Guilty pleasure: Das (sinnlos) schuldige Vergnügen erklärt

Sollten wir uns dafür schämen, welche Unterhaltung wir genießen? Ja, wenn es nach dem Begriff des Guilty Pleasure geht. Nein, wenn wir mal ehrlich darüber nachdenken.

Hier nun also die vollständige Erklärung des Guilty Pleasure und warum wir eigentlich aufhören sollten, guilty zu sein. Man merkt schon, dieser Text wird zwischen Deutsch und Englisch hin und her springen. Doch keine Sorge, der Inhalt bleibt klar verständlich.*

*Falls nicht, ab in die Kommentare mit den Beschwerden

Was heißt guilty pleasure auf Deutsch?

Guilty Pleasure steht im Wesentlichen für schuldiges oder bereutes Vergnügen. Es gibt keine gängige Übersetzung ins Deutsche, weshalb im allgemeinen Sprachgebrauch meist einfach das englische Original verwendet wird.

Was bedeutet Guilty Pleasure?

Wer etwas genießt, obwohl er oder sie diese Sache eigentlich nicht genießen möchte, der verspürt schuldiges Vergnügen. Soll heißen, etwas wirkt uncool, sinnlos oder doof, aber es bereitet trotzdem Freude oder Befriedigung.

was bedeutet guilty pleasure

Beispiele für Guilty Pleasures

Absolut alles kann in die Kategorie Guilty Pleasure fallen. Wer beispielsweise ausschließlich Schlager hört und gerne Dirndl trägt, empfindet möglicherweise eine Vorliebe für Hardrock und fühlt sich dabei komisch. Jemand, der für seine Horrorfilmliebe bekannt ist, würde wohl eher nicht zugeben, dass er am Wochenende heimlich Chick Flicks schaut.

Was ein Guilty Pleasure ist, hängt also vollständig vom Kontext ab. Häufig handelt es sich jedoch um Dinge, die von der breiten Masse (oder dem direkten sozialen Umfeld) belächelt werden. Auch die Intensität mit der man etwas genießt, kann etwas zu einem Guilty Pleasure machen – Twilight zweimal gesehen zu haben, ist unter Umständen einen Lacher wert, den ganzen Film mitsprechen zu können, kann dieses bestimmte schuldige oder peinlich berührte Gefühl auslösen.

Guilty Pleasure Songs

Den folgenden Beispielen darf gerne jeder widersprechen (macht mich ruhig in den Kommentaren fertig!). Allerdings könnte man wohl sagen, wer diese Songs genießt, weicht damit von der Mehrheit ab und nicht nur das, über diese Songs wird eher gelacht, als dass sie gefeiert werden.

Dragostea din tei

Gemeinsam mit dem Las Ketchup Song gehört Dragostea din tei für mich zu den ersten Erinnerungen an nervigen Songs, die einen Sommer lang hoch und runter liefen. Wenn ich komisch drauf bin, mache ich ihn trotzdem mal an und verspüre schon etwas Scham oder Reue, wenn ich ihn genieße.

Crazy Frog

Definitiv nicht mein Guilty Pleasure, aber mit über 2 Millarden Aufrufen wird es wohl Menschen geben, die das tatsächlich mögen. Die Frage ist: Steht ihr auch dazu?

Barbie Girl

Barbie Girl ist ein gutes Beispiel für ein Guilty Pleasure, das den Reue-Faktor für mich komplett verloren hat. Man muss ihn nur oft genug voller Inbrunst in einem Club brüllen und dann legt sich das…

Guilty Pleasure Bücher

Es ist nicht allzu schwer, ein reuiges Vergnügen (schlimmste Übersetzung meiner Meinung nach) im Bücheruniversum zu finden. Man erinnere sich nur an den Hype um Fifty Shades of Grey. Der Grund, warum so viele Frauen das Buch ganz unverblümt lesen konnten und wollten, war unter anderem, dass eReader gerade den Markt fluteten.

Man konnte also nie genau wissen, ob die Dame im Zug, die Bein an Bein mit einem saß, nun gerade Fifty Shades oder so etwas Ekeliges wie BILD las.

