Hast du schon mal etwas gesagt, niemand hat reagiert und dann hat jemand im Wesentlichen das Gleiche gesagt und alle haben gelacht oder zugestimmt? Das ist ein unglaublich dreckiges Gefühl. So unwichtig und uninteressant fühlt man sich in fast keinem anderen Moment.
Aus Situationen wie diesen entwächst das Gefühl, dass keiner zuhört, wenn man redet. Natürlich gibt es noch mehr Gründe für dieses Gefühl: Man wird in Meetings übergangen, Familienmitglieder schalten auf Durchzug und selbst Freunde scheinen mit den Gedanken immer woanders zu sein, nur nicht bei einem selbst. Warum ist das so und was kann man dagegen tun?
Ich habe das Gefühl, niemand interessiert sich für mich
Erst einmal muss klargestellt werden, dass sich etwas ändern muss, wenn niemand zuhört. Denn in einem Moment wird man überhört und im nächsten hat man schon das Gefühl, dass sich niemand für einen interessiert. Und das ist gefährlich, denn das nagt an der Psyche.
Nun ist das Problem, dass es schwer ist zu verstehen, ob Desinteresse vorliegt oder nicht. Denn es gibt genug andere Gründe dafür, dass Menschen nicht zuhören – sie können nicht, sie sind beschäftigt, sie sind überfordert … die Auswahl an Gründen ist riesig. Doch es kann eben auch sein, dass das Interesse fehlt.
Ein wichtiger Tipp: Wenn du überhört wirst, gehe nicht automatisch davon aus, dass sich niemand für dich interessiert. Erst einmal solltest du alle möglichen Ursachen durchgehen. Sonst läufst du nämlich Gefahr, dich noch mehr abzuschotten oder gar nichts mehr zu sagen – und das ist keine Lösung.
Wieso hört mir keiner zu?
Gute Frage, nächste Frage. Wir alle verpassen manchmal den Moment, in dem unsere Aufmerksamkeit einem Gesprächspartner gelten sollte. Da steckt meist gar keine Böswilligkeit dahinter. Wir sind abgelenkt, müde, gestresst. Oder wir reden mit jemandem, der kein Gespräch sucht, sondern nur erzählen will – und das kann anstrengend sein.
Mindestens genauso anstrengend ist es, wenn man etwas zu sagen hat, aber keiner zuhört. Nur was sind denn nun die Ursachen? Nun, erstens sind Menschen oftmals mehr mit sich selbst beschäftigt (siehe Stress, Ablenkung). Zweitens glauben einige Menschen nicht, dass andere ihre Aufmerksamkeit verdient haben. Wieder andere sind es gewohnt, dass sie reden dürfen und nicht zuhören müssen.
All das sind Fehler bei einem Gegenüber. Die laute, unübersichtliche Welt voller überforderter oder rücksichtsloser Menschen. Aber Achtung: Die Ursachenforschung muss auch auf die eigene Person ausgeweitet werden.
Wer zu leise spricht oder nicht gut kommunizieren kann, der macht es anderen schwer. Ob man will oder nicht, man konkurriert um Aufmerksamkeit. Und wenn man monoton und leise spricht, dann fällt es anderen schwer, bei der Sache zu bleiben. Findet man keinen Weg, seine Gedanken zu ordnen, dann gilt das ebenso. Kommunikation ist etwas, was wir als selbstverständlich annehmen, obwohl es eigentlich eine der größten Herausforderungen der Gesellschaft ist.
In meiner Familie hört mir niemand zu
In Familien kann das unterbuttern einiger Personen oder Meinungen ein besonders großes Problem sein. Aus meiner persönlichen Sicht muss hier auch mehr von den Zuhörern erwartet werden als in anderen Situationen: Auch wenn jemand Probleme damit hat, laut und stringent zu sprechen, sollte man ihn oder sie nicht ignorieren.
Denn nicht gehört zu werden, ist in Familien mit viel Schmerz verbunden. Eine Familie sollte zusammenhalten und füreinander da sein – dieses Gefühl von Gemeinschaft kann aber nicht entstehen, wenn man Dinge sagt, die scheinbar verpuffen, anstatt ernstgenommen zu werden.
