbst schützen.
Es gibt leider viele „Energievampire“ die versuchen ihren seelischen Müll bei anderen loszuwerden. Diese Menschen wissen ganz genau, bei wem sie ihre schlechten Gefühle, Irritationen und Frustrationen abwälzen können – zum Leidwesen des anderen.
Gerade empathische Menschen werden von „Energievampiren“ ausgesaugt, diese nutzen nämlich aus, dass man behilflich sein will.
Vielleicht helfen Dir folgende Ansätze weiter:
Bewusstsein entwickeln – ein wichtiger Schritt ist, dass Du für Dich selbst die bewusste Entscheidung triffst, Dich nicht mehr Deiner Energie berauben zu lassen.
Grenzen ziehen – Nein sagen, dieses Wort hilft Grenzen zu ziehen und bedarf keiner Erklärung.
Kontakt zu Menschen – wenn Du das willst und in deren Umgebung Du Dich wohl fühlst – überlege davor, ob Du Dich gern mit ihnen treffen möchtest oder Dich nur verpflichtet fühlst.
Kontakt beenden – wenn Du merkst das der Energievampir einfach Deine Grenzen und Dein NEINSAGEN nicht wahrt, dann bleibt leider nur noch eins – auf Distanz gehen und den Kontakt abbrechen.
Abgrenzung zu anderen tut manchmal Not, um für sich selbst zu sorgen.
Mit diesen Zeilen möchte ich Dir empathisch Mut und Zuversicht vermitteln!
Hallo,
ich höre diese und ähnlich formulierte Sätze schon seit meiner Kindheit. Von Menschen, wo man normalerweise denkt, dass die einen genauso nehmen, wie man ist.
Fehlanzeige!!
Von seiner eigenen Mutter (oder Großmutter, jüngere Schwestern oder Stiefvater) so gedemütigt zu werden, ganz gleich was für ein Besuch da ist oder der Rest der Kernfamilie und man nie gelernt bzw. gezeigt bekommen hat, wie man sich gegen so etwas mit Worten verteidigen kann (ohne dabei vielleicht handgreiflich zu werden), macht einem das Leben komplizierter und wirft das eigene Selbstwertgefühl in ein noch tieferes Loch, als es sowieso schon ist.
Selbst in meiner letzten Beziehung von meinem Ex, als auch von seiner Mutter, bekam ich sowas zu hören und das meist in noch schärferen Worten als von meiner eigenen Familie. Das hat meine sowieso schon traumatische Psyche noch mehr verletzt, als sie schon ist.
Jetzt lebe ich in einer 3er-Beziehung mit zwei extrovertierten Menschen, die mich indirekt/ unbewusst zwar irgendwo verstehen, aber direkt/ bewusst oft nie genau wissen, wie sie richtig/ anders mit mir umgehen sollen.
Problem an dem ganzen ist, dass ich in dieser Konstellation schon oft versucht habe, es ihnen zu erklären, was in mir vor geht und welches Verhalten ihrerseits für mich Entgegenkommender wäre. Doch sobald die beiden oder einer von beiden nur leicht schlecht gelaunt ist und mich dann ansieht, kommen dann oft einer oder in Kombi mehrere dieser Sätze.
Ganz oft weiß ich, dass die vom Grundprinzip nicht so gemeint sind, manchmal kann mein Unterbewusstsein das auch herausfiltern, aber es gibt auch mal die Momente, wo ich es nicht kann und dann ziehe ich mich noch mehr zurück als sowieso schon. In solchen Situationen ist es für die beide (vor allem für meinen Mann) dann schwer wieder an mich heranzukommen.
Liebe Grüße
Jenny