Introversion ist keine Krankheit, das sagt uns die Wissenschaft. Studien verraten uns, wie unsere Gehirne ticken, was wir brauchen und was uns schadet. Forscher tun ihr Bestes, um „uns“ erklären zu können.
Als Blog für Introvertierte ist das natürlich sehr willkommen. Einfach so Meinungen haben oder von persönlichen Erfahrungen zu berichten, ist zwar erlaubt und eine gute Sache, bringt uns aber langfristig nicht wirklich weiter. Also soll hier auf Wanderlust Introvert immer eine Prise Fachwissen zu finden sein.
Blöd nur (eigentlich nicht blöd), dass ich dabei auch immer wieder auf Studienergebnisse stoße, die nicht so wirklich helfen. So richtig relevant ist es nämlich nicht, ob wir gerne Rechtschreibung korrigieren, Pflanzen essen oder Hundemenschen sind, oder?
Hier gibt es also sieben Studien, die uns etwas über Introvertierte verraten, was wir vielleicht gar nicht unbedingt wissen wollten.
Hinweis: In der Fachliteratur wird extravertiert genutzt, da sich dieser Beitrag an die Allgemeinheit richtet und im Alltag eher die Variante extrovertiert bekannt ist, wird die zweite Variante gewählt.
Sind Vegetarier introvertiert?
Das Max-Planck-Institut veröffentlichte im Juni 2020 Ergebnisse einer Studie, die zeigen, dass Menschen, die auf Tierprodukte verzichten, weniger extrovertiert sind.
Die Forscher können bisher nur darüber spekulieren, woran es liegen könnte, dass Introvertierte eher zu pflanzlichen Lebensmitteln greifen. Möglicherweise liegt es an der reflektierten Art von Introvertierten, was dazu führt, dass sie sich bewusster für ihre Ernährung entscheiden als ihre extrovertierten Mitmenschen.
Auf jeden Fall widerspricht die Studie damit ein wenig dem Klischee, dass Veganer und Vegetarier allen ständig auf das Brot schmieren müssen (veganer Aufstrich natürlich), dass sie auf Fleisch beziehungsweise Tierprodukte verzichten.
Rechtschreibung korrigieren und introvertiert sein?
Wer introvertiert ist, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Problem mit Rechtschreibfehlern, das fanden Forscher der University of Michigan heraus.
Dabei wurde untersucht, wie Probanden auf Rechtschreib- und Grammatikfehler in einer E-Mail reagierten. Speziell ging es darum, wie sie den Verfasser der Mail einschätzen. Gleichzeitig wurde der Persönlichkeitstyp nach dem Fünf-Faktoren-Modell analysiert und dabei kam die Studie zu dem Ergebnis, dass introvertierte, gewissenhafte und zurückhaltende Menschen vor allem auf Rechtschreibfehler negativ reagieren.
Haben Introvertierte mehr oder weniger Sex als Extrovertierte?
Die überwiegende Mehrheit an Studien fand bisher heraus, dass Extrovertierte deutlich häufiger Sex haben und auch eine höhere Anzahl an Sexualpartnern haben als Introvertierte.
Eine Metanalyse im Psychologial Bulletin kam zu dem Schluss, dass extrovertierte Verhaltensweisen ein reges Sexualleben sowohl für Singles als auch für Menschen in Beziehungen bedingen. Ein höheres Bedürfnis nach neuen Erfahrungen, Offenheit und auch grundsätzlich der „Zugang“ zu mehr Partnern wird zu den Gründen gezählt.
Dagegen kann man nichts sagen, denn seien wir ehrlich, die meisten Introvertierten wünschen sich schon irgendwie, dass ihr Seelenverwandter eines Tages irgendwann vor der Tür steht. Da die Anzahl an Pizzaboten jedoch begrenzt ist, hoffen viele von uns vergeblich.
Eine Studie aus Deutschland hat übrigens ebenfalls herausgefunden, dass extrovertierte Menschen mehr Sex haben als introvertierte. Allerdings ging es dabei um eine selbst eingeschätzte Beschreibung des Sexuallebens – es ist also nicht ganz auszuschließen, dass bei dieser Studie mit reinspielt, dass Extrovertierte sich auch mal überschätzen.
Wenn Du introvertiert bist, fragst Du dich wahrscheinlich ohnehin seit drei Absätzen schon nicht mehr, was bei den Extrovertierten so läuft, Du willst eigentlich nur wissen, ob sie denn auch den besseren Sex haben.
Nein. Keines der Studienergebnisse suggeriert, dass Extrovertierte auch ein qualitativ hochwertigeres Sexualleben haben. Mehr ist nun mal nicht immer besser.
Sollten Introvertierte Kaffee trinken?
Introvertierte reagieren unter Umständen nicht mit mehr Konzentration und Aufmerksamkeit auf Kaffee, sondern können durch ihn sogar einen Leistungsabfall erleben.