Kollegen hören mir nicht zu
Auf Arbeit kann das Ignorieren von Kollegen oder Redebeiträgen ebenfalls Schaden anrichten. Gerade introvertierte Menschen, die in einer Firma voller Extrovertierter arbeiten, kennen dieses Gefühl. Da ständig darauf gesetzt wird, Smalltalk zu machen und sich kumpelhaft zu verhalten, gehen wichtige Punkte schon mal unter.
Und diese wichtigen Punkte werden nun mal oft von Introvertierten eingebracht. Manchmal hört man sie gar nicht, viel häufiger dürfen sie was sagen, werden aber nicht ernstgenommen. Man hört sie also, aber gibt dem Gehörten nicht genug Aufmerksamkeit.
Lesetipp: Durchsetzen gegen dominante Kollegen.
Niemand meldet sich bei mir
Eine Sonderform tritt auf, wenn man nicht gehört wird, weil niemand nachfragt. Das ist der Fall, wenn man das Gefühl hat, nur dann Platz einnehmen zu dürfen, wenn man ihn sich explizit erkämpft beziehungsweise ihn einfordert. Das kann frustrierend sein, weil man sich schnell fühlt, als würde man andere belasten oder als wären man den Aufwand nicht wert, dass jemand von allein nachfragt.
Diese Situation ist schwierig, denn meist sind die Menschen, die sich nicht melden, einfach blind für die Bedürfnisse der Personen, die gerne gehört werden möchten. Wie gesagt: Die Welt ist anstrengend und vielen Menschen fehlt Zeit und Energie, um sich in andere hineinzuversetzen. Manchmal kämpfen diese Personen mit eigenen Dämonen. Oder sie sind es gewohnt, dass sich jeder seine Aufmerksamkeit selbst einholt – mit anderen Worten, weil sie selbst kein Problem damit haben, sich auch mal in den Mittelpunkt zu stellen und Gehör zu verschaffen, erwarten sie von anderen, dass sie das auch tun. Ihnen kommt gar nicht die Idee, dass manche Menschen gerne aktiv angesprochen werden wollen.
Niemand hört mich: Lösungen
Nun wissen wir also, dass es unzählige Gründe dafür geben kann, warum andere Menschen nicht richtig zuhören. Das allein kann schon mal ein bisschen helfen. Mir begegnen viele Menschen online, die zu einfach an die Sache herangehen. Wenn andere Menschen nicht zuhören, dann a) weil sie arrogant sind, oder b) weil man selbst nicht interessant ist.
Beide Antworten können stimmen, sind aber nicht weit genug gedacht. Deshalb muss man auch verschiedene Lösungsansätze kennen und – sorry – schon Aufwand betreiben. Denn natürlich kommen auch verschiedene Ursachen zusammen, was alles nur noch komplizierter macht.
Mehr Platz einnehmen
Wenn niemand zuzuhören scheint, kann man Aufmerksamkeit einfordern. Du sprichst und ein Freund unterbricht dich? Dann solltest du die Stimme anheben und zu verstehen geben, dass sich der Freund unhöflich verhalten hat. Ist ein Gespräch in einer Gruppe so wirr und laut, dass du einfach nicht zu Wort kommst? Dann musst du einen Schritt nach vorne machen, die Stimme lauter werden lassen und Augenkontakt mit einzelnen Personen suchen.
Der Tipp „Nimm mehr Platz ein“ bezieht sich vor allem auf das Problem, dass Aufmerksamkeit begrenzt vorhanden ist. Wer sie haben möchte, wird in vielen Situationen um sie kämpfen müssen. In der Arbeitswelt ist das typisch. Auch in Gruppensituationen mit Freunden passiert das häufiger. Dieses Chaos kann man annehmen oder eben auch nicht.
Das Umfeld verändern
Gerade für introvertierte, schüchterne oder ängstliche Menschen (Achtung: das sind drei verschiedene Dinge!) ist es manchmal nicht möglich oder wünschenswert, den Kampf um Aufmerksamkeit anzunehmen. Denn das kostet Kraft. Und widerspricht auch vielen Menschen einfach grundsätzlich.
