Alkohol ist ein strittiges Thema. Nicht wirklich in den Medien, immerhin werden wir recht häufig mit Werbung dafür beschallt. In den Privatleben der meisten Menschen spielt Alkohol eine prägnante Rolle. Entweder, weil man ihn zum Feiern braucht oder, weil man es eben nicht tut und damit auffällt. Doch wie gehen speziell Introvertierte eigentlich mit diesem Thema um?
PS: Es geht hier nicht um eine Grundsatzdiskussion, ob und wie die Gesellschaft, Politik, Medizin mit Alkohol umgeht. Das würde ausarten.
Was bewirkt Alkohol?
Alkohol ist faszinierend, da er gleichzeitig hemmt und enthemmt. Im Gehirn verlangsamt (ergo: hemmt) er die Übertragung von Botenstoffen, was zunächst zu Entspannung und Glücksgefühlen führt. Auf unsere Persönlichkeit wirkt er dann aber meist enthemmend.
Er gehört zu nahezu allen Veranstaltungen dazu, sogar bei Kinderfußballspielen stehen Menschen mit Bier in der Hand am Spielfeldrand. Alkohol ist kein Luxusgut und wird im Alltag auch nicht wie eine Droge behandelt. Somit ist er auch aus den Leben der Introvertierten nicht wegzudenken.
Wie sind betrunkene Introvertierte?
Nach all meinen Erfahrungen – von anderen und mir selbst – sind Introvertierte unter Einfluss von Alkohol nicht mehr typisch introvertiert. Soll heißen, die innere Ausrichtung verschiebt sich etwas. Statt etwas nur zu denken, wird es schneller ausgesprochen. Statt eine Handlung erst zu überdenken, wird sie sofort ausgeführt. Statt die Konsequenzen in Erwägung zu ziehen, wird die Möglichkeit von Konsequenzen (ironischerweise) konsequent ignoriert.
Somit unterscheiden sich introvertierte Betrunkene und nicht-introvertierte Betrunkene eigentlich gar nicht so stark. Aber bei Introvertierten fällt die Wesensveränderung stärker auf. Sie selbst merken es und andere bemerken es auch.
Tipps für Introvertierte auf Partys
Wie Introvertierte Alkohol nutzen
Viele Introvertierte therapieren sich bewusst oder unbewusst selbst mit Alkohol. Wenn sie vor einer Party nervös sind, hilft der Alkohol, nicht mehr so nervös zu sein. Wollen sie neue Kontakte knüpfen, ist das leichter, wenn der Kopf nicht so viel mit Denken beschäftigt ist.
In geringem Maße kann das hilfreich sein, sofern Introvertierte auch mit Schüchternheit oder Ängsten zu kämpfen haben. Sie sehen so, dass sie auch locker sein können und keine Angst vor Gesellschaft haben müssen. Dabei handelt es sich jedoch um Erfahrungswerte, nicht etwa um Empfehlungen, denn das Auseinandersetzen mit den eigenen Schwierigkeiten ist immer zu bevorzugen.
Warum Alkohol nicht gut für Introvertierte ist
Auf die Gefahr hin, jetzt hier als Partypupser zu gelten, rate ich jedem Introvertierten davon ab, Alkohol als Motivation oder Medizin zu nutzen. Wer mit sich im Reinen ist und Alkohol einfach als Teil eines genüsslichen Abends mit Freunden sieht, bitte. Aber für all diejenigen, die Alkohol in Erwägung ziehen, damit sie so einen Abend überhaupt überstehen? Lasst es.
Der Alkohol wird verfliegen und ihr werdet immer noch introvertiert sein. Ihr werdet euch fragen, wer die Person der letzten Nacht eigentlich war. Im schlimmsten Fall glaubt ihr, dass nur die betrunkene Version von euch etwas auf dem Kasten hat.
Alkohol ist ein hervorragender Weg für Introvertierte, sich weiter von der Selbstakzeptanz wegzubewegen als auf sie zu. Da viele von uns sensibel sind und sich in Gedankengängen verlieren können, profitieren wir nicht gerade davon, wenn wir unseren Geisteszustand manipulieren oder die Kontrolle darüber abgeben.
Kennst du schon das sogenannte Irish Goodbye?
Somit gilt für Introvertierte dasselbe wie für alle anderen Menschen: Nur wer mit Vernunft und ausreichender Verantwortung Alkohol trinken kann, sollte das auch tun. Für angeschlagene Persönlichkeiten ist und bleibt Alkohol ein Gift, das Probleme nicht löst, sondern eher verschlimmert.