Manchmal braucht man Pausen vom … naja Leben einfach. Aberhunderte Nachrichtenmeldungen, Streit, immer neue regionale und globale Probleme, Unterhaltung von unzähligen Anbietern, eine Welt voller Möglichkeiten, eine Welt voller Grenzen … Mit diesen 7 Tipps, fühlt sich das alles etwas einfacher zu bewältigen an.
Social Media nicht aufgeben, aber achtsam nutzen
Ich könnte es mir leicht machen und dir einfach sagen: Social Media ist extrem flüchtig und hektisch, also musst du Social Media aufgeben. Easy. Einfach weg damit.
Aber das ist halt auch Quatsch. Die meisten, die dir ein völlig neues Leben versprechen, wenn du nur die doofen sozialen Medien aufgibst, erzählen dir das auch hier auf YouTube. Klar, YouTube ist nicht gleich Instagram oder TiKTok. Aber genau darin, dass YouTuber dir raten, weniger online zu sein, versteckt sich meiner Meinung nach auch der wahre, sinnvolle Tipp für Entschleunigung: Du musst achtsamer mit Social Media umgehen.
Das heißt zum Beispiel, ernsthaft zu hinterfragen, welche Plattformen dir überhaupt einen Mehrwert bieten. So sind Kurzvideos auf Instagram, TikTok und YouTube zweifelsfrei Teil des Problems. Das heißt nicht, dass man sie niemals schauen darf. Aber wer sein Leben beruhigen will, der sollte bei Kurzvideos gleich mal ansetzen.
Aber ob du dann Instagram auch gleich löschen musst – obwohl du dort vielleicht Austausch mit anderen suchst oder deine kreativen Projekte teilst – weiß ich eben nicht. Vielleicht hast du viel mehr Probleme mit der ständigen Erreichbarkeit durch WhatsApp.
Ich möchte einfach daran glauben, dass jeder ehrlich auf sein Verhalten schauen kann und dann einen individuellen Weg findet. Meinen Lieblingstipp gebe ich trotzdem noch mal raus: Wer sehr gerne auf YouTube unterwegs ist, tut sich einen Gefallen, wenn er die Startseite meidet und stattdessen die Abo-Seite nutzt. So siehst du nicht als erstes, was der Algorithmus dir schmackhaft machen will, sondern Inhalte von Leuten, die du schon ein bisschen kennst.
Reizfreie Zeit einplanen
Social Media rauszuwerfen, ist natürlich nicht grundlos der absolute beliebteste Tipp für Entschleunigung. Diese Maßnahme fällt für mich unter den Schirm der Reizreduzierung. Soll heißen: Wer wissen will, ob ihm das Leben zu schnell ist und wie viel Entschleunigung nötig ist, der muss erst einmal wissen, wie eine wahre Pause aussieht.
Also müssen äußere Einflüsse reduziert werden. Keine Smartphone-Benachrichtigungen. Kein Lärm von Straßen oder Nachbarn. Keine Shopping- oder Fast-Food-Versuchungen. Und vor allem auch: keine sozialen Erwartungen.
Nur wer weiß, wie sich Stillstehen und Durchatmen wirklich anfühlt, kann auch sehen, wie chaotisch eigentlich der Alltag ist. Und nur so können dann auch entsprechende Erkenntnisse gewonnen werden. Wenn du immer noch am Grübeln bist, was andere wohl von deinem Outfit halten, darüber nachdenkst, was morgen auf Arbeit ansteht, und umgeben bist von Werbung, fremden Menschen und all den Problemen, die sie mit sich bringen können – dann stehst du noch nicht still und dann denkst du noch nicht klar.
Was okay ist. Bitte nicht glauben, dass das peinlich oder so wäre. Es ist absolut die Norm in unserer Gesellschaft, einfach immer weiter zu machen und bloß nicht inne zu halten. Und vielleicht nicht nur gegen den Strom zu schwimmen, sondern aus dem Fluss auszusteigen, gilt als besonders „unnormal“.
Nachrichten achtsamer konsumieren
Genau wie bei Social Media ist es auch beim Nachrichtenkonsum so, dass einige radikal sind und alles weghaben wollen. Das sind allerdings nur wenige Menschen. Die meisten wollen einfach ein gesundes Level finden.
Ich bin der Meinung, man sollte informiert bleiben. Demokratie braucht Teilhabe und wer teilhaben will, der sollte auch informiert sein.
Ganz, ganz früher, kurz nachdem die Dinosaurier verschwunden sind, da gab es mal eine Zeit ohne Internet. Nur wenige werden sich daran erinnern können. Damals gab es Fernsehsendungen nach Programm, Zeitschriften, Radiosender, Zeitungen und öffentliche Veranstaltungen um auf dem Laufenden zu bleiben. Gut und natürlich Stammtischgespräche.