In diesem Fall muss das Umfeld verändert werden. Ein Berufswechsel in einen ruhigeren Job oder immerhin in eine andere Abteilung könnte eine Lösung sein. In einer Familie kannst du das Gespräch mit Eltern und Geschwistern oder einem Partner wählen, um klarzumachen, dass du dich nicht gehört fühlst.
Eine weitere Lösung, die tatsächlich für viele Menschen die größten Erfolgschancen verspricht: Bestimmte chaotische Situationen vermeiden. In einer Bar mit zehn Freunden zu sitzen, wird immer dazu führen, dass man übergangen wird. Auch fünf Freunde bei einem Filmabend können schon zu viel sein, wenn viele laute Charaktere dabei sind.
Einzelgespräche oder Treffen mit wenigen Menschen sind in diesem Fall die bessere Idee. Gespräche sind dann wirklich lang und tiefgründig. Es geht nicht darum, sich ständig einen Redeanteil zu erkämpfen. Meistens zumindest. Denn auch Einzelpersonen können so selbstbezogen sein, dass sie es nicht schaffen, ihrem Gegenüber zuzuhören.
Ist das der Fall kann die einzige Lösung sein, diesen Menschen aus dem Leben zu verbannen – oder die Zeit zumindest stark zu reduzieren, die diese Person erhält. Denn sie nimmt, gibt aber nicht zurück. Das nagt am Selbstbild und das muss sich niemand antun.
Kommunikation verbessern
Nun gibt es aber noch die Situation, dass man gehört, aber nicht verstanden wird. Das ist besonders prekär. Oftmals erzählt man etwas und erhält nur einen leeren Blick oder ein „Aha“, bevor das Gespräch in eine andere Richtung gelenkt wird. Das ist sehr frustrierend.
Viele, viele Menschen haben Probleme damit, ihre Gedanken so auszudrücken, dass sie bei anderen auch richtig ankommen. Das geht mir auch so – ganz besonders in der Onlinekommunikation fällt mir immer wieder auf, dass man unglaublich aneinander vorbeireden kann, obwohl die Standpunkte gar nicht so verschieden sind.
Es kann sinnvoll sein, etwas auf die eigene Ausdrucksweise zu schauen. Benutzt du beispielsweise viele harte Wörter wie „dumm“ oder „bescheuert“, um andere Menschen zu beschreiben, wirkst du unter Umständen unsympathisch oder gemein, weshalb andere nicht wirklich das Gespräch weiterführen wollen. Oder kommst du manchmal einfach nicht zum Punkt und die Menschen scheinen mit der Zeit gelangweilt? Du könntest versuchen, erst die wichtigste Information zu nennen und sie dann zu begründen.
Leider kann ein Internettext dir nicht sagen, woran es bei dir liegt, wenn du redest, aber dich keiner versteht. Sorry. Manchmal kann es helfen, einfach nachzufragen. Sowohl beim Chatten als auch im echten Leben.
Hier mal ein paar Beispielsätze, die Licht ins Dunkel bringen könnten:
- „Habe ich das zu kompliziert ausgedrückt?“
- „Sollte ich das noch mal erklären?“
- „Habe ich mich da im Ton vergriffen?“
- „Interessiert dich das Thema überhaupt?“
Abschließende Worte zum Thema Niemand hört mir zu
Es gibt Menschen, die haben es meiner Meinung nach verdient, dass man sie ignoriert. Wenn jemand überhaupt nicht aufhört zu sabbeln, aber selbst nie zuhört zum Beispiel. Oder gemeine, hasserfüllte Menschen, die anderen mit ihren Worten nur schaden wollen – meine Zeit ist mir (meist) zu schade für diese Personen.
Aber alle anderen? Haben es verdient, dass man sie hört. Du machst also alles richtig, wenn du dich fragst, warum du wiederholt in Situationen kommst, in denen du scheinbar nicht gehört wirst. Nur du allein kannst allerdings entscheiden, ob du selbst mehr machen musst, dein Umfeld das Problem ist oder einfach zu viel beim Gegenüber nicht ankommt.