Des Weiteren gehören zu Guilty Pleasures in Schriftform oftmals Bücher  „für Kinder“. Das Unbehagen über die eigenen Vorlieben kommt daher, dass etwas angeblich nicht für Erwachsene gemacht ist und dadurch nicht gut sein kann. Warum das Unsinn ist, wird gleich noch geklärt, zusammengefasst kann man aber sagen: Genieß, was du genießen willst und lass dir nix einreden!

Nicht ganz ein Buch und doch ein wundervolles Beispiel für dieses Thema: Fanfiktion. Wer nicht weiß, was Fanfiktion (auch Fanfiction) ist, dem möchte ich eigentlich auch nicht seine Unschuld rauben. Sagen wir also mal so: Fans einer Geschichte (Buch, Film, Serie, reale Person) scheiben ihre eigenen Geschichten ins Internet.

In harmlosen Fällen möchte jemand herausfinden, was Harry Potter nach Buch 7 noch so alles erlebt hat. In nicht-harmlosen Fällen schreibt ein Fan über die (nicht jugendfreie) Liebesbeziehung von Harry Styles und das wird dann auch noch verfilmt.

schuldiges vergnügen

Guilty Pleasure Serien und Filme

Am häufigsten hört man den Begriff Guilty Pleasure wohl in Verbindung mit Filmen und Serien. Denn diese lassen sich ja weitestgehend geheim konsumieren und wer nicht darüber reden will, muss es auch nicht.

Hier mal ein paar mögliche Erklärungen dafür, warum eine Serie zum Guilty Pleasure wird:

Sie ist nicht gut gemacht und das weißt du genau. Seifenopfern sind nach objektiven Kunststandards* eher nichts, woran wir uns in einigen Jahrzehnten noch erinnern müssen. Die letzten Staffeln Game of Thrones haben alle mögliche Qualitätsstandards aus dem Fenster geworfen, waren aber brillant anzusehen. Es ist nicht gut gemacht und unterhält trotzdem, also fühlt man sich komisch (schuldig?), weil man es genießt.

*Ja, das geht wirklich. Filme und Serien lassen sich wundervoll Anhand von Qualitätsmerkmalen wie Charakterentwicklung, Schnitt, Pacing oder Foreshadowing analysieren.

Die Serie passt nicht zum eigenen Geschmack. House of Cards, Breaking Bad, Tiger King und Lucifer – eins davon fällt etwas aus dem Raster, nicht wahr? Wer seinen Geschmack sehr genau beschreiben und begründen kann, fühlt sich einfach eigenartig, wenn er mal in ein völlig anderes Genre eintaucht und es genießt.

Freunde und Familie machen sich darüber lustig. Das ist wohl die bitterste Pille, die es zu schlucken gilt, wenn es um Guilty Pleasures geht. Denn es ist eine Sache, wenn das Internet und die Welt sich über etwas lustig machen, das man selbst genießt, aber die liebsten Menschen? Das tut weh.

Obsession. Wenn man eine Serie nicht „mal nebenbei“ oder „gelegentlich“ schaut, sondern richtig dafür brennt, dann kann man schon mal daran zweifeln, ob das noch „normal“ ist. Und um das Guilty Pleasure Stigma aufzuzeigen und gleichzeitig etwas dagegen anzugehen, hier ein Geständnis: Ich habe die Serie Warrior Nun (Netflix) mittlerweile dreimal geschaut.

Warum? Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Beim ersten Mal gucken, fand ich sie gar nicht so gut. Beim zweiten Mal war sie besser (außerdem habe ich sie da nicht alleine geschaut) und plötzlich wollte ich sie noch jemandem zeigen und schaute sie ein drittes Mal. Fühlt sich das übertrieben an? Jap. Werden mein Mitbewohner und ich sie uns dieses Wochenende trotzdem noch mal reinziehen, während wir Fast Food essen und über Gott, den Teufel, Alba Baptista und den Witz mit dem Priester im Pfadfindercamp philosophieren? Vielleicht …

Warum wir uns für Guilty Pleasures nicht schämen sollten

Früher hätte ich ein Beispiel wie Warrior Nun einfach für mich behalten. Mittlerweile sage ich mir: Was soll’s? Es gibt Menschen, die sich auf tausend verschiedene Arten wie Idioten verhalten und dabei anderen schaden. Was ich mache, sichert wahrscheinlich sogar die Arbeitsplätze der Filmcrew in Zeiten von Corona, also bitte – dafür werde ich mich nicht entschuldigen oder schämen.