Ich will nicht kleinreden, wie viele Vorteile es hat, sich heutzutage selbst informieren zu können. Auch zu Themen, die nun mal nicht relevant genug sind, um von großen Medienhäusern aufgegriffen zu werden. Aber wir müssen auch ehrlich sein: Es ist nicht normal, sich 24 Stunden lang mit Nachrichten zu donnern lassen zu können. Schon gar nicht, wenn es um Themen geht, die uns eigentlich nicht direkt betreffen.
Ist ein großer Autounfall bei München mit 5 Toten tragisch? Na klar. Aber ich sitze hier in Meck-Pomm, warum lese ich solche Nachrichten?
Was ist mit einem wissenschaftlichen Durchbruch bei der Alzheimer-Forschung? Sehr coole Sache, macht mich kurz froh, aber … muss ich das jetzt wissen? Und … ist es überhaupt Wissen, wenn ich nur eine Überschrift und zwei Absätze lese?
Zugang zur ganzen Welt zu haben, heißt auch, innerhalb eines Jahres mit mehr Nachrichten konfrontiert zu werden, als Menschen vor hundert Jahren wahrscheinlich in ihrem ganzen Leben bekommen haben. Und nein, ich rede nicht nur von Inflationszahlen oder Kriegsupdates. Auch neue Netflix Serien, Fußball-Ergebnisse, Veranstaltungen in deiner Nähe und Social Media Updates deiner Freunde sind ja Neuheiten, die du verarbeiten musst. So gut wie alles wird heute als große, wichtige neue Nachricht gestaltet, damit du klickst, dranbleibst oder kommentierst.
Es gibt viele Wege, damit besser klarzukommen. Der einfachste ist natürlich, die Zeit im Internet zu begrenzen. Ebenfalls hilfreich kann es sein, sich bestimmte Nachrichtenkanäle zu suchen, die sehr ordentlich arbeiten und somit nicht mit Click- oder Ragebait arbeiten. Aber auch ein Bewusstsein dafür, dass selbst die wundervollsten und katastrophalsten Nachrichten oft keinen Einfluss auf unser Leben haben, kann schon helfen.
Langsame Hobbys wählen
Neben den Dingen, die wir weniger machen sollten – wie YouTube Shorts gucken oder im Nachrichtenstrudel gefangen zu sein – gibt es auch Dinge, die wir mehr tun sollten. Zum Beispiel stillen, ruhigen Hobbys nachgehen.
Der Klassiker ist Lesen – wer ein Buch in der Hand hat, der kann nebenbei einfach nicht Insta-Bildchen liken oder den Haushalt machen. Dafür muss man sich schon konzentrieren. Ein anderes beliebtes Hobby ist Häkeln oder Stricken. Die sich wiederholenden Abläufe können dem Geist dabei helfen, zur Ruhe zu kommen. Etwas, was für Menschen mit diebischen Haustieren weniger zu empfehlen ist: Puzzle aller Art.
Wandern. Fotografie. Geschichten schreiben. Wichtig ist vor allem, dass du dich von deinem Hobby richtig eingehüllt fühlst und es dich somit vor der chaotischen Außenwelt schützt. Fast noch wichtiger ist, dann auch wirklich regelmäßig Zeit für die Hobbys zu finden. Auch wenn es jetzt nicht schadet, nur einmal pro Monat fürs Fotografieren in die Natur zu fahren – der Effekt auf das Lebenstempo ist dann einfach gering.
Langzeitprojekte kann ich ebenfalls empfehlen. Also große 3D-Puzzle zum Beispiel oder Modellbauten. Die haben nämlich den Vorteil, dass sie dir ein anderes Gefühl von Geschwindigkeit vermitteln. Weil sie eben Tage und Wochen brauchen, um fertig zu werden – in einer Welt, in der dein Amazon Paket in wenigen Stunden da sein kann, ist das geradezu ein heftiges Kontrastprogramm. Doch wie sagt man so schön: Gut Ding, will Weile haben.
Prioritäten setzen
Nummer fünf schließt ganz gut an die Hobbys an: Wenn es für dich keine Priorität im Leben hat, wird es kaum funktionieren. Wenn du auf diesen Artikel geklickt hast, nur um dich ein wenig besser zu fühlen und hoffentlich einen Tipp oder so mitzunehmen, dann stehen die Chancen nicht so gut, dass du am Ende wirklich Entschleunigung erlebst.
Wie gesagt: Die Welt ist voll mit Versuchungen und Erwartungen, die dich hetzen wollen. Wenn dich das belastet, wovon ich einfach mal ausgehe, dann ist eine Umstellung nicht mit einem Fingerschnippen möglich.