Übrigens kann das auch etwas positiver angegangen werden: Anstatt zu schauen, in welchen Momenten du übergangen wurdest, kannst du auch nachforschen, wann du dich besonders gut verstanden gefühlt hast. Waren es die Menschen, die besser zugehört haben? Hast du selbst vielleicht selbstbewusster gewirkt? Ein wenig Ursachenforschung kann große Erfolge versprechen – auch wenn es wahrscheinlich immer Menschen geben wird, die dir nicht zuhören wollen. Willkommen auf dem Planeten Erde.
Danke für die Anregungen, leider ist es mir nicht gelungen in den Situationen,in den ich mich in meinen Bedürfnissen nicht angenommen fühlte ,die Erfahrung zu machen, das gut vor gebrachte Argumente und laute Stimmung nicht hilfreich waren. Obwohl ich selbst diese Erfahrung gemacht habe, begegnet mir auch die Überzeugung meines Gegenüber, dass ich ihm nicht richtig zuhören würde. Auch zugesagte Situationen, nicht vorrangig behandle sonder meinen neuen Anforderungen, wenn sie konträr zum Angesprochen sind, den Vorrang geben würde. Ich kann das Problem grade zu schmecken und wenn ich es wende und drehe hat es scharfe Ecken und Kannten. Manchmal nützt es auch nicht die Änderung rechtzeitig zu kommunizieren, denn dann stehen sich zwei Bedürfnisse gegenüber die jeweils genau so wichtig empfunden werden. Was macht man dann? Gibt es für Situationen in denen jeder für eine andere Sache brennt eine gescheite Lösung?
Hallo Monika, hast du vielleicht ein etwas konkreteres Beispiel für „nicht vorrangig behandelt“ oder für die „neuen Anforderungen“? Ich bin noch nicht ganz sicher, wie du das meinst, und möchte nicht auf Verdacht irgendwas schreiben, was vielleicht gar nicht zu deiner Situation passt – ironischerweise würdest du dich ja sonst nicht gehört fühlen.
Liebe Grüße
Guter Text, aber ich versinke immer in Trauer, wenn ich einfach von niemandem gehört werde. Das ist ein furchtbares Gefühl, als sei man so unwichtig.
Hi Manuela, das kann ich verstehen. Nicht gehört zu werden, ist auf Dauer sehr belastend. Aber suche bitte weiter nach Menschen, die offene Ohren für dich haben – es gibt sie, sie sind manchmal nur schwer zu finden.
Liebe Grüße
Danke Dir für diesen guten Beitrag! Mir ergeht es schon sehr lange so, dass ich wie Luft behandelt werde. Oder mich Leute mitten in meinem Satz einfach stehen lassen um woanders an einem Gespräch teilzunehmen. Zum Spaß habe ich eine Zeitlang meine Sätze einfach nicht beendet. Selbst bei gezielt an mich gerichtete Fragen gab es keine Reaktion. Oft fällt mir auf, dass mir Gesprächspartner ins Wort fallen, die Sätze für mich beenden. Quasi, um mich schnell wieder zum Schweigen zu bringen. An überlangem Redefluss (oder Mundgeruch oder feuchter Aussprache) scheint es aber nicht zu liegen, das passiert auch bei Sätzen, die nur 5 Wörter lang werden sollten. Seit ich nur noch „hmm-hmm“ mache oder mit den Augenbrauen gestikuliere komme ich einfach besser klar.
Hi Stefan, schade, dass du das auch so erleben musst. Wir bräuchten wohl alle mal einen Auffrischungskurs in „Besser zuhören“ oder „Wie führe ich ein erfüllendes Gespräch“. Ich befürchte allerdings, dass das in naher Zukunft nur noch schlimmer wird.
Liebe Grüße
Jennifer
Ein Zufall hat mich auf diese Seite geführt. Die Intros sind die Weltveränderer. Langsam aber stetig. Intro zu sein ist völlig ok.
Danke Jennifer.
Hi Lenka, richtig! Intro sein ist völlig okay 100%! 🙂
Liebe Grüße
Jennifer