Grundsätzlich sollten wir aufhören, Scham und Herablassung zu nutzen, um jemandem etwas madig zu machen, was er oder sie genießt. Blöde Sprüche sind – für mich persönlich – in Ordnung, wenn sie denn von Freunden kommen. Aber Sätze wie die folgenden, sollten wir verbannen:

  • „Das ist doch nur was für Kinder.“
  • „Wer das guckt, ist dumm.“
  • „Mach lieber was Sinnvolles mit deiner Zeit.“
  • „Erzähl bloß keinem, dass du sowas liest!“

Wir leben in verrückten Zeiten und alles, was uns davon mal kurz ablenken kann, sollte willkommen sein. Außerdem – Pro-Tipp für alle – gibt es dank dieser coolen Erfindung namens Internet genug Menschen, die genauso ticken wie du.

Fangruppen, Foren, Twitter oder YouTube, wer etwas genießt, wird Menschen finden, die das ebenfalls tun. Will das Umfeld also unbedingt gegen die Liebe zu einem Song, einem Buch oder einem Film ankämpfen, dann lass sie machen und sprich oder schreib mit denen, die dich verstehen.

Oder steh dazu. Wenn dir wirklich jemand Stress macht, weil du etwas magst, was niemandem schadet, dann hat dieser Mensch ohnehin sehr, sehr komische Prioritäten. Da draußen sind genug Personen, die die Welt von Tag zu Tag schlimmer machen wollen mit ihrem Hass und ihrer Hetze, wer kommt denn da auf die Idee, jemanden wegen seiner Vorlieben für Geschichten, Bilder oder Musik anzugreifen?

seriengeschmack

Guilty Pleasure Erklärung

Also gibt es keine Guilty Pleasures mehr? Doch. Selbst ich bin diese kleine Stimme noch nicht losgeworden, die mir einflüstert, dass ich zu alt für das Vampire Diaries Universum bin und diese Vorliebe auch nicht zu meinem sonstigen Auftreten passt.

Aber das Schöne ist ja, dass Scham etwas Verruchtes hat. Vampire oder Kriegernonnen sind nun nicht gerade die dramatisch peinlichen Dinge, die man nicht gucken darf. Doch ich behalte noch die ein oder andere Sache für mich, die ich wirklich genieße, obwohl ich dafür schief angeschaut werden würde.

Und das macht es irgendwie besser. Man muss nämlich nicht alles mit der Welt teilen. Man darf auch etwas nur für sich haben, es genießen, sich fragen wieso, es weiter genießen, über sich selbst lachen und (ganz genau!) genießen.

Rücken wir also das schuldige Gefühl etwas aus den Schatten heraus und hören auf, uns zu rechtfertigen. Guilty Pleasures bleiben letztlich Vergnügen. Also lass dir nicht einreden, du dürftest nichts Positives für etwas Harmloses empfinden, okay?


Jetzt bist du natürlich gefragt: Was würdest du als dein Guilty Pleasure beschreiben? Oder hast du vielleicht keines … ich hätte dir ja gerne „Allein ins Kino gehen“ angeboten, aber dazu gibt es schon einen Beitrag und der sagt, man soll sich dafür nicht schämen. Mist.

1 Kommentar

  1. Also, ich achte darauf, keine Ameisen etc. zu zertrampeln, wenn ich auf Gehwegen laufe. Das ist dann wohl etwas übertrieben für manche. Keine Ahnung ob das passt. Ich kann aber mit allen sonstigen „Peinlichkeiten“ (backen, Unsere kleine Farm mögen etc.) gut leben.

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