Obwohl … es gibt ja Menschen, die gar keine andere Wahl haben. Sie brennen aus oder erleben vielleicht sogar einen Herzinfarkt. Ich möchte jetzt nicht in Panikmache verfallen, aber wer heute schon das Gefühl hat, nicht klarzukommen, dem wird es nächstes Jahr oder in fünf Jahren nicht von allein besser gehen.
Also müssen Ruhephasen und stille Hobbys einfach Priorität haben. Generell hilft es eine Qualität-vor-Quantität-Einstellung. Brauchst du wirklich mehr Gegenstände, mehr Fast-Food, mehr Unterhaltung, mehr Geld, mehr Anerkennung, mehr, mehr, mehr … oder muss du nicht lernen, wenige, bedeutsame Dinge zu genießen?
Jedes Wochenende feiern oder doch die besten Freunde treffen? Alle zwei Jahre ein neues Auto oder doch einen richtig geilen Urlaub weg von allem gönnen?
Ich weiß, speziell wenn es um Geld geht, gibt es auch Zwänge. Glaube mir, das weiß ich zu gut. Und Prioritäten können auch bedeuten, dass du zum Beispiel alles in deine Karriere steckst.
Wo du Qualität und Bedeutsamkeit findest, ist eine ganz individuelle Sache. Aber alles mitnehmen zu wollen, überall dabei zu sein und dann zu hoffen, dass Körper und Geist das lange mitmachen, ist ein bisschen naiv. Es hat schon so seine Gründe, warum viele Menschen ohne Zigaretten, Alkohol oder andere Drogen ihr Leben kaum aushalten. Wie lange kann das gutgehen?
Kein Multitasking
Niemand ist wirklich gut im Multitasking. Es gibt Menschen, die sind effektiver darin als andere, aber gut ist niemand. Das denke ich mir nicht aus, das wird seit Jahrzehnten erforscht (mehr zum Thema Multitasking). Wer mehrere Dinge gleichzeitig macht, der ist bei keiner Sache voll dabei – und kann somit keine Qualität beziehungsweise Sorgfalt abliefern.
Ich habe es in einem anderen Beitrag schon mal als Beispiel gebracht: Second Screen Kompatibilität bedeutet bei Filmen und Serien, dass man annimmt, dass Zuschauer nebenbei am Smartphone hängen. Entsprechend müssen die Filme und Serien dann „dümmer“ gemacht werden, damit sie auch jemand versteht, der nicht voll dabei ist.
Wenn du zwei Dinge oder drei Dinge gleichzeitig machst, bekommst du auch zweimal oder dreimal mehr Aufgaben und Eindrücke. Dein Gehirn strengt sich natürlich an, das zu bewältigen, aber … wieso sollte irgendjemand auf die Idee kommen, dass das gesund ist? Wenn sich alles anfühlst, als liefe es zu schnell, dann auch, weil einzelne Aufgaben nicht deine volle Aufmerksamkeit bekommen.
Wer eine Sache nach der anderen abarbeitet, fühlt doch deutlich mehr Kontrolle als jemand, der kocht, die Wäsche macht, auf Instagram scrollt und nebenbei noch vom Duolingo Vogel bedroht wird.
Ich weiß, es ist ziemlich schwer, nur eine Sache zu tun. Ganz besonders, wenn man das Gefühl hat, man kann ja alles gleichzeitig bewältigen. Und es gibt auch Aufgabenkombinationen, die total okay sind – Podcast hören und aufräumen zum Beispiel. Aber wer sein Leben entschleunigen möchte, der sollte vielleicht auf die Landstraße wechseln und nicht etwa eine zusätzliche Spur auf der Autobahn eröffnen.
Ein Tipp aus ungewöhnlicher Quelle
Es gibt eine unfassbar große Anzahl an Coaches, YouTubern, Influencern und Speakern, die Produktivität verkaufen. Produktivität steigern ist ein Vortragsthema, die Kernidee tausender Bücher und es gibt ganze Podcasts dazu. Bei extrem vielen Leuten geht es darum „… dein Potenzial zu realisieren, endlich dem 9 to 5 zu entfliehen und die Loser dieser Welt zu überholen“. Ein Großteil der Szene wird aber auch von netteren Menschen eingenommen, die hauptsächlich Tipps zum Lernen geben – für Medizin- oder Jurastudenten zum Beispiel.
Und ganz, ganz wenige Persönchen haben so langsam auch angefangen, sich die Ideen der ganzen „Experten“ zu schnappen und sie nicht zu nutzen, um reich, berühmt, beliebt, gut benotet oder sonstewas zu werden … sondern um sich Zeit fürs Nichtstun beziehungsweise Hobbys zu erarbeiten. Du weißt schon, diese Sache, die uns durch technologischen Fortschritt seit Jahrzehnten versprochen wird.