Zumindest wenn es nach Dr. Brian Little geht. So richtig direkt wurden diese Ergebnisse bisher nicht bestätigt, doch die Ableitung ergibt durchaus Sinn: Da Introvertierte ohnehin schon empfindlicher auf Umweltreize reagieren, ist Stimulation und dadurch höhere Reizempfindlichkeit vielleicht nicht die beste Idee.
Die Aufmerksamkeit, die wir uns von Kaffee versprechen, spielt also Extrovertierten eher in die Karten, während wir Introvertierten riskieren, uns nur weiter zu überfordern.
Da dies jedoch kein Teufelsblog ist, wird an dieser Stelle nur empfohlen, den Konsum zu kontrollieren. Sofern keine Studie sagt, dass wir dadurch wirklich krank werden, wird Koffein hier nicht schlechtgemacht!
Introvertierte haben Vorteile bei Gruppenarbeiten?
Eine belgische Studie fand heraus, dass Extrovertierte in Gruppenarbeiten zunächst beliebt sind, jedoch schnell an Bedeutung verlieren, wenn besagte Gruppe auf Probleme stößt.
Daraus lässt sich schließen, dass es die Introvertierten sind, die in einer Gruppe essentiell werden, sobald die Gruppe vor einer Herausforderung steht. Die Probanden bemängelten bei den extrovertierten Teilnehmern unter anderem, dass sie viel Lärm um nichts machten und zu viel Energie für Dinge verschwendeten, die nicht direkt zur Problemlösung beitrugen.
Daraus lässt sich leider nicht wirklich eine Anleitung für Introvertierte in Gruppenarbeiten erstellen, doch es bestätigt sicherlich viele Erfahrungen von Intros in der Schul-, Studien- und Arbeitszeit.
Introvertierte lieben die Berge
Introvertierte Menschen haben eher eine Vorliebe für Berge als extrovertierte Personen und Waldgegenden werden von Introvertierten gegenüber offenen Flächen bevorzugt.
An der University of Virginia wurde untersucht, wie Introvertierte und Extrovertierte auf das Meer, die Berge, Wald und offene Flächen reagieren. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Introvertierte die Berge mögen und in den Vereinigten Staaten die Bevölkerung, die in Berglandschaften lebt, auch eher zu Introversion neigt.
Die Ursachen wurden unter anderem darin vermutet, dass Extrovertierte am Meer/am Strand eher Beschäftigung finden. Dass Introvertierte sich auf einer offenen Fläche unwohler fühlten, könnte an Instinkten liegen, die mangelnde Schutzoptionen als Stress empfinden.
Im Falle einer Apokalypse machen die Extrovertierten also wahrscheinlich eine Party am Strand, während wir Introvertierten strategisch Rückzug suchen und damit die Menschheit retten. Wissenschaftlich ist das zwar nicht bewiesen, aber wer weiß, was die Forscher als nächstes auf ihre To-Do-List schreiben.
Katzenmenschen sind introvertiert?
In der großen Debatte um Katzen- und Hundemenschen fanden Forscher heraus, dass Katzenbesitzer eher introvertiert sind als Hundebesitzer.
Eine Studie der University of Texas kam zu dem Ergebnis, dass Hundebesitzer im Schnitt 15% extrovertierter sind als Katzenbesitzer. An der University of British Columbia fand man heraus, dass Menschen, die nur mit ihrer Katze zusammenwohnen und nicht mit anderen Menschen, eher introvertiert sind. Ach was…
Das sollte niemanden groß überraschen, denn natürlich müssen Hundebesitzer sich häufiger nach draußen und potentiell unter Menschen begeben, während Katzenmenschen sich ihrer introvertierten Seite vollständig hingeben können.
Aus persönlicher Sicht muss gesagt werden: Die wahre Überlegenheit ist ohnehin bei den Menschen zu erkennen, die sich nicht über Hund oder Katze definieren, sondern beide gleich stark lieben und somit auch zu schätzen wissen, wie Hunde und Katzen gemeinsam leben.
(PS: Ja, Katzenbesitzer ist natürlich ein lächerlicher Begriff, doch zum Zwecke der Wissenschaftlichkeit, habe ich auf den Begriff „Katzensklaven“ verzichtet)
Mehr geht immer! Hast Du noch eine interessante Studie gefunden, die Dir etwas über Introvertierte oder Extrovertierte verrät, obwohl Du nicht wirklich danach gefragt hast? Dann immer her damit, die Liste kann jederzeit ergänzt werden!
Vielen Dank für diesen Artikel 🙂
Aber gerne doch! Vielen Dank für Deinen Kommentar 🙂 Liebe Grüße
Hach je…. Jetzt krieg ich das Bild der Apokalypse nicht mehr aus dem Kopf…. Sehr schön. Die Wissenschaftler müssen ganz schön viel Langeweile haben, wenn sie sowas untersuchen. Gut, daß ich meinen Kaffeekonsum noch nicht einschränken muß..