Routinen und Produktivitätstipps können dir Zeit zurückgewinnen. Du musst ja nicht, wie so viele es tun, viel mehr oder neue Dinge in den Alltag einbauen. Viele wollen ihre Morgenroutine optimieren, um ins Fitnessstudio gehen zu können. Andere wollen produktiver beim Sport werden, um ein Startup auf die Beine zu stellen.
Aber du kannst ja auch alles optimieren, um in der neu gewonnenen Zeit einfach … nichts zu tun. Das verkauft sich natürlich nicht so gut. Doch wir sind ja hier unter uns – es muss also auch gar keine Idee für die Massen sein. Es reicht, wenn diejenigen darauf zurückgreifen, die Entschleunigung suchen.
Ich reiße mal ganz kurz drei der beliebtesten Produktivitätstipps an. Ich traue dir zu, dich da selbst einzulesen beziehungsweise einzuhören.
Bist du heute mit dem falschen Fuß aufgestanden? Morgenroutinen können das verhindern. Vieles ist eben nicht Minute für Minute planbar, aber die meisten Menschen haben theoretisch die Option, ihren Morgen genau so zu gestalten, dass sie möglichst viel schaffen und motiviert in den Tag starten.
Zu den wichtigsten Dingen gehört hier, immer zu selben Zeit aufzustehen. Ob du dann noch Hardcore bist und kalt duschen möchtest, was angeblich wach macht, keine Ahnung, mir ist es das nicht wert … oder ob du mit einem Kaffee auf dem Fensterbrett loslegst, ist deine Sache. Mehr dazu von Doktor Weigl auf YouTube (auf deutsch) und ein Reddit Thread (auf Englisch) mit Erfahrungen von zahlreichen Menschen.
Nur wenn du jeden Morgen genau dasselbe tust, machst du mentale Energie frei. Weil du eben nichts entscheiden musst. Außerdem weißt du so jeden Tag, welche Dinge von deiner To-Do-Liste schon vor 9 Uhr erledigt sind.
Die Pomodoro Technik ist eine Arbeitsoptimierungstechnik, die von Francesco Cirillo entwickelt wurde. Du definierst dabei eine Aufgabe – ein Arbeitsprojekt oder Arbeiten in der Wohnung zum Beispiel – und arbeitest jeweils für 25 Minuten. Du markierst dir genau, wo du warst und machst 5 Minuten richtig Pause – also aufstehen, bewegen, vielleicht einmal das Fenster öffnen. Dann wieder 25 Minuten. Nach vier mal 25 Minuten Arbeit ist eine längere Pause dran.
Die 25 Minuten sind nicht in Stein gemeißelt. Manch einer nimmt lieber 15-Minuten-Arbeitsphasen. Aber genau wie bei der Morgenroutine, eliminierst du eben Ablenkungen und vor allem Überlegungen, wenn du deine Arbeit kennst und sie nach einem festen Schema erledigst. Klappt natürlich nicht für alle Dinge. Wenn du einen 30-minütigen Vortrag halten musst, wäre eine plötzliche Pause vielleicht eher unpassend. Es sei denn es ist ein Vortrag über die Pomodoro Technik … mehr zu Pomodoro.
Der letzte Produktivitätsklassiker ist für viele der schwerste: Einfach mal Nein sagen. Wenn du zu einer Veranstaltung eingeladen wirst, gehe nicht aus Prinzip hin, sondern nur, wenn du dich wirklich dafür interessierst – sag auch mal Nein. Pass auch auf, dass du nicht für alle immer am Wochenende für Umzüge und sonstige Freundschaftsdienste da bist, aber nie jemand für dich. Hilfsbereitschaft ist eine sehr gute Sache, aber nicht, wenn sie dich irgendwann auf dem Zahnfleisch kriechen lässt. Hier ein Artikel zum Nein sagen (deutsch) und ein Video über die Kraft des Neins (englisch).
Noch mal: Freie Zeit und Entschleunigung fallen uns nicht einfach in den Schoß. Also musst du eben auch alle Optionen in Erwägung ziehen, die dir dabei helfen können, Zeit für dich oder Zeit ohne Ablenkungen zurückzugewinnen.
Wenn du Tipps zur Entschleunigung hast, gerne her damit. Falls du jemanden kennst, der dringend einen Gang zurückschalten musst, kannst du den Beitrag auch teilen. Meine unglaublich wertvollen und coolen Patreon Supporter haben diesen Beitrag auch als reine Audioversion ohne Musik und Stockvideos zur Verfügung gestellt bekommen.
Die Video Version dieses Artikels: https://www.youtube.com/watch?v=ATOpYVrrVlI&ab_channel=WanderlustIntrovert